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Universität 3-D-Mikroskop für Magdeburger Forscher

Mit dem neuen 3-D-Elektronenmikroskop können Materialforscher der Universität Magdeburg unter anderem glühendes Metall untersuchen.

Von Martin Rieß 10.12.2017, 01:00

Magdeburg l Ein wenig Aufregung war in den vergangenen Wochen im Magdeburger Unigebäude der Materialforscher in der Großen Steinernetischstraße spürbar. Nicht alle Tage nimmt man ein Gerät in Betrieb, das zumindest für Norddeutschland einzigartig sein dürfte.

Prof. Dr.-Ing. habil. Thorsten Halle ist geschäftsführender Leiter des Instituts für Werkstoff- und Fügetechnik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und sagt: „Es handelt sich um ein neues Elektronenmikroskop, das uns völlig neue Möglichkeiten zur Analyse von Werkstoffen bietet.“

Während die Magdeburger Materialwissenschaftler bisher nur die Möglichkeit hatten, Werkstoffe zu untersuchen, bevor und nachdem sie gerissen waren, können die Fachleute von der Otto-von-Guericke-Universität jetzt den gesamten Prozess im Elektronenmikroskop verfolgen. „Und wir können jetzt auch Materialien untersuchen, die bis zu 1200 Grad Celsius heiß sind und damit Vorgänge im Werkstoff bei derart hohen Temperaturen beobachten“, berichtet der Uniprofessor. In der Vergangenheit seien solche Untersuchungen in Magdeburg undenkbar gewesen.

Wahrlich spannend ist für Forscher, die sich mit metallischen Werkstoffen befassen, beispielsweise, wann sich aus welchen Gründen Risse im Metall bilden. Das ist ein Faktor, der mitentscheidet, ob z. B. eine Brücke oder auch ein metallisches Hüftgelenkimplantat den Belastungen standhält. „Werkstoffproben können mit der neuen Technik zusätzlich auch dreidimensional analysiert werden“, erläutert Markus Wilke, der als technischer Mitarbeiter das Elektronenmikroskop betreut.

Dreidimensional bedeutet, dass von den Untersuchungsobjekten mit Hilfe eines Ionenstrahls schrittweise zwischen jeder Aufnahme hauchdünne Schichten von ca. 50 Atomen abgetragen werden. Das entspricht einem 5000stel eines feinen menschlichen Haars. Das ist die Größe eines Fußballs im Vergleich zur Länge des Spielfeldes der MDCC-Arena.

Dabei reichen die Anwendungsfälle weit über das hinaus, was für den Bau von Brücken oder Motoren von Interesse ist. Stipendiat Karsten Harnisch berichtet: „Wir haben beispielsweise auch Anknüpfungspunkte an die Entwicklung von medizinischen Produkten.“

Ein Beispiel dafür sind die Materialien für Implantate – sie müssen über Jahre den mechanischen und chemischen Belastungen im menschlichen Körper standhalten. Ein Defekt an künstlichen Knochen oder Gelenken lässt sich nicht mit einer einfachen Reparatur beheben, sondern ist eher mit einer aufwendigen weiteren Operation verbunden.

„Ein weiteres Beispiel für die Erforschung von Materialien ist die Untersuchung von Meteoriten“, berichtet Martin Ecke, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Werkstoff- und Fügetechnik arbeitet. Von Interesse ist dies beispielsweise, weil es in den Weiten des Weltalls Materialphänomene zu entdecken gibt, die unter irdischen Bedingungen nicht auftreten.

In der alltäglichen Anwendung spielen hingegen Farben eine große Rolle. Mit ihrer Technik untersuchen die Wissenschaftler auch Lackschichten. In der 3-D-Darstellung sind die einzelnen Bestandteile des Materials zu erkennen. Thorsten Halle erläutert: „Das können beispielsweise winzig kleine Aluminiumpartikel sein, die für das typische Glitzern eines Metalliclacks verantwortlich sind.“

Das Elektronenmikroskop hat rund 1,4 Millionen Euro gekostet, hinzu kamen Kosten, um den Raum in dem Gebäude der Materialwissenschaftler herzurichten. Finanziert wurde das Gerät zur Hälfte durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft und zur Hälfte durch das Land Sachsen-Anhalt.

Bei der Nutzung stehen an erster Stelle die Forschung – und dabei insbesondere die Grundlagenforschung von keramischen und metallischen Werkstoffen –, aber auch die Einbindung in die Ausbildung der Studierenden der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Die Materialwissenschaftler der Uni freuen sich über die Neuanschaffung und die damit verbundene Stärkung des Wissenschaftsstandorts Magdeburg. Bereits jetzt bestehen enge Zusammenarbeiten mit anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen im In- und Ausland, welche nun zusätzlich ausgebaut werden sollen.

Jedoch gibt es Kooperation nicht ausschließlich mit Forschungseinrichtungen, sondern auch im Rahmen gemeinschaftlicher Forschungsprojekte mit regionalen Unternehmen. Dazu gehören unter anderem das Magdeburger Institut für Lacke und Farben, das Leibniz-Institut für Neurobiologie, die Institute der Max-Planck-Gesellschaft und die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, aber auch überregionale Unternehmen und internationale Konzerne.