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Musik Magdeburger Film mit Mellow Mark

Die Otto-von-Guericke-Uni Magdeburg hat mit Mellow Mark einen interaktiven Film produziert. Für Künstlerbiographien ist so etwas ein Novum.

Von Martin Rieß 07.11.2019, 00:01

Magdeburg l „So, da sind wir also“, sagt Mellow Mark in die Kamera, die die Studenten aus Magdeburg aufgebaut haben. Und dann ist alles anders als das, was Zuschauer bislang aus Künstlerbiographien und Dokumentationen kennen. Denn der Rap-, Reggae- und Soul-Musiker, der eigentlich Mark Schlumberger heißt und unter anderem vor zwei Jahren im Wettbewerb „Voice of Germany“ in die zweite Phase eingezogen war, stellt die Menschen an den Bildschirmen und Smartphone­displays vor die Wahl: „Jetzt musst du dich entscheiden: Möchtest du etwas über meine Kindheit erfahren oder mit in den Van steigen und ein bisschen etwas über meine Reisen wissen“, sagt Mellow Mark.

Links im Bild ist ein Foto des Musikers aus Kindheitstagen zu sehen, rechts ein Globus. Per Mouseklick gelangen die Zuschauer ähnlich wie auf einer Internetseite zu den entsprechenden Inhalten. Wie hier zu Beginn des Films kann der Zuschauer auch an späteren Stellen immer wieder entscheiden, wo es weitergeht.

Produziert haben diesen Film Studierende der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität. Beteiligt haben sich einerseits die Wirtschaftswissenschaftler. Unter der Leitung von Professor Marko Sarstedt standen dabei Fragen des Marketings im Fokus. Denn dass interaktive Filme Potenzial haben, ist längst kein Geheimnis mehr. Spielzeughersteller haben entsprechende Formate für ihre Erzeugnisse entwickelt, ein amerikanischer Handelskonzern verbreitet auf diesem Wege Rezepte samt der Möglichkeit, die Zutaten zu ordern, und ein Hersteller von Getränken betreibt beispielsweise eingebettet in Musikvideos Markenpflege.

Wie Jana Richter, die das Projekt andererseits von Seiten der Mediengestalter betreut hat, berichtet, haben die Magdeburger mit ihrem Film dennoch Neuland betreten. Denn während Firmen für ihre Botschaften diese Form der Kommunikation entdeckt haben und auch auf Netflix bereits entsprechende Formate im Unterhaltungsbereich veröffentlicht wurden, gab es so etwas als Dokumentation über einen Künstler bislang nicht. Jana Richter sagt: „Wir haben dazu recherchiert und nichts gefunden.“

Die besondere Herausforderung bei dem interaktiven Film: Mehrere Handlungsstränge müssen entwickelt werden. „Im Prinzip muss ich nicht nur eine Geschichte erzählen wie in einem linearen Film, ich muss mehrere Geschichten unabhängig voneinander vorantreiben, die dennoch miteinander verknüpft werden können“, berichtet die Dozentin, die selbst als Filmemacherin über Jahre Erfahrungen gesammelt hat. „Wer weiß, wie aufwendig es ist, eine Geschichte für einen konventionellen Film zu entwickeln, der kann einschätzen, wie viel mehr Arbeit für einen interaktiven Film erforderlich ist“, erläutert sie.

Gelohnt hat sich der Aufwand aber, meint beispielsweise Antonia Conhoff, die den Bachelorstudiengang Medienbildung an der Uni absolviert. Sie sagt mit Blick auf die Praxisnähe des Filmdrehs: „Trockene Theorie verfliegt sehr schnell und ist für mich persönlich häufig nur schwer greifbar.“ Mit der Praxis werde die Theorie erst vertieft. „Außerdem denke ich, dass praktische Projekte eine tolle Abwechslung zum Uni-Alltag sind, in welchem man hauptsächlich wissenschaftliche Texte liest, zusammenfasst und Vorträge vorbereitet.“ Zudem habe die Zusammenarbeit in einem großen Team das Miteinander abseits der gewohnten sozialen Konstellation geschult.

Dass die Produktion des Films offenbar auch Spaß bereitet hat, zeigt nicht zuletzt Mellow Mark. Nachdem er für die Zuschauer mit einem Fotoalbum einen Ausflug durch Jugend und Kindheit unternommen hat, kann der Zuschauer mit ihm auch eine alte Audiokassette hören. Während der heutige Mellow Mark verschmitzt in die Kamera lächelt, erklingt aus dem Kassettenrekorder die kindliche Stimme des jungen Mark Schlumberger, der diese sehr frühe Audioaufnahme ankündigt: „Hallo Oma, hallo Opa, ich möchte ein paar Lieder auf der Gitarre spielen und singe zum Teil dazu, zum anderen Teil spiele ich die Melodie.“ Es folgt ein Titel von Mellow Mark, den so bislang kaum ein Fan des Musikers kennen dürfte.

Im Reiseteil berichtet Mellow Mark unter anderem von einem Auftritt in Russland. Hier hatte er russische Stars begleitet – die dann aber nicht zum Konzert erschienen waren.

Und wie geht es jetzt weiter? Denkbar wäre es, im kommenden Semester einen interaktiven Film über Magdeburg zu drehen. Im Uni-Projekt In:takt im Breiten Weg 28 könnte es um die „Zurückeroberung des Stadtraums“ gehen. Denn von einem ist Jana Richter überzeugt: „Interaktiver Film ist nichts, was allein der Wirtschaft überlassen werden sollte. Er bietet auch völlig neue Möglichkeiten im Bildungsbereich.“ Oder eben wie bei der Idee fürs kommende Semester im Bereich von Bürgerbeteiligung. Voraussetzung dafür aber ist zunächst, dass sich die Studierenden beteiligen: Sie sind es, die einen großen Teil der Arbeit zu leisten haben.