Bahnhofsmission in Not Stark verkürzte Öffnungszeiten, weil Mitarbeiter fehlen
Auf nur noch ein Drittel hat die Bahnhofsmission ihr Angebot zurückschrauben müssen: die Öffnungszeiten sind stark gekürzt, am Wochenende ist generell geschlossen. "Wir brauchen Hilfe!"
Altstadt l Täglich haben 80 bis 120 Menschen Hilfe bei der Bahnhofsmission gefunden, sagt Adelheid Bornholdt, "wo sollen die jetzt alle hin?" Seit April gibt es nur noch zwei Mitarbeiter in den Räumen auf Gleis 6: Adelheid Bornholdt von der Caritas und Gabriele Bolzek von der Stadtmission. "Zu zweit ist ein Angebot von 6 bis 19 Uhr nicht zu schaffen."
Bis April hatte die Bahnhofsmission "Teilnehmer von Maßnahmen". Sprich: Frauen und Männer mit "1-Euro-Job". Ihre Plätze sind gestrichen worden. Und damit die Öffnungszeiten.
Nunmehr kann die Bahnhofsmission nur noch von 8 bis 14 Uhr Hilfe gewährleisten. Am Wochenende (zuvor von 7.30 bis 15 Uhr geöffnet) bleibt die Einrichtung gänzlich geschlossen.
"Bisher hatten wir den Glauben, dass sich das wieder ändert", sagt Erika Tietze, Leiterin der Stadtmission. "Als wir gestern in der Zeitung lasen, welcher Kahlschlag wegen fehlender 1-Euro-Jobs bevorsteht, haben wir uns erschrocken. Denn auch wir sind auf Teilnehmer dieser Maßnahme angewiesen." Vom Sozialamt sei ihnen mitgeteilt worden, es werde nach Prioritäten entschieden. "Offenbar gehören wir nicht dazu." Und sie fragt besorgt: Was wird aus den Menschen? Jenen, die durch die Maßnahmen Arbeit hatten, wie jenen, denen sie halfen.
Bahnhofsmissionen sind die älteste ökumenische Hilfseinrichtung Deutschlands; es gibt sie seit 120 Jahren. Die Magdeburger Mission war zu DDR-Zeiten ein Hilfsangebot für Reisende (vom Deutschen Roten Kreuz). Nach der Wende wurde sie als ökumenische Einrichtung wiedereröffnet und hatte im vorigen Jahr 20-jähriges Bestehen. Die Bahnhofsmission wird von Caritas und Stadtmission geleitet.
Sie ist Anlaufpunkt für Reisende, die Hilfe benötigen (z.B. beim Aus-, Ein-, Umsteigen) und Menschen, die kein Zuhause haben. Gerade für sie ist die Mission fester Tagesbestandteil, oft einziger Halt im Alltag und Möglichkeit für eine Mahlzeit. Mittags warm, früh und abends als Imbiss. Letzteres entfällt mit der frühen Schließung. "Wer mag, dem geben wir mittags ein belegtes Brot mit", sagt Adelheid Bornholdt. "Das ist nicht der Stein des Weisen, aber wir versuchen, für Reisende und Besucher einen Kompromiss zu finden." Besonders wichtig sind die Gespräche, betont sie. "Zu uns kommen Menschen, die nicht weiterwissen, suizidgefährdet sind in ihrer Hoffnungslosigkeit", erzählt sie aus ihrer Erfahrung. "Dann kommt man über eine Tasse Kaffee ins Gespräch und sucht einen Ausweg. "Wir vermitteln auch an Fachberatungsstellen."
Ehrenamtlich Tätige "sind natürlich eine Hilfe und wir freuen uns über jeden", betont Bornholdt, "aber Ehrenamt hat auch seine Grenzen." Zum Beispiel bei der Verbindlichkeit. Sie haben auch andere Verpflichtungen und Interessen, da sei Kontinuität nicht gegeben. "Aber genau die ist wichtig, um diesen sozialen Dienst zu erhalten."
"Die Politik ist gefordert", sagt schließlich Erika Tietze. Es könne nicht sein, dass noch bei den Ärmsten gekürzt wird. "Ich glaube immer noch."