Artenschutz In Magdeburgs Seen schwimmen Tausende Aale
Insgesamt 17 Seen und Teiche hat der Magdeburger Anglerverein am Sonnabend mit Jungaalen bestückt und so nicht nur zum eigenen Erfolg, sondern auch zur Arterhaltung beigetragen. Doch in Fällen wie dem immer wieder umkippenden Salbker See I scheint die Aal-Aktion ein Kampf gegen Windmühlen.

Magdeburg - Geräuchert gehört er zu den beliebtesten Speisefischen. Und mit bis zu 100 Euro fürs Kilogramm gehört der Aal auch zu den teuersten Fischen. Bevor er jedoch am Haken der Magdeburger Angler und später auf dem Teller landet, legt ein Aal erstaunlich weite Wege zurück. Denn sein Leben beginnt nicht etwa im Salbker, Neustädter oder Barleber See, sondern im Golf von Mexiko. Der Golfstrom trägt die schlangenähnlichen Fische von der Sargassosee in etwa zwei bis drei Jahren in Richtung der europäischen und nordafrikanischen Küste, wo sie in Flussmündungsgebieten abgefischt werden. Wenn sie dann in Aufzuchtfarmen großgezogen werden, befinden sie sich noch im Glasaal-Stadium mit gerade mal 0,3 bis 1 Gramm Gewicht und etwa fünf Zentimeter Länge. Die letzte Etappe führte am 19. Juni 2021 rund 11.000 Jungaale vom osthessischen Gersfeld nach Magdeburg. Verteilt auf 17 Seen und Teiche der Landeshauptstadt trägt der Magdeburger Anglerverein nicht nur zum eigenen Fangerfolg, sondern auch zur Arterhaltung bei. Denn wie der Vereinsvorsitzende Matthias Kabel am Rande der Besatzaktion erklärte, sei, was viele nicht wissen, der europäische Aal vom Aussterben bedroht.
Aal-Aktion zur Arterhaltung an 17 Seen und Teichen
Die Zerstörung des Lebensraums, Wasserverschmutzung, Hindernisse in Flüssen wie etwa Kraftwerke und Überfischung führten dazu, dass nur noch ein Bruchteil zurück in die Sargassosee gelangt, um sich dort fortzupflanzen und den Lebenszyklus zu beenden. Die Besatzaktion der Magdeburger Angler sei eine zusätzliche Maßnahme, um den Bestand zu sichern, und erfolge ergänzend zum durch die Europäische Union finanzierten Elbaal-Programm. Mit jeweils rund 2660 Jungaalen wurden sowohl in den Neustädter See I als auch Barleber See I die meisten der rund 11.000 Fische gesetzt. In welches Gewässer wie viele Tiere gesetzt wurden, sei entsprechend der Größe der Seen und Teiche berechnet worden. Pro 50 Quadratmeter werde ein Individuum gerechnet, erklärt Matthias Kabel.
Besatzaktionen fanden am Sonnabend unter anderem auch im ostelbischen Steinföhr (Randau-Calenberge), im Dreier Kolke (Zipkeleben), in zwei Waldseen im Biederitzer Busch und Hermeckes Kiesloch (Berliner Chaussee) statt. Ebenso wurden der Olvenstedter Sternsee, die Barroseen und auch das Regenrückhaltebecken am Diesdorfer Graseweg mit den gerade mal drei Gramm schweren Jungaalen bestückt.
Kormorane und riesige Welse schmälern Bestand
Fünf Vereinsmitglieder sowie drei weitere Helfer waren hierfür trotz tropischer Temperaturen im Einsatz. Und obgleich man meinen dürfte, dass ein derartiger Einsatz am See Abkühlung bringt, war der Schritt ins Wasser oftmals wenig erfrischend. Gar badewannenwarm war beispielsweise das Wasser im Uferbereich des Salbker See I. Rund 830 Jungaale setzte Matthias Kabel in dem Kiesbaggerloch aus. Der See im Süden der Stadt gehöre zu den Problemseen des Anglervereins. Nicht nur, dass wie andernorts auch gefräßige Kormorane und bis zu 2,50 Meter große Welse den Fischbestand schmälern, auch die Wasserqualität bereite Kopfzerbrechen. Da in dem stehenden Gewässer kein Wasseraustausch und somit auch keine Zirkulation stattfinden, kippt der See aufgrund von Sauerstoffmangel immer häufiger um. Vor zwei Jahren seien die Aale sogar ans Ufer gekommen, um Sauerstoff aufzunehmen, erzählt Matthias Kabel.
Verein entsorgt eine Tonne Fischkadaver vom Salbker I
Giftstoffe wie Schwefelwasserstoff entstehen, lassen den See nach faulen Eiern riechen und vergiften die Fische. In den vergangenen drei Jahren habe der Verein deswegen jährlich gut eine Tonne Fischkadaver entsorgen müssen. Und obgleich das Baden in dem vom Anglerverein gepachteten Gewässer ohnehin verboten ist, tauchen auch an diesem Wochenende wieder viele Magdeburger in den beiden beieinandergelegenen Salbker Seen ab. Insbesondere am Salbker See I sei das wirklich nicht zu empfehlen, macht der Vereinsvorsitzende deutlich.
Einen Ansatz, die Wasserqualität der Salbker Seen zu verbessern und das Fischesterben zu verhindern, sieht der Anglerverein darin, die beiden Seen mittels eines Kanals zu verbinden sowie mit zwei weiteren Kanälen im Bypass an die Elbe anzuschließen.
Kanäle bauen, um Wasser zirkulieren zu lassen
Die Maßnahme zielt auf die Veränderung der Abflusshöhen ab, wodurch ein natürlicher Wassertausch entstehen würde. Einen entsprechenden Ratsantrag stellte die Fraktion FDP/Tierschutzpartei. Am 15. Juli ist dieser Bestand der Stadtratssitzung. In einer Stellungnahme zum Ratsantrag äußerte sich die Beigeordnete Regina-Dolores Stieler-Hinz zwar nicht konkret zur Machbarkeit der vorgeschlagenen Bypass-Methode, wohl aber zu einer Sanierung der Salbker Seen. Dieser müsse, so die Beigeordnete, eine lang angelegte chemische und biologische Untersuchung vorausgehen, um die Hauptstressoren zu ermitteln.
Für eine einjährige Untersuchung würden mehrere Zehntausend Euro an Personalkosten anfallen. Kosten für freie Planer und Ökologen oder das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung würden in ähnlicher Höhe anfallen, so ihr Hinweis. Kosten, die der Stadthaushalt nicht decken kann.
