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Hochschule Magdeburger Forscher arbeiten am Energienetz der Zukunft

Wie an der Hochschule Magdeburg-Stendal an Lösungen für neue Speicherkapazitäten geforscht wird.

30.01.2022, 14:00
Über Leitwarten wie im Fraunhofer Institut in Magdeburg können der aktuelle Netzzustand visualisiert, Energieflüsse simuliert und Netzzustandsprognosen ermitteln werden. Marcel Hallmann (rechts) mit Prof. Dr. Przemyslaw Komarnicki.
Über Leitwarten wie im Fraunhofer Institut in Magdeburg können der aktuelle Netzzustand visualisiert, Energieflüsse simuliert und Netzzustandsprognosen ermitteln werden. Marcel Hallmann (rechts) mit Prof. Dr. Przemyslaw Komarnicki. Foto: Matthias Sasse

Magdeburg (vs) - In seiner Doktorarbeit beschäftigt sich Marcel Hallmann mit der Frage, wie alternative Energie gespeichert werden kann, damit weiterhin ein stabiles Stromnetz und bezahlbaren Energie vorhanden sind. Hallmann promoviert als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Elektrotechnik. Es ist für den jungen Wissenschaftler kein unbekanntes Terrain.

Vier Jahre nach dem Abschluss im Studiengang Elektrotechnik kehrt er zurück. „Wieder hier zu sein und meine Promotion an dem Ort durchzuführen, an dem meine akademische Laufbahn begonnen hat, ist ein tolles Gefühl.“ Beim Thema Strom ist der Doktorand in seinem Element: „Das konventionelle Energienetz, wie wir es kennen, ist im Umbruch.“ Dahinter stecke eine Notwendigkeit, denn „die Energiewende ist längst beschlossen“, merkt Hallmann an. „Alle Kernkraftwerke werden bis zum Jahr 2022 abgeschaltet, bis 2038 die Kohlekraftwerke.“

Ein langer Weg ist das, was auch der 32-Jährige weiß. Schon früh galt Hallmanns Interesse der Elektrik. Nach seiner Ausbildung zum Elektroanlagenmonteur war er als Messtechniker für Biogasanlagen tätig, bis er sich für das Studium entschied. Der Wunsch, tiefer in die Materie einzutauchen sowie eine zufällige Begegnung in der Mensa führten Marcel Hallmann zu Przemyslaw Komarnicki, Professor für Elektrische Energieanlagentechnik am Institut für Elektrotechnik. Hallmanns Schwerpunkt in der Forschung sind Speichersysteme, um die Energie regenerativer Quellen zu speichern.

Elektroauto ist weit mehr als nur Mobilität

Denn „die Durchdringung von erneuerbaren Energien ohne Batteriespeicher ist haltlos, man kommt nicht daran vorbei“. Unser energetisches Netz laufe in Echtzeit, sagt er. „Es muss immer in Balance sein. Scheint die Sonne sehr viel, entsteht eine Überproduktion, das Energiesystem gerät in Ungleichgewicht.“ Im konventionellen Netz werden in diesem Fall Brennöfen heruntergefahren. Der Ausbau erneuerbarer Energiequellen erfordere aber ein Umdenken – weg von global gesteuerten Kraftwerken hin zu einer dezentralen Energieversorgung. Microgrid nennt sich dieser Ansatz, mit dem er sich beschäftigt. Ein kleineres Stromnetz, das sich aus Erzeuger, Verbraucher und zunehmend Speichern zusammensetzt und autark agieren kann.

Für Hallmann ist darum ein Elektroauto weit mehr als nur Mobilität: „Wir sind umgeben von Energiespeichersystemen. Es gibt nicht nur die klassischen Batterien. Es gibt Elektroautos oder Pumpspeicher, die genutzt werden sollten.“ Nutzen heißt in dem Fall, die überschüssige Energie von Windkraftanlagen zu speichern. In Zukunft könnten ruhende E-Autos als zusätzliche Energiespeicher fungieren und bei Überproduktion Abhilfe schaffen. Hallmann zeigt auf einen großen grauen Schrank: „Mit einem bidirektionalen Batterietestsystem wie diesem teste ich die Fahrzyklen eines E-Autos. Damit kann ich Energie in beide Richtungen schieben.“ Bezahlbar und verfügbar Verschiedenste Test- und Prüfverfahren müssen entwickelt werden, um die unterschiedlichen Speichersysteme zu bewerten und deren Eignung für den Einsatz in Microgrids festzustellen.

Austausch mit Doktorvater

„Am Ende habe ich verschiedene Steckbriefe der einzelnen Speicher, auf deren Grundlage ich teste, wie sie sich in einem Stromnetz mit Erzeugern und Lasten bestmöglich kombinieren lassen.“ In seinem Labor befinden sich ein großer Datenspeicher und ein 200-Kilowatt-Teststand, die für ein leises Brummen und eine hohe Raumtemperatur sorgen: „Hier kann es schnell mal über 40 Grad heiß werden.“ Davon lässt sich der 32-Jährige nicht abschrecken. Als gelernter Elektroanlagenmonteur greift er hin und wieder selbst zu Schlüssel und Zange. „Ich verbringe meine Forschung nicht nur am Schreibtisch, sondern sitze auch in einer Anlage und verdrahte Komponenten.“ Das nützt nicht nur ihm selbst, sondern auch den Studierenden, die er in Laborversuchen schult.

Neben der Hochschule profitieren auch Studierende der Universität in Breslau von Hallmann, wo er Vorlesungen zu Energiespeichern hält. Unterstützung bekommt er von seinem Doktorvater Przemyslaw Komarnicki, der Mitglied im Promotionszentrum Umwelt und Technik an der Hochschule Magdeburg-Stendal ist. Einmal im Monat diskutieren sie die Ergebnisse. Mit diesem Input möchte Hallmann Erkenntnisse liefern, um in Zukunft den „Spagat zwischen Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Energie“ zu schaffen.