Menschen und die Industriekultur Magdeburg im Blues - was bleibt von Intel?
Um ein psychologisches Loch und eine Demo für Magdeburg geht es Herbert Beesten. Dazu ein Rückblick auf seinen letzten September-Talk zum Thema Intel.
Magdeburg - Ist das Kapitel Intel für Magdeburg abgeschlossen? Seit Monaten war dies Thema, vor ein paar Tagen wurde zumindest die Verschiebung um zwei Jahre bekannt gegeben. Für den Ingenieur und Literaten Herbert Beesten war das natürlich auch ein Thema auf der jüngsten Veranstaltung seiner Reihe „aufwärtskompatibel? Industriekultur in Magdeburg“, die er begleitend zu seinem Intel-Blog in der Stadtbibliothek im Breiten Weg 109 veranstaltet. Und auch wenn das Vorhaben zumindest vorerst nicht vorankommt – Thema bleibt Intel allemal. Am 7. Oktober geht es zunächst um den „Intel-Blues“, dann auch um eine Demonstration.
Auch das ist Herbert Beesten: Rundgänge in Magdeburg - hier geht es um Geheimnisse vom Hassel
Gespräch mit Psychologie-Professor über Magdeburger Intel-Blues
Herbert Beesten bemüht sich auch diesmal, einen Fachmann oder eine Fachfrau zu dem Thema zu finden. „Unterstützung bekomme ich vom Psychologie-Professor Thomas Kliche“, sagt Herbert Beesten.
Lesen Sie auch: Thomas Kliche: „Die Demokratie steuert auf einen Sturm zu“
Gespräch: Herbert Karl von Beesten wird wieder am Montag, dem 7. Oktober, um 17 Uhr in der Magdeburger Stadtbibliothek am Breiten Weg 109 aktuelle Auszüge aus seinem Intel-Industriekultur-Blog vorstellen. Anschließend sucht er mit dem Publikum das Gespräch. Ist Intel denn überhaupt noch ein Thema für Beesten? Doch, besonders der „Intel-Blues“, der sich nicht nur bei den bisherigen vehementen Verfechtern der Intel-Ansiedlung breit macht, sondern auch bei denen, die noch dabei waren, die Vor- und Nachteile des Großprojektes abzuwägen. Wie geht es am Eulenberg weiter? Gibt es noch Chancen für das Projekt oder für neue Projekte? Diesmal geht es Herbert Karl von Beesten vor allem um die psychologischen Folgen für die Magdeburger in der aktuellen Hängepartie. Enttäuschung, Trauer auf der einen, Häme und Spott auf der anderen Seite.
Demo zu Intel in Magdeburg
Demonstration: Auch in der Performance von Kunst bewandert, sieht Herbert Beesten nicht allein die Debatte, die Literatur und den Blog als Mittel der Wahl. Das Treffen am 7. Oktober könne auch als Vorbereitung zu einer Demonstration genutzt werden. „Wir, die Intel-Mania-Vereinigung, fordern, wie auch weite Kreise der Magdeburger Bevölkerung, die sofortige Realisierung der Intel-Ansiedlung. Wir verlangen von allen verantwortlichen Stellen in Stadt und Land außergewöhnliche Bemühungen, die Magdeburger Intel-Ansiedlung trotz der temporären wirtschaftlichen Krise bei Intel zu einem Erfolgsmodell zu machen“, heißt im dazu verfassten Text.
In den vergangenen Monaten hat der Literat indes auch immer wieder gezeigt, dass es in Magdeburg eben nicht allein um Intel geht. Es geht um Gedanken und Thesen, die ganz allgemein gültig sind – egal, welche Großinvestition auf der dafür prädestinierten Fläche aktiv wird.
Ein Beispiel war der Septembertermin, als es um die Willkommenskultur ging. Er hatte drei Menschen auf die Bühne geladen, die aus ganz unterschiedlicher Regionen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Magdeburg gekommen sind und ihre Sicht, ihre Erfahrungen, vor allem ihre Hinweise zum Thema erläuterten.
Auch interessant: Ingenieur baut Brücken für die Literatur
Mit dabei waren Ali Sidikou Mamane, seit Anfang der 2000er Jahre in Deutschland, gelernter Restaurantfachmann, Gastronom und studierter Sozialarbeiter, Ansgar Hörsting, Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde Magdeburgs, selbst Neu-Magdeburger, der auf 25 Jahre internationale Arbeit mit Willkommenskultur zurückblicken und von deren Möglichkeiten und Grenzen weiß sowie der promovierte Historiker Alejandro Fernandez Calderon, der als gebürtiger Kubaner in Deutschland eingebürgert wurde und Autor des Buches „Salsa und Latino-Musik in Magdeburg?! Die verborgene Geschichte einer deutschen Stadt“ ist. Er arbeitet bei Amazon mit Kollegen aus mehr als 50 Nationen zusammen und ist Betriebsrat.
Willkommen in Magdeburg
Ali Sidikou Mamane hat in Magdeburg erlebt, dass Willkommenskultur vor allem durch persönliche Unterstützung und direkte Kommunikation gelingt. In seiner langjährigen Tätigkeit in der Gastronomie hat er viele Menschen aus verschiedenen Nationen bei ihm arbeiten sehen. Für ihn beginnt Integration, indem man neue Mitarbeiter und Migranten auf Augenhöhe abholt: Er hilft beim Ausfüllen von Papieren, unterstützt bei Behördengängen und vermittelt praktische Tipps, wie man sich im Alltag zurechtfindet – angefangen bei einfachen Dingen wie einem freundlichen „Juten Tach“, das sofort Türen öffnen kann. Mamane betont, dass Migranten auch gegenseitig füreinander da sein sollten, um den Einstieg zu erleichtern. Sein Ziel ist es, durch Kultur und gemeinsames Essen Räume zu schaffen, in denen Menschen sich austauschen und kennenlernen können.
Auch ein Thema während der Veranstaltungen: Ein Bauer berichtet: So beeinflusst die Intel-Ansiedlung die Landwirtschaft in der Börde
Ansgar Hörsting hat auf seinen Reisen immer wieder erfahren, wie Menschen einander willkommen heißen, selbst in den schwierigsten Situationen. Er erzählt von einer Reise in die Südstaaten der USA, wo ihm Menschen spontan halfen, als er kein Kleingeld für den Bus hatte – obwohl diese vermutlich selbst wenig besaßen. Diese Geste des Zusammenhalts und der Hilfsbereitschaft hat ihn nachhaltig beeindruckt. Hörsting betont, wie wichtig es ist, solche positiven Beispiele zu teilen, um das Bewusstsein für eine gelebte Willkommenskultur zu stärken. In seiner Arbeit als Pastor in Magdeburg setzt er auf Offenheit und die Unterstützung von Menschen aus verschiedenen Kulturen, sei es durch Übersetzungsanlagen für Gottesdienste oder das einfache Gefühl, dass jeder willkommen ist, egal woher er kommt.
Auch interessant: Spektakuläres Kulturfrachtschiff soll in Magdeburg Anker werfen
Alejandro Fernandez Calderon zeigt, dass Integration auch durch gemeinsame Interessen und Hobbys gefördert wird. Als leidenschaftlicher Tänzer hat er in Magdeburg eine bunte Salsa-Community aufgebaut, in der Deutsche, Kubaner und Menschen anderer Herkunft zusammenkommen. Für ihn war der Weg in die Gesellschaft durch den Austausch über Musik und Tanz entscheidend. Er erinnert sich daran, wie nervös er anfangs war, Deutsch zu sprechen und sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Doch durch Begegnungen und den Austausch mit Kollegen lernte er, seine Angst zu überwinden. Heute trägt er selbst dazu bei, dass neue Menschen sich in Magdeburg willkommen fühlen, indem er ihnen einen Raum bietet, in dem sie durch Musik und Tanz Teil der Gemeinschaft werden können.