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Pandemie Unterwegs mit Magdeburgs Corona-Streife

Halten sich die Magdeburger an die landesweite Corona-Verordnung? Auf Streife mit zwei Ordnungshütern der Stadt:

Von Anja Guse 29.03.2020, 19:21

Magdeburg l Nils Schufft (39) und Andreas Schulze (37) haben einen Plan. Oder besser gesagt eine Liste. Die gilt es täglich abzuarbeiten. Spielplätze sollen kontrolliert werden, öffentliche Grünflächen ebenso, aber auch Spielhallen oder andere Einrichtungen in Magdeburg. Grund ist die landesweite Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus. Die regelt seit dem 18. März 2020 das öffentliche Leben.

Schufft ist Gruppenleiter beim Ordnungsamt der Stadt Magdeburg, Schulze sein Kollege. Gemeinsam gehen sie am Sonnabend auf Streife. Die Volksstimme begleitet sie für eine Stunde – mit ausreichend Abstand.

Es ist 15.16 Uhr, als Schulze den Transporter am Spielplatz im Danziger Dorf abstellt. Schufft und Schulze sind für den Norden Magdeburgs eingeteilt. Vier Bereiche gibt es: Nord, Ost, Süd und West.

Wo sonst in der Siedlung im Kannenstieg ein großes Holzschiff zum Spielen einlädt, herrscht nun gähnende Leere. Rot-weiße Absperrbänder verhindern den Zutritt zum Spielplatz in der kleinen Siedlung. Schulze und Schufft machen einen kurzen Rundgang über den Platz. Hier ist alles in Ordnung. Schufft trägt das Kontrollergebnis in die Liste ein. Und schon geht es weiter in den Florapark-Garten.

Insgesamt 65 Mitarbeiter sind im Außendienst des Ordnungsamtes derzeit eingesetzt - für alle Aufgaben. An sieben Tagen die Woche teilen sie sich den Dienst auf, ein Teil arbeitet aber auch als Reserve im Homeoffice, berichtet Rathaus-Sprecherin Kerstin Kinszorra.

Es ist Punkt 15.30 Uhr. Die Ordnungshüter parken in der Nähe zum 40 Hektar großen Florapark-Garten. Das Wetter ist schön, die Sonne scheint. Wie viele Menschen wohl heute die Zeit hier draußen verbringen werden?

Eine Familie auf Rollerblades kommt den Mitarbeitern des Ordnungsamtes entgegen. Das ist okay. Familien dürfen auch weiterhin gemeinsam vor die Tür. Ein Spaziergang oder sportliche Aktivitäten sind zur Erholung erlaubt.

Doch plötzlich fällt den beiden eine vierköpfige Gruppe Jugendlicher auf. Zwei Mädchen und zwei Jungs sitzen auf einer Decke auf der Wiese, stecken immer wieder die Köpfe zusammen, lachen, spielen mit den Handys. Das wollen sich Schufft und Schulze genauer ansehen.

Als sie auf die Gruppe zusteuern, schauen die Jungs und Mädels verdutzt auf. Mit einer Kontrolle hatten die vier nicht gerechnet. Und überhaupt sei ihnen gar nicht bewusst, dass sie etwas Verbotenes tun, erklären sie. Doch unbeschwerte Treffen mit Freunden sind während der Corona-Krise einfach nicht mehr möglich.

Die Jugendlichen, allesamt 16 oder 17 Jahre alt, zeigen sich einsichtig, müssen aber dennoch ihre Personalien angeben. Schufft und Schulze werden diese später an die Polizei beziehungsweise Staatsanwaltschaft weiterleiten. Dort wird entschieden, welches Strafmaß die Jugendlichen erwartet. Denn Fakt ist: Wer gegen die Landesverordnung zur Eindämmung des Coronavirus verstößt, begeht eine Straftat.

Die Jugendlichen ziehen in Zweiergruppen davon. Schufft und Schulze zieht es dagegen noch zum Spielplatz, ebenfalls ein beliebter Treffpunkt auf dem weitläufigen Areal. Zwei Leute sitzen auf einer Bank - mit Abstand. Auch das geht in Ordnung.

Oben auf dem Hügel spielt eine Mutter mit Tochter und Nachbarin Seilhüpfen. Der Abstand ist gewahrt – sogar mehr als notwendig. Der Ausflug in den Florapark-Garten soll gegen den Lagerkoller helfen, erzählen sie. Normalerweise würden sie jetzt mit weiteren Nachbarn im Hof sitzen und grillen oder zusammen einen Film sehen. Aber das ist seit der Corona-Verordnung ebenfalls verboten.

Ein paar Meter weiter weisen ein paar leere Flaschen darauf hin, dass hier am Abend zuvor vermutlich mehrere Personen gemeinsam getrunken haben. Schufft und Schulze wollen später noch einmal wiederkommen. Ihr Dienst geht noch ein paar Stunden. Da bleibt Zeit für wiederholte Kontrollen. Vielleicht treffen sie am Abend die Verursacher an.

Kurz darauf geht es in die Rollestraße. Auch hier befindet sich ein beliebter Spielplatz. Ein Absperrband ist zerrissen. Schulze knüpft es wieder zusammen. Ansonsten gibt es auch hier nichts zu beanstanden.

Zur selben Zeit treffen sie auf alte Bekannte. Die Jugendlichen von der Wiese sind jetzt hier unterwegs – brav in Zweiergruppen und mit ausreichend Abstand zueinander. Der freundliche Appell zeigt Wirkung.

Grundsätzlich, so erzählen Schufft und Schulze, seien die Bürger ihnen gegenüber oft sehr freundlich. „Die meisten sind einsichtig und zeigen vor allem Verständnis für die Maßnahmen“, berichtet der Gruppenleiter.

Bis zum Ende des Sonnabends haben er und seine Kollegen 123 Spielplätze in Magdeburg kontrolliert, dazu 38 Grünflächen und 169 Betriebsstätten. Ergebnis: Fünf Mal wurden Gruppen festgestellt. Zur größten Gruppe gehörten sieben Personen, teilte die Stadt mit. In diesem und in zwei weiteren Fällen wurden die Personalien aufgenommen.

Am Abend wurde in der Neuen Neustadt eine Feier von zwei Pärchen in einer Wohnung aufgelöst. Das dort nicht gemeldete Pärchen musste die Wohnung verlassen.