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Verkehr Was kostet das Magdeburger Schülerticket?

Ab 2021 fahren alle Kinder und Jugendlichen in Magdeburg kostenlos Bus und Bahn. Über die Mehrkosten gehen die Meinungen weit auseinander.

Von Katja Tessnow 25.10.2019, 01:01

Magdeburg l Von bis zu sieben Millionen Euro pro Jahr spricht Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD), ein entschiedener Gegner des von seinen eigenen Reihen durchgesetzten Vorgehens. SPD-Fraktionschef Jens Rösler geht von rund vier Millionen Euro Mehrkosten im Jahr aus. Aktuell würden die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) aus ermäßigten Schülertickets sogar nur unter einer Million Euro einnehmen. Allerdings ist Ziel der neuen Kostenfreiheit ab 2021 gerade die Steigerung der Nahverkehrsnutzung von Kindern und Jugendlichen – ÖPNV kontra Elterntaxi.

Die Zahlen und vor allem ihr gewaltiger Abstand voneinander sind erklärungsbedürftig.

Für die Verwaltung, heißt, im Auftrag des Oberbürgermeisters, hat der Finanzbeigeordnete Klaus Zimmermann eine Stellungnahme zum kostenlosen Jugendticket verfasst. Zimmermann ist zugleich Vorsitzender im MVB-Aufsichtsrat. Seine Rechnung geht so. Berechtigt zur Nutzung des kostenfreien Tickets ab 2021 wären insgesamt rund 22 000 Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren (Wohnsitz Magdeburg, kein eigenes Einkommen). Kinder unter 6 haben bereits freie Fahrt. Müsste die Stadt für alle 22 000 neuen Freifahrer die für sie günstigste ermäßigte Abo-Karte für 37,12 Euro im Monat bezahlen, fielen satte 9,8  Millionen Euro jährlich an.

2,7 Millionen Euro pro Jahr bezahlt die Stadt bereits aktuell für kostenlose Schülerjahreskarten. Auf sie hat etwa ein Drittel der städtischen Schülerschaft (rund 6800 Mädchen und Jungen) Anspruch, weil ihr einfacher Schulweg je nach Alter mehr als zwei bis drei Kilometer lang ist (Regelung im Schulgesetz Sachsen-Anhalt). Abzüglich der bereits an die MVB geleisteten Zahlungen ergeben sich laut Zimmermann also 7,1 Millionen Euro Mehrkosten im Jahr fürs kostenfreie Schülerticket. Das also sind die rund sieben Euromillionen, von denen Trümper spricht.

So teuer könne es nicht werden, entgegnet sein parteieigenes Lager, weil schließlich nicht davon auszugehen sei, dass jeder ab 2021 berechtigte Schüler und schon gar nicht täglich die Freifahrtmöglichkeit nutzen würde. Dennoch gebe es mit Sicherheit einen „Mitnahmeeffekt“ argumentiert der Oberbürgermeister, weil man freilich erst mal mitnehme, was man kostenlos angeboten bekommt. „Selbst wenn man es nur zweimal im Jahr nutzt“, so Trümper.

Damit bringt das Stadtoberhaupt selbst auf den Punkt, was Gegenstand der nun anstehenden Verhandlungen zwischen Stadt und stadteigenen Verkehrsbetrieben sein muss; eine Abschätzung der Nutzerzahlen und eine daran ausgerichtete Ausgleichszahlung.

Beim Semesterticket für Studenten funktioniert das längst, argumentiert die SPD-Fraktion. In jedem Semester wird angefragt, wie viele Studenten das Ticket wie oft nutzen. Die Ergebnisse von 2016: 84,2 Prozent der Studierenden in Magdeburg fahren an durchschnittlich vier Tagen im Schnitt 1,4-mal mit Bus und/oder Bahn. Würde der Anteil sich in der Schülerschaft ähnlich bewegen, fielen dafür insgesamt 7,3 Millionen Euro Fahrkosten an, hat SPD-Fraktionschef Rösler ausgerechnet und – abzüglich der schon jetzt gezahlten 2,7 Millionen Euro für Schülerfreifahrten – maximal 4,6 Millionen Euro Mehrkosten. Mit Röslers Rechnung decken sich in etwa die Ausgaben in Rostock, wo das komplett kostenfreie Schülerticket bereits zum Schuljahresbeginn eingeführt wurde. Nach Angaben des dortigen Schulsenators bringt die Hansestadt für ihre 18 000 Schüler rund 4,3 Millionen Euro für die freie Fahrt auf. Realistisch geschätzt dürfte sich der Preis, der aus der Stadtkasse ins kostenfreie Schülerticket fließt, zwischen vier und fünf Millionen Euro bewegen. Die Verhandlungen mit den Verkehrsbetrieben stehen noch bevor.