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Geschichte Neues Buch: 1000 Jahre Chorgesang im Dom zu Magdeburg

Der Magdeburger Domchor blickt auf eine lange Tradition. Seine Historie ist auch Spiegelbild für den Werdegang Mitteldeutschlands. Ein Buch widmet sich der Chorgeschichte.

Von Martin Rieß Aktualisiert: 16.12.2023, 10:47
Die Autoren Helga Hess und Martin H. Groß (vorn) freuen sich gemeinsam mit Fördervereinsvorsitzendem Andreas Bredow (hinten v. l.), Isabel Tönniges von der Magdeburger Dommusik und Stephen Gerhard Stehli, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats der Evangelischen Domgemeinde Magdeburg: Nach mehreren Jahren Arbeit ist das Buch über den Domchor und dessen lange Geschichte nun erschienen.
Die Autoren Helga Hess und Martin H. Groß (vorn) freuen sich gemeinsam mit Fördervereinsvorsitzendem Andreas Bredow (hinten v. l.), Isabel Tönniges von der Magdeburger Dommusik und Stephen Gerhard Stehli, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats der Evangelischen Domgemeinde Magdeburg: Nach mehreren Jahren Arbeit ist das Buch über den Domchor und dessen lange Geschichte nun erschienen. Foto: Martin Rieß

Altstadt. - Wenn es um Geschichte geht, dann geht es oft um archäologische Funde und um Dokumente, die als Quellen dienen. Doch was ist dem gesprochenen Wort, mit dem Gesang, der über Jahrhunderte altehrwürdige Häuser wie den Magdeburger Dom erst mit Leben erfüllt haben? Diese Aspekte werden nur zu oft vergessen, finden sich in Chroniken und neueren Abhandlungen kaum wieder. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass es umfassende Abhandlungen über die mitteldeutsche und die Magdeburger Geschichte im Allgemeinen und über den Dom zu Magdeburg im Speziellen gibt – dass die Geschichte des Chorgesangs im Dom bislang keine allumfassende Darstellung gefunden hat.

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Bislang, denn Helga Hess und Martin H. Groß haben sich des Themas angenommen. Helga Hess hatte im Alter von zehn bis 16 Jahren im Magdeburger Domchor gesungen, war dann fortgegangen und nach der Wende in die Elbestadt zurückgekehrt.

Liebe, Leben und Licht im Magdeburg der Nachkriegszeit

Treffen mit Freunden aus Kindheit und Jugend standen damals auf dem Programm und die Suche damals, was aus der Nachkriegszeit noch geblieben war. In jener Zeit, so erinnert sie sich, war der Domchor für sie „Liebe, Leben und Licht in der Nachkriegszeit“. Die Kinder und Jugendlichen haben in dem Chor eine Gemeinschaft erlebt, wurden akzeptiert und erfuhren Geborgenheit. Zugleich kamen sie mit der Kunst in Berührung. Mit einer Musik, die die religiösen und humanistischen Grundwerte in den Texten gerade der jüngeren Komponisten widerspiegelt.

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Bei ihrer Suche fiel Helga Hess aber auf: Gerade über den Domchor gab es praktisch nichts. Zwar hatten in der Vergangenheit sich verschiedene Autoren mit dem Chor befasst – doch es handelte sich immer nur um einzelne Aspekte. Zudem waren diese Arbeiten öffentlich kaum zugänglich. Es galt also vorhandenes Material zu sichten, Lücken zu schließen. Das bedeutete zehn Jahre ehrenamtliche Arbeit und eine Monografie von acht Bänden.

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Deutlich wird beim Blick auf die Geschichte des Chorgesangs einmal mehr, wie Krieg und Gewalt Gesellschaften zerstören. So spiegeln sich in der Geschicht des Chores unter anderem der Dreißigjährige Krieg, die Napoleonischen Kriege und die Weltkriege unheilvoll wider.

Buch statt Broschüre für den Magdeburger Domchor

Mitautor Martin H. Groß, der sich in dem Buch insbesondere den vergangenen 30 Jahren gewidmet hat, in denen Barry Jordan als Domkantor gewirkt hat, sagt: „Die Monografie der Chorgeschichte ist sehr spannend – für den Allgemeingebrauch, aber natürlich ein wenig unhandlich.“ Deshalb hatte Helga Hess vorgeschwebt, Eckdaten in einer Broschüre zusammenzufassen, die beispielsweise an die Mitglieder des Chores ausgegeben werden könne. Doch mit dieser Idee waren weder ihr Mitautor noch Domgemeinde und Förderverein des Chores einverstanden. Nachdem nämlich so viele wertvolle Informationen zusammengetragen waren, sollte es dann schon ein repräsentatives Buch werden, das auch den geschichtlichen Abhandlungen zu den Feierlichkeiten 1200 Jahre Magdeburg im Jahr 2005 nicht nachsteht. Und so folgten also noch einmal drei Jahre Arbeit, bis das Buch nun fertig war.

Neben eigenen Mitteln, die die Autoren ins das Buch fließen ließen, konnten Spender und Sponsoren gewonnen werden. Vornan stehen bei diesen der Förderverein des Domchors und Domgemeinde. Der Fördervereinsvorsitzende Andreas Bredow sagt: „Als wir das 25-jährige Bestehen des Fördervereins gefeiert haben, gab es ein paar alte Bilder – und sonst nichts.“ Das bedeutet: Man kannte ja kaum die Namen der Kantoren, die noch eine Generation zuvor den Chor mitgeprägt haben. „Angesichts dessen, dass wir auf eine 1000 Jahre alte Chortradition in Magdeburg zurückblicken können, fehlte ein solches Buch dringend.“

Verkündigung christlicher und humanistischer Werte im Gesang

Stephen Gerhard Stehli, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats der Evangelischen Domgemeinde Magdeburg, sieht sich den beiden Autoren zu unendlichem Dank verpflichtet. Denn mit dem Buch werde auch herausgearbeitet, was der Magdeburger Domchor auch ist: Ein Teil der Gemeinde, in dem von Kindesbeinen bis ins Erwachsenenalter nicht allein die Chorgemeinschaft gepflegt wird. Diese umfasst neben den gemeinsamen Proben und Auftritten auch Chorfahrten, die Helga Hess in ihrer Jugend bis nach Passau geführt, die in der Nachwendezeit aber auch Reisen beispielsweise nach Helsinki und nach Jerusalem umfasst haben. Was aber – so Stephen Gerhard Stehli – den Magdeburger Domchor von Freizeitchören unterscheidet, ist die Verkündigung im Gesang: Dazu gehören die Weihnachtskonzerte ebenso wie die Beiträge während der Gottesdienste.

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Die von Helga Hess charakterisierten christlichen und humanistischen Inhalte den Menschen nahezubringen, sei, so der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats, eine ebenso besondere wie ehrenvolle Aufgabe.

Die Einnahmen des Buchs sollen übrigens in die Domchorstiftung fließen. Diese war auf Anregung von Rotraud Bense, der langjährigen Leiterin der Domchor-Vorschule, gegründet worden und unterstützt die Nachwuchsarbeit des Magdeburger Domchores.

Details zum Buch und wo es erhältlich ist

Der Magdeburger Domchor – 1000 Jahre Chorgesang im Kaiser-Dom zu Magdeburg von Helga Hess und Martin H. Groß wurde von der Evangelischen Domgemeinde Magdeburg und dem Förderverein Magdeburger Domchor herausgegeben. Auf 224 Seiten im Format 23 mal 27 Zentimeter in einem Hardcover werden mit zahlreichen Fotos und Zeitdokumenten Einblicke in die reichhaltige Chorgeschichte gewährt – und damit auch ganz besondere Aspekte der Geschichte Magdeburgs als eines der wichtigsten Zentren des Christentums in Deutschland vermittelt.

Erhältlich ist das Buch in den Buchhandlungen Bartel und Gand, Fabularium sowie Fritz Wahle, am Kartentisch des Magdeburger Doms, bei Magdeburg Souvenir, im Dommuseum Ottonianum Magdeburg und ab Januar auch in der Tourist-Information. Beim Förderverein kann es per E-Mail an andreas_bredow66@web.de sowie ulrike.gross1@gmx.de bestellt werden. Das Buch hat die ISBN 978-3-00-076995-5. Das Buch kostet 25 Euro.

In den Kapiteln geht es um die katholische Zeit vom 10. bis 15. Jahrhundert, um die Reformationszeit des 16. und 17. Jahrhunderts, um die Epoche des Dreißigjährigen Kriegs bis hin zur napoleonischen Besatzung, um die Wiedererrichtung des Domchores, das 20. Jahrhundert und die Domkantoren seit dem Zweiten Weltkrieg.