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Projekt Magdeburger wollen Disco-Unfälle verhindern

Studenten aus Magdeburg versuchen seit 18 Jahren, mit einem Projekt Disco-Unfälle von Fahranfängern zu verhindern. Was dahinter steckt:

Von Tom Wunderlich 29.05.2019, 23:01

Magdeburg l Wer schon in jungen Jahren den Führerschein erworben hat, der kennt die nun folgende Situation. Es ist Freitagabend und die Disco im Nachbardorf veranstaltet die gefühlt hundertste 90er-Party in diesem Jahr. In der Umgebung ist nichts weiter los. Also ab ins Auto und dort hin. Die Party war gut, der Alkohol auch und die Stimmung ausgelassen. Wie der Abend enden wird, können bereits viele erahnen. Das Fahrzeug verunglückt, alle Insassen werden verletzt.

„Wir sprechen hierbei von einem sogenannten Disco-Unfall“, erläutert Wolfgang Heckmann, Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Der Sozialwissenschaftler hat vor 18 Jahren gemeinsam mit seinem damaligen Praktikanten das Peer-Projekt auf die Beine gestellt.

Ziel des Projektes ist es, die Zahl der Fahranfänger, die an tragisch verlaufenden Verkehrsunfällen beteiligt sind, zu reduzieren. Die Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen ist bundesweit überproportional häufig an Unfällen mit Schwerverletzten und Toten beteiligt. Häufig handelt es sich dabei um die sogenannten Disco-Unfälle. Doch womit beschäftigt sich nun dieses Projekt?

„Im Prinzip gehen unsere Studenten in die Fahrschulen und unterhalten sich mit den Fahrschülern über das Thema.“ Dass der Fahrlehrer dies nicht selber mache, habe einen einfachen Grund. „Wenn Gleichaltrige über ein solches Thema reden, dann passiert das auf einer vollkommen anderen Ebene“, so Heckmann. Seines Erachtens habe sich gezeigt, dass die 18- bis 25-jährigen Studenten den besten Draht zu den Fahrschülern aufbauen könnten.

Das spiegelt sich auch in den Zahlen wider, die die Studenten in den letzen 18 Jahren gesammelt haben. Anhand von identischen Vergleichsgruppen wurde so festgestellt, dass die Unfallbeteiligung weit niedriger ist, wenn die Fahrschüler am Peer-Projekt teilgenommen haben. 2018 waren es immerhin 1620 Fahranfänger, die die Chance auf eine Extrastunde genutzt hatten. Derzeit gibt es drei Standorte, von denen aus das Projekt umgesetzt wird. „Dabei handelt es sich um Magdeburg, Merseburg und Stendal“, erläutert Antonia Tappe. Sie koordiniert das Projekt für den Großraum Magdeburg. „Hier haben im letzten Jahr 22 Fahrschulen an unserem Projekt teilgenommen.“

Die Resonanz dazu sei überwiegend positiv gewesen. Natürlich sei noch immer Luft nach oben. „Man muss aber auch bedenken, dass nicht jede Fahrschule bereit ist, eine extra Theoriestunde dafür einzubauen.“

Langfristig gesehen, wollen die Initiatoren flächendeckender arbeiten. Zwar sind bereits neun Landkreise und die Städte Magdeburg, Halle und Dessau mit im Boot, aber trotzdem fehlen noch die Landkreise Mansfeld-Südharz und Wittenberg. Um diese abzudecken sollen in den nächsten Jahren Standorte in Wittenberg sowie im Landkreis Harz entstehen. Auch bundesweit hat das Projekt schon Wellen geschlagen. Bereits zwölf Bundesländer haben eigene Peer-Projekte auf die Beine gestellt.

Heckmann ergänzt: „Aber auch auf europäischer Ebene gibt es bereits Erfolge.“ So gebe es das Projekt schon in mehreren Ländern. Zum Beispiel in Rumänien.

„Eines sollte den Teilnehmern auch klar sein“, schließt Heckmann seine Erklärung, „wir wollen den jungen Menschen nicht das Trinken verbieten.“ Vielmehr gehe es darum, die Fahrer bei Ausflügen dazu zu bewegen, nicht vor Fahrtantritt zu trinken. „Natürlich muss jeder seine eigenen Erfahrungen machen, aber dabei dürfen das Verantwortungsbewusstsein und die Sicherheit der Freunde nicht auf der Strecke bleiben.“