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Käferplage Das große Krabbeln in Magdeburg-Ottersleben

Tausende schwarze Käfer bevölkern in Magdeburg-Ottersleben Häuser und Pools. Eine direkte Bekämpfung ist nicht möglich.

Von Marco Papritz 26.06.2020, 01:01

Magdeburg l „Seit zwei Wochen fische ich jeden Morgen den Pool ab und durchsuche das Erdgeschoss nach den Käfern. Mittlerweile kommen sie auch in das Haus“, sagt Uwe Müller und deutet auf die Vielzahl an Käfern, die er mit seinem Kescher eingefangen hat. Aus einem Feld nahe dem Wohngebiet am Costerberg im Westen von Magdeburg-Ottersleben begeben sich die dunklen Krabbeltiere regelrecht auf Wanderschaft, wie sich bei einem Streifzug zeigt. Die etwa ein- bis eineinhalb Zentimeter großen Käfer mit den gewölbten dicken Körpern und kurzen Antennen sind auch aufgrund ihrer Vielzahl schnell zu erkennen.

Es krabbelt auf Feldwegen, Zufahrten und Grundstücken. Zum Leidwesen der Bewohner lässt die Population der Käfer nicht nach. Im Gegenteil. „Es werden jeden Tag mehr. Ein schöner Anblick ist das nicht. Meiner Frau würde ich es nicht zumuten, die Tiere einzusammeln“, so der Volksstimme-Leser. Bei der Stadt hätten seine Hilferufe keinen Erfolg gehabt. „Wir wissen hier im Wohngebiet nicht mehr weiter. Solch eine Plage haben wir noch nicht erlebt. Vor allem möchten wir wissen, was das für ein Käfer ist.“

Die Identität zu klären, erweist sich als schwierig. Nach mehreren Anläufen führt der Weg schließlich zum Landesamt für Landwirtschaft und Gartenbau. In Bernburg untersuchen Candida Rausch und Kristin Schwabe vom Dezernat „Pflanzenschutz“ die Käfer, die die Volksstimme aus dem früheren Bördedorf mitgebracht hat. Sie bestimmen ihn als Getreidelaufkäfer (Zabrus tenebrioides). Dieser Schädling im Ackerbau trete seit einigen Jahren in einigen Regionen Sachsen-Anhalts stärker auf als bisher, so die Beobachtungen des Pflanzenschutzdienstes.

Im Getreideanbau spielen vor allem die Larven des Getreidelaufkäfers eine wichtige Rolle, heißt es von den Experten: Sie schädigen die Getreidejungpflanzen im Herbst, Winter und zeitigen Frühjahr, indem sie die Blätter regelrecht zerkauen und zum Teil in ihre Röhren im Boden hineinziehen. Beobachtet wird häufig eine Einwanderung in junge Getreidebestände, „wenn auf der Nachbarfläche kein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung steht“. Dann führt der Nahrungstrieb zur Wanderschaft, die nun in Ottersleben eingesetzt hat. Ob beziehungsweise in welchem Umfang Getreideflächen in der Nachbarschaft zu den Wohngrundstücken betroffen waren, ist nicht bekannt. Fest steht, dass der Getreidelaufkäfer nachts aktiv ist und sich tagsüber regelrecht versteckt.

Der milde Herbst und Winter haben höchstwahrscheinlich dazu geführt, dass die Tiere nicht abgestorben sind und sich vermehren konnten. „Die Bedingungen waren also günstig, dass eine Vielzahl von Larven überlebt hat“, sagt Candida Rausch. Sie vermutet, dass der Getreidelaufkäfer bereits im Vorjahr aufgetreten ist, jedoch nicht in diesem Ausmaß und daher nicht auffiel.

Schlechte Nachricht: Die betroffenen Magdeburger müssen erst einmal mit dem Käfer leben – eine direkte Bekämpfung ist nicht möglich, da kein Insektizid zugelassen ist. Für die Zukunft hilft unter anderem ein- oder mehrmaliges Grubbern durch den Landwirt vor der Aussaat.

Da es sich bei dem Käferphänomen nicht um ein Pflanzenschutzproblem handelt, könne man den Anwohnern „leider auch keine Ratschläge zu möglichen Eindämmungsmaßnahmen geben“. Das Dezernat verweist an das Gesundheitsamt der Stadt, wo Erfahrungen zum Umgang mit diesen oder in ähnlicher Weise als Lästlinge auftretenden Käfern vorliegen sollten. Dazu heißt es auf Volksstimme-Nachfrage von der Pressestelle, dass der Getreidelaufkäfer kein Gesundheitsschädling sei und man deshalb auch keine Empfehlungen zum Umgang mit dem Problem geben könne. Das könnte sich von alleine lösen: Die Käfer schlüpfen in der Regel im Juni und Juli aus ihren Erdkokons und besiedeln die Felder.