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Wissenschaft Magdeburger forschen am Öko-Superfilter für jede Waschmaschine

Synthetische Kleidung verliert bei jedem Waschgang Mikrokunststoffe. Forscher der Hochschule Magdeburg-Stendal entwickeln Filter, die diese vor der Abgabe ins Abwasser herausfischen. Das System soll in jedem Haushalt einsetzbar sein.

Aktualisiert: 26.4.2021, 10:09
Welche Filtermaterialien halten in welcher Kombination wie viele Mikrokunststoffe zurück? Das testet Lars Tegtmeier im Labor der Hochschule Magdeburg-Stendal, indem er verschiedene Filter kaskadenförmig hintereinanderschaltet.
Welche Filtermaterialien halten in welcher Kombination wie viele Mikrokunststoffe zurück? Das testet Lars Tegtmeier im Labor der Hochschule Magdeburg-Stendal, indem er verschiedene Filter kaskadenförmig hintereinanderschaltet. Matthias Piekacz

Magdeburg

(vs) T-Shirts aus Polyester, Strumpfhosen oder Fleecejacken vereint ein Problem: „Bei jedem Waschgang hat synthetische Kleidung einen Faserabrieb. Dabei entstehen Mikrokunststoffe“, sagt Lars Tegtmeier, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Über das Abwasser gerieten diese in Flüsse und Meere. Selbst fortschrittliche Kläranlagen hätten bloß eine begrenzte Wirkkraft gegen Mikrokunststoffe.

Deshalb arbeitet Tegtmeier seit einem Jahr mit Prof. Dr.-Ing. Gilian Gerke und Erik Janousch an einem Filtersystem, das Mikrokunststoffe aus dem Abwasser der Waschmaschine herausfiltern soll. Das Projekt wird im Rahmen der Arbeitsgruppe „Plastik, Recycling und Mee(h2)r – Die Rohstoffwerkstatt“ umgesetzt und vom Barleber Filter-Hersteller „Fauter-Filter GmbH“ unterstützt.

Schutz der Umwelt

„Mikrokunststoffe sind winzig kleine Kunststoffpartikel mit einer Größe von unter 5 Millimetern“, erklärt Tegtmeier. Diese könnten wissentlich hergestellt werden, zum Beispiel für Kosmetika. Kunststoffartikel zerfielen aber auch bei der Nutzung oder im Wasser zu Mikrokunststoffen. In der Umwelt sind die Partikel bereits weit verbreitet. „Selbst in reinsten Bergseen oder bei Eisbohrungen am Nord- und Südpol konnten Mikrokunststoffe nachgewiesen werden.“

Warum sie im Wasser problematisch sind, ist laut Tegtmeier noch nicht vollständig untersucht. Der 31-Jährige beschreibt aber, dass Mikrokunststoffe zum Beispiel von Lebewesen als Futter wahrgenommen werden und so in die Nahrungskette gelangen. Problem am Ursprung bekämpfenDamit Mikrokunststoffe erst gar nicht ins Wasser geraten, setzten die Forscher dort an, wo die Partikel entstehen: in der Waschmaschine. „Der Eintrag durch das Waschen synthetischer Kleidung macht ungefähr 35 Prozent des Mikrokunststoffeintrags in die Meere aus.“ Das Filtersystem soll daher hauptsächlich am Abwasserschlauch der Waschmaschine angebracht werden.

Auch in Waschbecken und Duschen einsetzbar

Für Tegtmeier ist aber auch die Nutzung hinter Waschbecken und Duschen oder im gewerblichen Bereich denkbar. Das neue System hat eine wesentliche Eigenschaft: „Wir arbeiten mit einer Mehrschichtfiltration. Das heißt, unser Filter hat mehrere Schichten – von einem groben Gitter, bist zu einem feinen Sieb.“ So könnten unterschiedliche Partikel zurückgehalten und ein schnelles Verstopfen des Filters verhindert werden. Mit einer Maschenweite von mindestens 10 Mikrometern auf der feinsten Filterebene sollen weitgehend alle Mikrokunststoffe aufgenommen werden, sagt Tegtmeier. Zum Vergleich: Ein Polyesterfaden sei circa 15 Mikrometer dick und damit etwa ein Viertel so dick wie das durchschnittliche Haar eines Mitteleuropäers. Lösung für

jeden HaushaltUm Mikrokunststoffe im Waschmaschinen-Abwasser zu verhindern, gibt es bereits verschiedene Lösungen, zum Beispiel Wäschesäcke oder andere Filtersysteme. Was unterscheidet die Magdeburger Idee von diesen Lösungen? „Wir wollen deutlich feiner filtrieren“, sagt Tegtmeier. Außerdem brauche das neue Filtersystem mit einer Größe von etwa 10 mal 20 Zentimeter wenig Platz. So solle der Einbau in jedem Bad möglich sein. Auch die mehrfach anwendbaren, austauschbaren Filter sprächen für die Idee.

Nach der Verwendung müssten die feinen Filterschichten im Restmüll entsorgt und ersetzt werden, die groben Schichten könnten entleert und wiederverwendet werden. Welche Filtermaterialien und Porengrößen für das System am geeignetsten sind, werde momentan an der Hochschule Magdeburg-Stendal untersucht.