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Schließung Kein Happy End für letzte Videothek

In Magdeburgs letzter Videothek werden die DVDs aus den Regalen geräumt. Der Empire Filmverleih ist ab heute Geschichte.

Von Karolin Aertel 19.12.2016, 00:01

Magdeburg l Ein oder zwei Jahre hätte Melanie Heyne-Ahrend der Videothek noch gegeben. Doch fünf oder zehn, so wie es der neue Vermieter der Ladenfläche wünscht, waren dann doch zu viel. Gezählt sind die Tage des Filmverleihs. Nach den ganzen Aufs und Abs der Branche und sämtlichen technischen Neuerungen, denen sie hinterherhecheln musste, geben Onlinevideoportale den Videotheken nun den Todesstoß. Klar, hat man dem Verleih schon das Aus ausgesprochen, als die DVD die Videokassette ablöste. Doch das Internet ist ein übermächtiger Gegner, der auf die Bequemlichkeit der Menschen setzt. Zum Wunschfilm per Mausklick. Da können Videotheken nicht mithalten. Sie schließen.

Ein bundesweites Phänomen: Die Kette Empire schließt derzeit vielerorts die Filialen, so auch jene in der Halberstädter Straße. Melanie Heyne-Ahrend war dort Filialleiterin. Sie möchte nicht gehen und sagen, sie habe vor dem Online-Verleih kapituliert. „Es lief eigentlich noch ganz gut. Wir haben in Magdeburg viele Stammkunden, die regelmäßig kommen.“ Das seien vor allem Ältere gewesen, die kein Internet haben. Aber auch junge Leute kamen, um sich Videospiele auszuleihen. Ebenso Familien, um Filme für ihre Kinder zu holen. Doch, ob es in fünf oder zehn Jahren auch noch so wäre, wage sie nicht zu sagen.

Manche Kunden kenne sie seit knapp 17 Jahren. So lange, wie sie im Empire arbeitete. Zunächst war die 41-Jährige in der Filiale in der Liebknechtstraße tätig. Als diese 2005 schloss, wechselte sie nach Sudenburg. Dass nun auch diese schließt, habe sie nach ihrem Urlaub erfahren. Plötzlich stand an der großen Glasfront nicht mehr Lagerverkauf, sondern Räumungsverkauf.

Gewiss sei es eine Frage der Zeit gewesen. Nun ging es aber doch ganz schnell: Ende November konnten die Kunden das letzte Mal Spiele und DVDs ausleihen, am Wochenende die Bestände kaufen und ab heute wird ausgeräumt. DVDs und Spiele, die nicht verkauft worden sind, werden in die Filiale nach Peine gebracht.

Für Melanie Heyne-Ahrend ist das kein schöner Start ins neue Jahr. Nach neuer Arbeit habe sie schon gesucht. „Es ist schwierig. Ein Großteil der Jobs in Magdeburg sind auf Studenten ausgerichtet - Nebenjobs auf 450-Euro-Basis.“

Dennoch bleibt sie optimistisch. „Es ging bisher immer irgendwie weiter.“ Die Arbeit in der Videothek werde sie natürlich vermissen. Und damit meine sie nicht die unzähligen Filme, die sie von Berufs wegen schauen konnte, um Kunden zu beraten. Schon lange sehe sie sich nur noch ausgewählte Filme an - anders als noch zu Beginn ihrer Arbeit, als täglich der Fernseher lief.

Vielmehr sind es die kleinen Erlebnisse, Beobachtungen und Momente zwischendurch, die ihr fehlen werden. Wenn mal wieder jemand minutenlang durch die Gänge streifte, um dann möglichst unauffällig in der Erotik-Abteilung zu verschwinden. Oder, wenn Kunden sehr spezielle Filmwünsche äußerten. „Glauben Sie mir! In der Hinsicht schockiert mich nichts mehr“, erzählt sie.

Nur, wenn, wie kürzlich geschehen, Jungs - höchstens zehn Jahre alt - in der Horror- und Psychothriller-Abteilung damit prahlen, welche Filme sie schon gesehen haben, da komme sie ins Grübeln. „Das Einhalten von Altersbeschränkungen kann der Online-Verleih nämlich nur bedingt kontrollieren.“ Und ein freundliches Lächeln gibt‘s im Internet übrigens auch nicht.