Geschichte Mittelalter-Knigge für Magdeburger Museum
Eine Kopie des ersten deutschen Benimm-Werkes erhielt das Kulturhistorische Museum in Magdeburg.
Magdeburg l Wer grüßt wen zuerst? Wer darf wem das Du anbieten? Was gehört sich bei Tisch? Im Knigge aus dem 18. Jahrhundert gibt es dazu Regeln, die das gesellschaftliche Zusammenleben erleichtern sollen. Doch neu ist das nicht. Bereits im Mittelalter gab es einen Vorläufer dessen, was die Menschen heute gemeinhin als Knigge kennen. Das BUch hieß „Der Welsche Gast“ und wurde von einem Italiener geschrieben, der als Außenstehender die deutschen Sitten beobachtete und den Menschen aufzeigte, wie sie ihr Zusammenleben besser gestalten könnten. In einem Buch fasste er die Regeln zusammen, die von den höheren Ständen schon bald dankbar angenommen wurden. Auch in der Megedeborch wird man sich künftig über gutes Benehmen im Mittelalter informieren können, denn eine originalgetreue Kopie des Originalwerkes ist am 12. Oktober zum letzten Markttag der Saison an die Megedeborch überreicht worden.
Der Welsche Gast ist die älteste deutschsprachige Zusammenstellung von Verhaltensregeln. In Versen und Bildern wird die Gedankenwelt des Mittelalters in diesem Buch erlebbar. Die Mitglieder der Megedeborch versprachen, das Buch in Ehren zu halten. Durch Übernahme aller Schäden und Spuren, die im Laufe der Zeit am Original entstanden waren, wirkt auch die Kopie, als würde man tatsächlich in einem alten Buch blättern. Und so lässt sich auch der Geist des Mittelalters ein wenig nachspüren.
Das Originalwerk befindet sich in der Wissenschaftlichen Bibliothek in Gotha. Der Quaternio Verlag aus Luzern, der auf die Erstellung sogenannter Faksimiles spezialisiert ist, hat die Kopie erarbeitet. Die entsprechende Technik wurde dafür in die Bibliothek in Gotha gebracht und das Buch Seite für Seite abfotografiert, danach für den Druck bearbeitet, die Probedrucke Seite für Seite mit dem Original verglichen und schließlich bei hundertprozentiger Übereinstimmung die Druckfreigabe erteilt, wie Alfred Schuster vom Verlag erklärte. Er überreichte das Buch an den Bürgermeister der Megedeborch, die damit eines von weltweit 680 Exemplaren dieses Buches besitzt. Beliebig oft dürfen Faksimiles nicht vervielfältigt werden.
Museumschefin Gabriele Köster freute sich sehr, dass mit dem Welschen Gast bereits das zweite Faksimile an die Megedeborch übergeben wurde. 2015 hatte die Institution bereits ein Faksimile des „Goldenen Münchner Psalters“ erhalten. Er beinhaltet 91 ganzseitige Miniaturen auf goldenem Grund, die die Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament illustrieren.
Gabriele Köster verwies auch auf die Ausstellung „Faszination Stadt“, in der es um die mittelalterliche Stadt und das Magdeburg Recht geht, das ebenfalls dem besseren Zusammenleben der Menschen dienen sollte.
Die Megedeborch bleibt das wohl beliebteste Veranstaltungsformat des Magdeburger Kulturhistorischen Museums. „Die Schultage sind zumeist innerhalb eines halben Tages komplett ausgebucht, in den Ferien gibt es ab und an ganz vereinzelt freie Plätze", erzählt Heinrich Natho als Pressesprecher des Museums. Absolute Zahlen über die Saison 2019 gibt es noch nicht. Doch schon jetzt sei klar: „Die Megedeborch knüpft an die Erfolge des Vorjahres an." In der Megedeborch kann Mittelalter hautnah erlebt werden. Auf dem Hof sind Buden aufgebaut, in denen Handwerk wie Schnitzen zu sehen ist, außerdem wird dort gezeigt, wie Butter gemacht wird. Das Angebot für Kinder besteht seit 23 Jahren und das Museum hofft, dass es noch viele weitere Jahre Besucher für das Mittelalter begeistert.