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Quarantäne Magdeburg im Ausnahmezustand

Ordnungskräfte kontrollieren in Corona-Quarantänezonen in Magdeburg die Einhaltung der Zwangsisolation. 800 Bewohner sind betroffen.

Von Anja Guse 22.06.2020, 01:01

Magdeburg l Tag 1 nach der Anordnung der Quarantäne für 19 Hauseingänge in Neue Neustadt und Salbke in Magdeburg. Während es am Sonnabendabend vor Ort noch zu Pöbeleien gegen Ordnungskräfte gekommen war, blieb es diesbezüglich gestern ruhig. Von der teils aggressiven Grundstimmung des Vortrages ist zumindest am Vormittag vor Ort nichts zu spüren. Die Straßen mit den von der Quarantäne betroffenen Hauseingängen wirken fast schon gespenstig leer. Nur wenige Passanten sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. Einige von ihnen tragen Mundschutz. Eine junge Frau geht in der Wedringer Straße mit ihrer Hündin spazieren.

Seit acht Jahren wohne sie in Neue Neustadt, berichtet sie, aber das sei schon eine besondere Situation im Moment. Beängstigend, ja - aber irgendwie auch angenehm, so findet die junge Frau, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. „Es ist auf einmal so schön ruhig hier“, meint sie. Sonst seien die Familien mit ihren Kindern oft bis 23 Uhr abends auf den Straßen.

Dass nun wegen der gehäuften Corona-Infektionen punktuell Quarantäne verhängt worden sei, findet sie richtig. „Eigentlich müsste noch viel stärker kontrolliert, müssten vielleicht sogar Ordnungskräfte vor den Eingängen postiert werden“, findet sie.

Doch das ist (noch) nicht der Fall. Nur einige Polizeiautos fahren am Vormittag langsam Streife durch die betroffenen Straßen. Am Nachmittag sind dann wieder gemeinsame Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt zu sehen, gibt es Lautsprecherdurchsagen.

Die Anwohnerin hat beobachtet, dass sich längst nicht alle Betroffenen an die Anordnung, in der Wohnung zu bleiben, halten. „Ich habe Kinder aus einem der Häuser laufen sehen“, berichtet sie. Auch die Volksstimme beobachtete schon am Sonnabend, wie in einem dicht bewachsenen Innenhof am Umfassungsweg Kinder über eine Leiter aus einem Fenster im Erdgeschoss aus- und einstiegen. Zur selben Zeit waren Ordnungsamt und Polizei gerade in den Straßen unterwegs, verschwanden vereinzelt in betroffenen Hauseingängen, vermutlich um mit den Bewohnern zu sprechen.

Dass die Presse vor Ort fotografiert, ist nicht gern gesehen. „Fotos sind verboten, haut ab“, tönt es aus einem Fenster. Auch gestern reagiert eine Bewohnerin auf einem Balkon in der Umfassungsstraße nervös. Als sie die Kamera sieht, wedelt sie hektisch mit den Armen und ist sogleich in der Wohnung verschwunden. Aus geöffneten Fenstern dringen Stimmen. Zu sehen ist kaum jemand.

Beruhigt hat sich die Lage unterdessen im Fieberzentrum in der Brandenburger Straße 8, wo sich Menschen täglich in der Zeit von 9 bis 16 Uhr in insgesamt fünf Kabinen auf das Virus testen lassen können. Während in der Woche lange Schlangen und stundenlange Wartezeiten angesagt waren und teilweise über 300 Abstriche vorgenommen worden sind, fanden sich am Wochenende weniger Besucher ein. „Die Nachfragen sind deutlich gesunken“, schätzte Mathias Tronnier, Geschäftsführender Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), ein. Wurden am Freitag noch 248 Tests vorgenommen, waren es am Sonnabend 118 und am Sonntag 60.

Bis zu vier Ärzte waren am Wochenende im Einsatz. Zusätzlich waren auch zwei mobile Einrichtungen im Stadtgebiet unterwegs, um Abstriche vorzunehmen. Die Kassenärztliche Vereinigung betreibt zusammen mit dem Gesundheitsamt die Fieberambulanz. Tronnier: „Der Austausch mit der Stadt ist sehr gut, die Arbeit beispielhaft.“

Für Fragen kann die Corona-Hotline in Magdeburg unter Telefon 0391/5402000 genutzt werden.