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Medizintechnik Magdeburger Magneten helfen heilen

Neoscan Solutions hat in Magdeburg ein neues MRT entwickelt. Es ist ausgelegt zur Untersuchung von Kleinkindern.

Von Martin Rieß 26.05.2020, 01:01

Magdeburg l Medizintechnik made in Magdeburg – das vor drei Jahren gegründete Unternehmen Neoscan Solutions möchte dazu seinen Teil beitragen. Vor knapp einem Jahr in den Wissenschaftshafen umgezogen, will der Betrieb in den kommenden Monaten zwei weitere wichtige Meilensteine passieren.

Die Magdeburger haben einen Magnetresonanztomograph (MRT) für Kleinkinder entwickelt – siehe Infokasten. In den kommenden Monaten soll ein erstes Gerät in einer Klinik in Betrieb gehen. Und zum Jahreswechsel sollen alle Zulassungshürden überwunden sein, so dass das Magdeburger Unternehmen unter Leitung der Geschäftsführer Dirk Meyer und Stefan Röll in den regulären Verkauf gehen können.

Zwar wird der Markt der MRT-Geräte von vier großen Herstellern dominiert. „Mit unserem Gerät haben wir aber eine Nische gefunden, in der wir unser Auskommen haben werden“, sagt Dirk Meyer. Kleiner, leichter, preiswerter – vor allem aber besser an die Bedürfnisse der Patienten angepasst – das sind wesentliche Argumente, mit denen Neoscan Solutions um Kunden werben möchte.

Zwar hat die Corona-Krise dieser Tage die Magdeburger ausgebremst. Unter anderem finden keine Messen mehr statt, auf denen sie ihre Neuentwicklung international bekannt machen können, und auch die Besuche von Vertretern des Unternehmens bei Interessenten oder den potenziellen Kunden in Magdeburg sind zum Erliegen gekommen.

Am Zeitplan halten die Entwickler der neuen Medizintechnik dennoch fest. „Fest steht beispielsweise, dass wir unseren zweiten Prototyp in einem Klinikum testen werden“, sagt der promovierte Physiker Stefan Röll.

In enger Zusammenarbeit mit den Kunden sollen die MRT-Geräte an deren Bedürfnisse angepasst werden. Wünschenswert sei, möglichst schnell auch in Magdeburg eines der Geräte in den klinischen Betrieb zu bekommen. „Es ist immer gut, Interessenten am Standort des Herstellers ein Praxisbeispiel demonstrieren zu können“, sagt Dirk Meyer.

Die Praxis sähe nach Vorstellung der Entwickler wie folgt aus: Auf einer Kinderstation ist das MRT in einem eigenen Raum aufgestellt. Das Kleinkind, das untersucht werden soll, schläft wie gewohnt ein und wird dann in die Röhre gelegt, um untersucht zu werden. Stefan Röll erläutert: „Das ist für diese Patienten sehr viel schonender.“

So entfällt der in vielen Fällen sehr belastende Transport zum Standort eines herkömmlichen MRT. Und die Untersuchung erfolgt im Schlaf. „Einem Neugeborenen oder einem Kleinkind zu verdeutlichen, warum es in eine Röhre soll und dass es sich dort nicht zu sehr bewegen soll, ist kaum möglich.“

Ein solcher Einsatz dürfte allerdings auch ein Umdenken in den Abläufen einer Diagnose per MRT bedeuten. Denn hier wird untersucht, wenn das Kind schläft – und nicht wenn es der oft dicht getaktete Belegungsplan für ein herkömmliches MRT vorsieht.

Das kann sich als eine betriebswirtschaftliche Herausforderung für die Klinik, die ein Magdeburger MRT nutzt, erweisen – denn billig ist die Technik nicht. Je nach Anschaffungsmodell muss mit einem hohen sechsstelligen Euro-Betrag gerechnet werden. Stefan Röll ist dennoch optimistisch: „In Zeiten, in denen das Patientenwohl eine zunehmende Rolle spielt, gibt es auch für eine solche Vorgehensweise Interessenten.“ Zumal: Preiswerter als ein herkömmliches MRT ist das Angebot aus dem Magdeburger Wissenschaftshafen allemal.

Ein Stichwort ist auch die Zweitnutzung. „Bei den bekannten Geräten ist eine Generalüberholung womöglich schwierig, weil der Magnet wegen der Helium-Kühlung hermetisch abgeschlossen ist“, sagt Stefan Röll. In der Neuentwicklung aus dem von ihm mit Dirk Meyer geleiteten Unternehmen gestalte sich eine solche ebenso wie die normale Wartung sehr viel einfacher. Auf diese Weise könnte ein Kleinkind-MRT zum Beispiel nach zehn Jahren Nutzung im Rahmen eines Leasing-Vertrags überholt und als Refurbished-Variante an einen anderen Interessenten verkauft werden.

Dirk Meyer hofft, dass in Zukunft pro Monat zwei Geräte in Magdeburg produziert werden. „Das sollte der Markt hergeben“, meint er. Eine Produktion in einem anderen Land war für Neoscan Solutions derweil nie ein Thema.

Die Entwicklung war in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt aufgebaut worden, da hier eine Nähe zu der im medizintechnischen Bereich etablierten Otto-von-Guericke-Universität besteht. Und lange Wege zwischen diesem Entwicklungsstandort und einem Produktionsstandort in einem Entwicklungs- oder Schwellenland kommen für das junge Unternehmen nicht infrage. Das wäre zu aufwendig und nicht effizient.

Dass sie von einem Konkurrenten eingeholt werden, befürchten die Magdeburger nicht. „In unserem Produkt stecken ja mehrere Jahre Entwicklungsarbeit“, sagt Stefan Röll. Das müsse ein Mitbewerber erst einmal aufholen. Zudem schützen in einer gewissen Weise die aufwendigen Zulassungsverfahren, die die Magdeburger zum Jahreswechsel absolviert haben wollen, davor, in kürzester Zeit kopiert zu werden. Aufgabe werde es für die Zukunft sein, immer weiter an der Entwicklung zu arbeiten und den Konkurrenten immer einen Schritt voraus zu sein.