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Magdeburger 2017 Der Vater aller Schulen in Magdeburg

Die Volksstimme-Leser wählen den "Magdeburger das Jahres 2017". Einer der Kandidaten ist der frühere Stadtelternat Detlef Hubold.

Von Katja Tessnow 30.11.2017, 00:01

Magdeburg l „Angefangen hat das alles mit der Patenbrigade.“ 1981 – Hubold ist blutjung, ledig, kinderlos und frischgebackener Betriebshandwerker beim VEB Fahlberg-List. „Damals hatte ja jede Schulklasse eine Patenbrigade und auf einer Brigadesitzung sollte ein Beauftragter für die Arbeit mit den Schülern benannt werden“, erinnert sich Hubold. „Das wollte keiner machen, da hieß es plötzlich: Du bist jung und hast Zeit. Du machst das!“

Mit der Basta-Ansage im Genick landete Hubold eher unfreiwillig in einer Einschülerklasse an der damaligen POS Arkadi Gaidar an und wuchs zehn Jahre lang an der Aufgabe, hier einen Klassenraum zu malern oder da Ausflüge zu organisieren und zu begleiten. „Man hatte plötzlich Verantwortung und konnte sich da nicht einfach wieder heraus stehlen.“ Am Ende habe es Spaß gemacht.

Die POS Arkadi Gaidar heißt heute Grundschule Westerhüsen. Dass es sie überhaupt noch gibt, schreibt Schulleiter Mike Spähr auch dem Einsatz von Detlef Hubold zu. Jahrelang – die Schülerzahlen schrumpften – drohte dem Haus die Schließung. Anlieger, Eltern und deren Interessenvertreter, der Stadtelternrat, machten dagegen mobil und konnten die Schließung abwenden. „Wir haben Herrn Hubold viel zu verdanken“, sagt Spähr. Heute braucht die Schule einen Anbau.

Zur Grundschule Westerhüsen hat Hubold eine innige Beziehung, nicht nur aus Brigadezeiten, sondern weil der heute dreifache Vater seine Söhne selbst hierher zum Lernen brachte und vom hiesigen Schulelternrat in den Stadtelternrat durchstartete. Hubold blickt auf ein Jahrzehnt als Elternvertreter zurück und beschreibt die krasse Wandlung. „Anfangs haben wir gegen Schließungen wegen Schülermangels gekämpft, heute kämpfen wir um Neubauten, weil der Platz nicht reicht.“ Lehrermangel, Unterrichtsausfall, räumliche Enge, aber auch persönliche Probleme bei der Suche nach der richtigen Schule fürs Kind, bei Aufnahmeproblemen an der Wunschschule, bei gebrochenen Schülerkarrieren und schlechten Zensuren – Hubold und seine Ratsmitstreiter bündeln Elternstimmen, sind Ratgeber und Helfer in der Not.

„Man kann Kommunalpolitik mitgestalten, dabei selber sehr viel lernen und vor allem vielen helfen“, beschreibt Hubold den Reiz des Ehrenamtes. Allerdings koste es viel Zeit: Ausschusssitzungen des Stadtrates, Termine an Schulen, in Behörden, mit Eltern, Lehrern, Kommunalpolitikern. „Ich habe den Vorteil, dass ich mir als Selbstständiger meine Zeit etwas freier als ein Angestellter einteilen kann.“ Hubold, den nach der Wende das Schicksal Tausender Ostdeutscher ereilte – Jobverluste in Serie und zeitweise Arbeitslosigkeit –, ist heute als Dachdeckermeister und Bauunternehmer sein eigener Herr.

Ein Stehaufmännchen auch in Sachen Elternmitsprache. „Er kann penetrant sein, wenn es ihm um die Sache geht“, sagt Schulleiter Stähr und dass er den Verantwortlichen (zum Beispiel für nötige Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten) „die Türen einrennt“.

Im Oktober hat Hubold sein Führungsamt im Stadtelternrat niederlegen müssen; der jüngste Sohn hat die Volljährigkeit erreicht. Aber Hubold, heute eine Art Vater aller Magdeburger Schulen, kann’s nicht lassen. Am Wochenende war er an vorderster Organisatorenfront mit dabei, als der Stadtelternrat in der Bibliothek seine 10. Schulmesse (fast 3000 Besucher) abhielt. Die Veranstaltung ist auch Hubolds „Kind“, der Informationsbedarf der Eltern riesig. Seinen Nachfolgern möchte der 57-Jährige die Arbeit erleichtern. Er plant die Gründung eines Fördervereins eigens für den Stadtelternrat. „Ich würde mir wünschen, dass die Politik Eltern viel mehr einbezieht, dass man miteinander spricht.“ Mag sein, so hätte die Politik schneller erfahren, dass Räume und Personal knapp werden.

Hier können Sie über den "Magdeburger des Jahres 2017" abstimmen.