Wasserstraßenkreuz Schaufenster am Schiffshebewerk
Die Bundesregierung will der Stadt Magdeburg ein Geschenk machen, das nicht jeder Stadtrat gerne annimmt.
Magdeburg l 2,6 Millionen Euro will das Bundesverkehrsministerium in den Bau eines Besucherinformationszentrums am Schiffshebewerk investieren. Weil Folgekosten auf die Stadt zukommen, zierten sich einige Stadträte, das Geschenk anzunehmen.
2013 mündete der jahrelange Kampf um den Erhalt des historischen Schiffshebewerkes Rothensee in dessen von Tausenden Gästen bejubelte Wiedereröffnung. „Der Bund wollte das Denkmal einsargen. Hier im Stadtrat herrschte große Einigkeit dagegen. Es wurden über 52.000 Unterschriften gesammelt, ein Förderverein gegründet ...“, erinnerte Wigbert Schwenke (CDU) im Stadtrat an den langen und beschwerlichen Weg bis dahin.
Die Übernahme des Hebewerkes in eigene Regie kostet die Stadt allerdings erheblich Geld. Erst im März musste der Stadtrat zur Absicherung der Saison 2016 rund 380.000 Euro für Betriebs- und Personalkosten freigeben. Die Unterhaltungskosten werden weiter steigen, wenn die Stadt nun ein überraschendes Angebot vom Bund annimmt.
Für 2,6 Millionen Euro will das Verkehrsministerium am Standort ein opulentes Besucherinformationszentrum mit Ausstellungs- und Veranstaltungsfläche, Sanitäranlagen und Besucherterrasse mit Ausblick aufs Hebewerk errichten. Mit Geschenk ist die Gabe allerdings nicht ganz korrekt beschrieben. Die Stadt soll in der Folge monatlich 6400 Euro Miete zahlen, daneben Betriebs- und Personalkosten, die sich auf weitere 7500 Euro monatlich summieren. Pro Jahr schlagen so 166.800 Euro zu Buche. Allerdings rechnet der Wirtschafts- und Tourismusbeigeordnete Rainer Nitsche (CDU) im Gegenzug mit rund 72.000 Euro Jahreseinnahmen aus Eintrittsgeldern.
Nitsche warb im Stadtrat vehement für die Unterzeichnung des sogenannten „Letter of Intent“, der gemeinsamen Absichtserklärung zum Bau und Betrieb des Infozentrums von Bund und Stadt. Er erwartet bei entsprechender Vermarktung deutschlandweites Interesse am Ensemble Hebewerk, Trogbrücke, Sparschleuse, das mindestens deutschlandweit seinesgleichen suche. Nitsches heftiges Werben zur Ratssitzung hatte einen einfachen Grund. Der Finanzausschuss hatte das Projekt zuvor mehrheitlich abgelehnt – wegen zu hoher Folgekosten.
Im Stadtrat machte die SPD-Fraktion mobil gegen das nachträglich teure Millionengeschenk. Denny Hitzroth: „Es ist auch für uns ein großartiges Zeichen des Bundes, der uns die letzten Jahre beim Hebewerk nicht unterstützt hat. Noch beachtlicher wäre es, wenn der Bund es auch selbst betreiben würde. Schließlich will er in einer eigenen Ausstellung auch in seinem Sinne für die Bedeutung der Wasserstraßen in Deutschland werben.“ (Für diesen Teil der Ausstellungsfläche soll die Stadt allerdings auch keine Miete zahlen.) Hitzeroth brachte für die SPD schließlich – quasi als Bedingung für die grundsätzliche Zustimmung seiner Fraktion – einen Antrag ein, demnach der Bund sich langfristig auch am Betrieb des Hebewerkes selbst beteiligen sollte.
„Totschlagsantrag“, nannte CDU-Mann Schwenke das Ansinnen. Grünenfraktionschef Olaf Meister titulierte es etwas milder als „mindestens undiplomatisch“ und befand: „Über so etwas können wir vielleicht neu verhandeln, wenn das Infozentrum erst einmal steht.“
Auch der Linke Oliver Müller bekundete für seine Fraktion einhellige Freude über das Angebot des Bundes: „Wir sollten die ausgestreckte Hand nicht ausschlagen.“
Alfred Westphal (Grüne) berichtete äußerst anschaulich von einem Erlebnis am historischen Schiffshebewerk Niederfinow bei Eberswalde. „Wir kamen bei der Abfahrt an einem riesigen Besucherparkplatz vorbei und ich habe die Leute, die den bewachen, gefragt, wie viele Besucher sie so haben. Da sagten die, so um die 2000 werden es schon gewesen sein. Ich fragte, wie? Diesen Monat? Dieses Jahr? Nee, sagten die, heute!“ Und, so Westphal, „da gibt es keinen Dom weit und breit, kein Hundertwasserhaus, keine Elbe, nur diese alte Blechbüchse“.
Am Ende solidarisierte sich der komplette Rat gegen den SPD-Antrag, woraufhin die Fraktion eine Auszeit beantragte. Im Nachgang stimmten auch die Sozialdemokraten mehrheitlich für die Annahme des Geschenkes vom Bund, auch wenn es in der Folge Geld aus der Stadtkasse kostet.
Das Infozentrum soll also kommen; einen konkreten Zeitplan für den Bau gibt es indes noch nicht. Zunächst steht nun die offizielle Unterzeichnung des „Letter of Intent“ zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Landeshauptstadt Magdeburg an.