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Töpfermarkt Provokante Keramik: Warum ein Künstler seine Werke gern in Magdeburg ausstellt

Auf dem Töpfermarkt in Magdeburg waren die „Human Sculptures“ von Martin Sprave aus dem Ruhrgebiet zu sehen. Die provokanten Arbeiten locken zur Heiterkeit - und zum Disput.

Von Martin Rieß 09.08.2021, 00:19
Martin Sprave zeigte in Magdeburg seine provikante Kunst aus Keramik.
Martin Sprave zeigte in Magdeburg seine provikante Kunst aus Keramik. Martin Rieß

Magdeburg - Auf dem Domplatz in Magdeburg bestimmten am Wochenende Kunst und Keramik das Bild: Zahlreiche Kunsthandwerker aus ganz Deutschland waren gekommen und zeigten den Menschen zwischen den sprudelnden Fontänen des Wasserspiels, wie vielfältig und abwechslungsreich individuell gestaltete Gefäße und Figuren aus Ton sein können.

Unter den Gästen war auch Martin Sprave, der mit seiner Frau Diane Tafel zum wiederholten Mal aus seinem Atelier in Herdecke im Ruhrgebiet nach Magdeburg gekommen ist. In seinen Werken zeigt er unter dem Titel „Human Sculpture“ vor allem Menschen. Er sagte: „Es geht mir zum einen darum, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten, dabei auch ironisch zu überspitzen und zu persiflieren.“

Skulpturen sollen Grenzen überschreiten

Dass er dabei auch Grenzen überschreitet, die manch Betrachter nicht überschritten wissen möchte? „Das darf für einen Künstler kein Problem sein. Kunst soll ja gerade zum Streiten und zum Diskutieren anregen und muss nicht jedermanns Geschmack sein.“ Ein Thema ist für den Künstler so derzeit das Bestreben nach einer geschlechtsneutralen Sprache.

Auf der einen Seite des Standes – den er gern auch Ausstellung nennt – stehen so die „Männer*innen“. Hinter einer maskulin auftretenden Frau ist da ein muskelbepackter Mann in goldenem Bikini zu sehen. Mit den Arbeiten wird auch deutlich, dass er selbst Position bezieht – er sieht eine möglichst geschlechtsneutrale Formulierung der deutschen Sprache sehr kritisch.

Trotz des in Deutschland zuweilen heiß diskutierten Themas demonstriert Sprave, dass es dabei alles andere als verbissen zugehen muss. Das zeigt sich auch an den Reaktionen der Besucher auf seine Arbeiten: Viele Menschen, die über den Magdeburger Domplatz schlendern, bleiben stehen, nehmen sich Zeit für die Skulpturen – und lächeln das eine oder andere Mal ob der teils drastisch überzeichneten und doch so menschlichen Figuren, die da gezeigt werden.

Martin Sprave sagt: „Ich habe seit einigen Jahren sogar die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen gerade in Ostdeutschland an die Themen sehr offen herangehen – mehr als dies oft in meiner Heimat der Fall ist.“

Freiheit der Kunst

Damit schätzt der studierte Designer und Bildhauer auf den Töpfermärkten beispielsweise in Magdeburg eine Freiheit der Kunst. Die, so seine Befürchtung im Gespräch mit der Volksstimme, „scheint in einer aufgeheizten Diskussion zunehmend verloren zu gehen“.

Beim Rundgang über den Töpfermarkt zeigt sich den Besuchern dabei aber auch, dass es nicht allein provokante Skulpturen sind, die zum Nachdenken über die Schönheit locken: Eine Vielfalt an Farben und Formen bei den Töpferwaren wurde geboten, und flankiert wurden die Keramiken auch von anderem Kunsthandwerk: Zu finden waren beispielsweise auch Glas und Korbwaren oder Kleidung und Stoffe. Ohne Frage: Wenn hier nicht der Streit über gesellschaftliche Themen lohnt, dann wenigstens darüber, was die schönsten Objekte sind und was am besten ins eigene Heim passen würde.