"70 Prozent werden nicht mehr zeitgemäß beheizt" Magdeburgs Innungsobermeister Gerhard Schünemann über Einsparpotenziale bei der Energieversorgung der Zukunft
Die Energieversorgung für das eigene Heim wird zu einem immer größeren Kostenfaktor. Für Öl und Gas steigen unaufhörlich die Preise. Energiesparen kann ein Ausweg sein, sagt Innungsobermeister Gerhard Schünemann.
Von Rainer Schweingel
Magdeburg l Wird es in 10 oder 20 Jahren noch Gas- und Ölheizungen geben? Gerhard Schünemann hat eine klare Meinung: "Natürlich, nur die Anteile an der Wärmebereitstellung werden sich verschieben." Der Obermeister der Magdeburger Heizungs-, Sanitär- und Klimatechnik-Innung ist davon überzeugt, dass diese traditionelle Technik ihre Zukunft haben wird, wenn auch unter gewandelten Umständen. Warum? "Weil es auch in der Zukunft schwer sein wird, Energie dann in ausreichendem und bezahlbarem Maß und vor allem zum benötigten Zeitpunkt bereitzustellen."
Diese Frage hält Gerhard Schünemann für eine der zentralen bei der künftigen Energieversorgung. Schließlich nehmen die Anteile der erneuerbaren Energien schon heute auch für den Privatverbrauch zu. Immer mehr Menschen entscheiden sich für Solardächer oder Wärmepumpen bei der hauseigenen Heizung. Ähnlich wie beim industriellen Bedarf steht auch im privaten Bereich das Problem der Speicherung, so Schünemann. Deshalb glaubt er an die Zukunft aus einem Mix von traditioneller und erneuerbarer Energieversorgung.
Heizungen laufen nur selten unter Volllast
Das zeichne sich schon heute ab: "Wer auf dem Stand der Technik sein will, dem empfehle ich eine Heizungskombination aus einer traditionellen Gas- oder Ölheizung mit moderner Brennwerttechnik in Kopplung mit regenerativen Energien, beispielsweise mit Solar oder Wärmepumpe."
Der Vorteil: Die traditionellen Öl- und Gasheizungen übernehmen die Versorgung im Volllastbereich, also wenn es draußen klirrend kalt ist. Die Solartechnik beziehungsweise Wärmepumpe sichere dagegen Übergänge im Herbst und Frühling ab und bei milderen Wintertagen. Volllast liefen die meisten Heizungen ohnehin nur an drei bis fünf Prozent der Heiztage in einer Saison, so Schünemann.
Diese Kombination mit moderner Technik bei Öl- und Gasheizungen könne schon jetzt zu Kosteneinsparungen von 40-45 Prozent bei Ölheizungen und bis zu 35-40 Prozent bei Gasheizungen bringen. Sein Modellrechenbeispiel: Wer ein Einfamilienhaus mit Heizkosten von rund 2500 Euro im Jahr auf eine moderne Gasheizung umstellt und dafür rund 5500 Euro investiert, kann mit einer entsprechenden Einregulierung (Hydraulischer Abgleich) einen jährlichen Einsparungseffekt von rund 25-30 Prozent erzielen, so dass sich die Investition schon nach ca. sieben bis acht Jahren ausgezahlt hat. "Und da ist die zu erwartende Preissteigerung für den Gasbezug noch nicht mal berücksichtigt. Zieht man diese noch heran, ist die Amortisation der Investition noch früher gegeben."
Bei Ölheizungen sehe es ähnlich aus, auch wenn immer das jeweilige Objekt und seine Bedingungen genau geprüft und berechnet werden müssten. Grundsätzlich aber lasse sich mit moderner Technik Primärenergie, damit auch Kosten sparen, die über den Investitionsaufwand hinausgehe. Für Neubauobjekte biete sich ohnehin ein Wärmepumpe an, die noch effektiver das Haus mit Wärme versorgen könne.
Schünemann sieht indes noch einen riesigen Nachholbedarf bei der Ausstattung bestehender Häuser mit moderner Heiztechnik. "Ich gehe davon aus, dass noch rund 70-80 Prozent aller Einfamilienhäuser in Magdeburg mit nicht mehr zeitgemäßer Technik heizen", so Schünemann. Aber warum stellen nicht alle sofort um? Das ist natürlich eine Geldfrage und die Frage des Drucks, der von außen herrsche, so Schünemann. Jede Energiepreissteigerung mache eine Umrüstung der überalterten heimischen Heizzentralen wirtschaftlicher. Und von diesen Preissteigerungen habe man in den vergangenen 20 Jahren eine ganze Menge gesehen.
In den meisten Fällen lohnt sich eine Modernisierung
Schünemann: "Man muss also kein Prophet sein, um zu wissen, dass sich dieser Trend wohl fortsetzen wird. Wer sich davon unabhängiger machen will, sollte prüfen, ob sich eine Modernisierung seiner Heiz- und Warmwassertechnik lohnt. In den meisten Fällen dürfte das der Fall sein, so Schünemann. Gas- und Ölheizungen in Kopplung mit erneuerbaren Energien werden dabei auch in der Zukunft noch eine entscheidende Rolle spielen.