Die unvergessliche und lehrreiche Tour der Familie Becker / Von Schilling, Lira und einem sturen Busfahrer Reise nach Tirol: Ohne Bus und mit "Falschgeld"
Sie haben im Urlaub etwas Verrücktes erlebt? Etwas, worüber Sie vielleicht nach Jahren noch im Familien- und Freundeskreis schmunzeln können? Dann erzählen Sie uns davon, denn wir suchen die "kurioseste Urlaubsgeschichte". Zu gewinnen gibt es Reisegutscheine.
Magdeburg (jw) l Heute können Sie die Urlaubsgeschichte von Klaus Becker und seiner Frau aus Magdeburg lesen: "1992 haben meine Frau und ich bei einem Reiseveranstalter eine zehntägige Reise nach Südtirol gebucht. Für mich war der Begriff Tirol nur in Verbindung mit Österreich zu sehen, also habe ich erst einmal 100 DM in Schillinge umgetauscht.
Die Busreise konnte beginnen. Mit Zubringern wurden wir zum Rasthof Könnern gebracht. Hier standen aufgereiht sechs Busse, an deren Windschutzscheiben das jeweilige Reiseziel zu erkennen war. Meine Frau und ich steuerten mit zwei Koffern auf unseren Bus zu. Vom Fahrer wurden anhand einer Liste die einzelnen Reiseteilnehmer aufgerufen und die jeweiligen Plätze zugewiesen (es war ein Doppelstockbus, unsere Plätze oben vorn). Von früheren Busreisen war uns bekannt, dass die Benutzung der Bordtoiletten von den Fahrern nicht gern gesehen wurde.
Da die Zuweisung der Fahrgäste noch einige Zeit in Anspruch nehmen würde, begab ich mich in Richtung Rasthoftoilette. Nicht, dass es dringend nötig war, aber als vorbeugende Maßnahme. Angekommen am gewissen Ort, prangte dort ein Schild "Sanitäranlagen wegen Reinigungsarbeiten geschlossen". Also zurück zum Bus. Dann die große Überraschung. Von den sechs Bussen stand nur noch einer da. Der Bus in Richtung Südtirol war es leider nicht. Da die Busse bis Leipzig die gleiche Fahrtrichtung hatten, stieg ich in den letzten ein in der Hoffnung, dort unseren Bus und meine Frau zu erreichen (Funktelefone, mit denen sich die Fahrer hätten verständigen können, gab es damals noch nicht).
In Leipzig angekommen, stand meine Frau mit unseren beiden Koffern am Straßenrand in der Nähe vom Hauptbahnhof. Ihr Gesicht kann ich leider nicht beschreiben. Es war eine Mischung von Wut und Verzweiflung. Man hatte nicht mehr damit gerechnet, dass ich Leipzig noch rechtzeitig erreiche und meine Frau dort abgesetzt. Die nächste Bahnverbindung nach Magdeburg wurde ihr noch genannt.
Das Ziel des Busses, in dem ich mich befand, ist mir nicht mehr bekannt. Wir wussten aber, dass in Nürnberg eine Rast geplant war, an der beide Busse beteiligt sein sollten. Über Telefon wurde die Raststelle informiert, den Südtirol-Bus bis zu unserer Ankunft aufzuhalten und meine Frau und mich aufzunehmen.
Wir verzichteten in Nürnberg auf den Imbiss, da unsere Reisegruppe schon 30 Minuten auf uns gewartet hatte. Der Empfang war nicht sonderlich freundlich. Entsprechende Seitenhiebe mussten wir uns auf der Weiterfahrt noch anhören, aber nun ja ...
Von meiner Frau erfuhr ich, nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hatte, was sich in Könnern noch abgespielt hatte: Die Einweisung der Fahrgäste verlief relativ zügig. Der Fahrer stieg ein und startete. Meine Frau stürmte vom Oberdeck nach unten, um den Fahrer zum Anhalten zu bewegen, was auch ohne andere Verkehrsteilnehmer zu behindern möglich gewesen wäre. Er tat es nicht.
Das Ziel in Südtirol war schließlich eine Gaststätte mit Zimmervermietung. Wir bekamen ein Zimmer in der zweiten Etage. Die Sanitärzelle befand sich auf dem Flur und wurde auch von den Gästen der anderen sieben Zimmer genutzt. Unsere Bleibe befand sich an einer Hauptstraße. Im Erdgeschoss betrieb unsere Gaststätte einen Straßenverkauf unter unserem Fenster, der von den Fernfahrern ab morgens 4 Uhr eifrig genutzt wurde. Die Nachtruhe war dann vorbei.
Bei einem Tagesausflug nach Venedig habe ich dann meinen Irrtum bereinigt und meine Schillinge in Lira umgetauscht. Im Bekanntenkreis habe ich das erst viel später erzählt. Es gäbe noch einige Dinge über diese Reise zu erzählen. Die riskante Fahrweise des Fahrers zum Beispiel und die ausgebreitete Zeitung mit den vier großen Buchstaben auf dem Armaturenbrett, wo die seinerzeit gerade passierten Busunfälle bis ins letzte Detail dargestellt waren.
Es war eine lehrreiche Urlaubsfahrt, was uns bei folgenden Fahrten sehr von Nutzen war. Der einzige Nachteil ist: bei Unternehmungen ähnlicher Art lässt mich meine Frau kaum aus den Augen, um nicht wieder allein irgendwo zu landen.