Jahrestag Per TV-Show kam der Magdeburger Zoo zu seinem Giraffenhaus
In einer Rekordzeit von 110 Stunden ist vor 30 Jahren das Giraffenhaus für den Zoo Magdeburg gebaut worden. Einer, der damals dabei war, erinnert sich.

Magdeburg - Am 2. November 1991 - vor 30 Jahren also - wurde im Magdeburger Zoo ein einzigartiges Projekt fertig: Das in Rekordzeit gebaute Giraffenhaus war nach 110 Stunden Bauzeit fertig. Darüber hatte der Zoo am Jahrestag informiert. Mit dabei war damals der heute 55-jährige Zootierpfleger Michael Banse, der sich an die damaligen Tage erinnert.
Er sagt: „Der Zoo hatte sich um eine Teilnahme bei der Fernsehsendung ,Jetzt oder nie‘ beworben.“ Ausschlaggebend für die Bewerbung war der damalige Zoodirektor Wolfgang Puschmann. Dass der Vorschlag aus Magdeburg ausgewählt wird, um verwirklicht zu werden, konnte daher niemand vorhersagen. Umso größer war dann die Freude, als der Zoo Magdeburg den Zuschlag erhielt.
Unzählige Menschen wollten mithelfen
Als Wette stand damals im Raum, ob es gelingen könne, das Haus innerhalb von 80 Stunden und mit der Leistung von Sponsoren zu bauen. Ab dem 26. Oktober 1991 beteiligt hatten sich damals dann nicht allein zahlreiche Firmen, wie sich Michael Banse erinnert: „Unzählige Menschen waren gekommen, um mitzuhelfen.“ Unter ihnen Gruppen, die mit anpacken wollten, aber auch Einzelne. „Ich erinnere mich beispielsweise an einen Mann, der mit seiner Kettensäge gekommen war, um mitzuhelfen.“
Zwar waren die Planungen des Architekturbüros Gigi Heuss ebenso vor dem Start der Fernsehwette abgeschlossen wie die Arbeiten an Leitungen und Bodenplatte. Trotzdem erwiesen sich die Arbeiten als eine logistische Meisterleistung.
Die Elefanten staunen über die Giraffenhaus-Baustelle
Heinrich Thomas Schmidt hatte den Hut auf für die Netzplanung des Bauablaufs. „Und dieser Bauablauf hatte es in sich“, berichtet Michael Banse. Der Uniprofessor habe genau den Überblick behalten, wohin welche Schraube gehört. Auf dem Gelände neben der Baustelle habe sich das Material seinerzeit in großer Menge gestapelt, da ja alles in kürzester Zeit verfügbar sein sollte. „Die Elefanten, die damals noch im alten Dickhäuterhaus und auf dem Freigelände untergebracht waren, haben das Geschehen mit großem Interesse beobachtet“, erinnert sich Michael Banse.
Für eine dramatische Wendung sorgte während der Bauarbeiten im Herbst vor 30 Jahren ein Unfall: Da ein Kran nicht ausreichend gesichert worden war, stürzte er um und beschädigte den Rohbau. Damit war die Wette, den Bau in 80 Stunden fertigzustellen, nicht mehr zu gewinnen.

Doch die Arbeiten liefen weiter – und so war es am 2. November so weit: Nach nun 110 Stunden Bauzeit und der Abnahme des Gebäudes konnten die ersten beiden Magdeburger Netzgiraffen Hanna und Fidelitas in das neue Giraffenhaus einziehen. Ein halbes Jahr später gesellte sich der erste Giraffenbulle Charly hinzu.
Auch nach dem Bau blieb das Haus ein großes Thema, berichtet derweil Zoo-Sprecherin Regina Jembere. „Die Giraffen in dem neuen Haus haben dem Zoo damals für einen Winter ungewöhnliche Besucherzahlen beschert“, berichtet sie.
Riesige Fenster für die Tiere waren ein Novum
Und auch für die Fachwelt war das Magdeburger Haus von großem Interesse. Als Musterbeispiel für ökologisches Bauen galt damals nämlich die Tragkonstruktion aus Brettschichtholz mit begrüntem Dach. Sie überspannt die drei Giraffen-Innengehege.
In Fachkreisen bewunderte man diese ökologische Bauweise und den Mut, riesige Glasflächen für die Außenwände einzubauen, die den Giraffen auch im Winter den Weitblick in die Umgebung ermöglichen. Die Folge: Immer wieder kann der Zoo auch Fachbesucher begrüßen, die wegen des Gebäudes gekommen sind. „Unter anderem war das Gebäude als beispielgebend in einer Architekturzeitung vorgestellt worden“, berichtet Jembere.
Am Anfang wurde das Dach noch gegossen
Das Gründach habe sich bewährt. Michael Banse berichtet: „Am Anfang wurde es sogar noch gegossen. Davon sind wir dann aber schon abgekommen, da sich dort ja eine Vegetation ansiedeln sollte, die Trockenheit verträgt.“ Und auch die fast ausschließliche Verwendung von Holz als Baustoff hat sich ausgezahlt. Michael Banse sagt: „Klar: Den einen oder anderen Holzbalken muss man einmal auswechseln. Aber das ist zu verstehen vor dem Hintergrund, da wir in der Tierhaltung ja keine Holzschutzmittel zum Einsatz bringen können.“
Trotz der kurzen Bauzeit hat das Giraffenhaus jedenfalls nach 30 Jahren Nutzung bisher nur geringe Instandsetzungsarbeiten erfordert, berichtet Regina Jembere. Sie sagt: „Es handelt sich bei diesem Bauvorhaben um eine echte Erfolgsgeschichte.“
Die Rothschild-Giraffe lebt in Uganda und Kenia. Jedes Tier ist individuell gefärbt und kann so unterschieden werden. Giraffen sind die größten Landsäugetiere und perfekt angepasst, um sich von Baumlaub zu ernähren. „Mit der langen Zunge umschlingen sie Zweige und reißen Blätter ab, selbst von dornigen Akazien“, heißt es in der Beschreibung der Tiere des Magdeburger Zoos weiter.
In Magdeburg gab es bislang 21 Giraffen
Im Tierbestand zählte der Magdeburger Zoo seit der Eröffnung des Giraffenhauses, mit dem die Giraffenhaltung in der Landeshauptstadt erst begann, bisher 21 Giraffen, darunter acht Jungtiere. Derzeit leben in Magdeburg die Rothschild-Giraffen Zahra und Shani. Insbesondere 2019 hatte sich als tragisches Jahr für die Giraffenzucht erwiesen: Nach einer Totgeburt war Giraffenkuh Femke gestorben. Zwei Monate später starb ein Jungtier. Wann wieder gezüchtet wird, steht noch in den Sternen – derzeit verfügt der Zoo über keinen Giraffenbullen.
Am Giraffenhaus wird aktuell die alte Voliere, die von Bienenfressern bewohnt wurde, ertüchtigt. Bis zum Frühjahr ziehen hier Webervögel und Doppelspornfrankoline ein. Im Aquarium wird es neue Fischarten zu bestaunen geben.