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Nach der OB-Wahl Video: Künftige Oberbürgermeisterin Simone Borris zu Intel und Baustellen in Magdeburg

Simone Borris wird Magdeburgs erste Oberbürgermeisterin. Die künftige Rathaus-Chefin im Interview zur Zusammenarbeit mit dem Stadtrat, zur Intel-Ansiedlung und Baustellen.

Von Rainer Schweingel und Ivar Lüthe Aktualisiert: 09.05.2022, 18:42
Simone Borris wird am 1. Juli 2022 als parteilose Oberbürgermeisterin offiziell ihr Amt antreten. Sie ist damit die erste Frau, die das höchste Amt der Stadt Magdeburg seit 1217 Jahren bekleidet.
Simone Borris wird am 1. Juli 2022 als parteilose Oberbürgermeisterin offiziell ihr Amt antreten. Sie ist damit die erste Frau, die das höchste Amt der Stadt Magdeburg seit 1217 Jahren bekleidet. Foto: Ivar Lüthe

Magdeburg - Nach 1217 Jahren wird in Magdeburg eine Frau das Rathaus übernehmen. Simone Borris tritt am 1. Juli 2022 offiziell ihr Amt an. Was sich die künftige parteilose Oberbürgermeisterin vorgenommen hat und wie sie zu Themen wie Zusammenarbeit mit dem Stadtrat, Intel-Ansiedlung, Baustellen sowie Ordnung und Sicherheit steht, erzählt sie im Interview.

Volksstimme: Frau Borris, Sie sind als parteilose Kandidatin ins Rennen gegangen, wie wollen Sie als parteilose Oberbürgermeisterin im Stadtrat Mehrheiten organisieren ohne eine eigene Fraktion im Rücken? Borris: Das gelingt nur über eine Sachdiskussion. Und ich habe die Hoffnung und die Erwartung, dass die Fraktionen auch in der Sache agieren und nicht irgendwelche persönlichen Befindlichkeiten austragen. Ich würde gern Moderatorin des Prozesses sein – zwischen Verwaltung, Stadtrat und den Menschen in der Stadt.

Ihr stärkster Mitbewerber war Herr Rösler von der SPD, der in der Stichwahl unterlegen ist. Wie werden Sie mit ihm und seiner Fraktion zusammenarbeiten? Für mich ändert sich im Grunde nichts. Und ob er nun Unterlegener ist oder nicht, ich hoffe, dass es an der Zusammenarbeit, die wir zwingend umsetzen müssen, nichts ändert.

Was werden Ihre ersten Maßnahmen sein, wenn Sie in Amt und Würden sind? Es gibt ganz viele Sachen, die angearbeitet sind. Ich werde jetzt versuchen, von Oberbürgermeister Lutz Trümper noch ganz viel mitzunehmen und hoffe auch, dass es hinterher noch viele Gespräche geben kann, wo man die 21 Jahre ein Stück weit reflektiert. Das sind Erfahrungswerte, die ich so nicht haben kann. Ich muss schauen, dass die großen Projekte wie Intel, die Brücke, die noch zu Ende gebaut werden muss und andere Großprojekte zu einem guten Ende gebracht werden.

Intel ist das Stichwort. Wie sehen Sie die Unterstützung der Verwaltung? Was ist Ihr oberstes Ziel? Es gibt einen eigenen Stab für Intel in der Stadtverwaltung. Man kann aber Intel als Stadt nicht allein umsetzen. Wir sind da im engen Kontakt mit dem Land. Das wird die Herausforderung und Chance sein. Wir sind aber auch für Intel eine Chance. Das muss man auch sagen. Alle reden davon, dass Intel eine Chance für uns ist. Das ist sicherlich richtig. Als erstes wird die Baugenehmigung umzusetzen sein. Dann geht es um die Fragestellung Kita, Schule, Unterbringung von den Bauarbeitern. Auch familienperspektivisch: was heißt das für den Wohnungsbau, was heißt das auch für kulturelle und Freizeitangebote. Das wird ein Prozess sein, in dem wir uns langsam schrittweise annähern.

Intel soll einen Forderungskatalog vorgelegt haben im Zusammenhang mit der Ansiedlung. Da geht es um Schulen, Kitas, Straßenbau, Nahverkehr... Das kostet alles Geld. Magdeburg sitzt auf einem Berg Schulden. Wie wollen Sie das finanzieren? Ich denke doch, dass uns das Land unterstützen wird und möglicherweise auch der Bund. Inwieweit Intel ein Stück weit in Vorleistung geht, das muss man klären. Ich persönlich kenne den Forderungskatalog noch nicht im Einzelnen, weil ich an dem Thema noch nicht so dicht dran gewesen bin. Das heißt, ich muss mich da intensiv mit einbringen und von der zuständigen Beigeordneten und dem Oberbürgermeister die entsprechenden Informationen einholen, weil da vieles geschützt besprochen wurde.

Als Oberbürgermeisterin sind Sie Chefin einer großen Verwaltung mit rund 4000 Mitarbeitern. Wie kann man solch einen „Tanker“ führen? Die Mitarbeiter müssen Vertrauen zu einem haben. Ich glaube, dass das bei den meisten auch so ist. Dass sie wissen, dass ich Krisenmanagement beherrsche, dass ich auf die Mitarbeiter zugehe und keinen ,überhirachischen’ Stil führe. Im zweiten Punkt muss man sich natürlich mit den einzelnen Bereichen auseinandersetzen, um zu schauen, wo sind deren Problemlagen. Wir haben Personalprobleme. Das wird ein großer Punkt sein, den ich in Angriff nehmen möchte. Kann man Prozesse verschlanken, kann man effektiver arbeiten, den Kollegen das Arbeiten erleichtern. Wir haben viele unbesetzte Stellen und wir haben eine Alterskohorte, wo wir frühzeitig Personalmarketing machen müssen. Wir sind als Arbeitgeber nicht der einzige in der Stadt, sondern müssen dafür sorgen, dass wir attraktiver werden.

Eines ihrer großen Themen im Wahlkampf war Sicherheit und Ordnung. Der Hasselbachplatz entwickelt sich zum Kriminalitätsschwerpunkt. Wie wollen Sie das Amt für Ordnung und Sicherheit fit machen und hier eingreifen und unterstützen? Das Ordnungsamt ist personell aufgestockt worden. Es sollten ja die Doppelstreifen mit der Polizei umgesetzt werden. Man muss schauen, inwieweit man die Kriminalität ein Stück weit verdrängen kann vom Hasselbachplatz. Das kann nur gelingen, indem ich wieder die Menschen an den Hasselbachplatz bekomme, die die guten Angebote nutzen. Und mit den Vermietern ins Gespräch kommen, ob Chancen bestehen, an andere zu vermieten, die nicht Spätkauf oder ähnliches heißen.

Baustellenkoordination war auch ein Thema Ihres Wahlkampfes. Baustellen heißt: eine Stadt entwickelt sich. Auf der anderen Seite stehen die Menschen im Stau. Wie schaffen Sie den Spagat, beides zueinanderzubringen? Baustellen wird es in der Stadt immer geben. Den Baustellenkoordinator würde ich mir enger heranziehen. Ich glaube, da ist noch Potenzial aus der Baustellenkoordination herauszuholen. Man muss ihn nur noch näher an die Oberbürgermeisterin binden. Und dann auch mit den anderen Baustellenbegleitenden besser koordinieren.

Fast 22 Jahre war Lutz Trümper Ihr Oberbürgermeister. Was würden Sie nicht so machen wie er? Was unterscheidet Sie? (lacht) Ich glaube, ich würde mehr lächeln. Er ist ein Denkertyp, analytisch. Bei ihm ist sofort die Idee im Kopf. Und ihn können sie auch nur mit guten Argumenten überzeugen. Ich würde mit meinen Beigeordnetenkollegen zu mehr Klausurtagungen neigen. Damit man mehr Raum hat, ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen und auch dafür zu sorgen, dass das Ressortdenken aufhört. Dass wir gemeinsam als Beigeordnetenrunde die Stadt in die gleiche Richtung bringen. Das kommt manchmal zu kurz.

Oberbürgermeisterin zu sein heißt auch, Verteilungskämpfe zu bestehen für die Stadt. Insbesondere in Richtung des Landes. Wie kann man hier überzeugen und sich durchsetzen? Ich bin ganz gut vernetzt. Wenn es um Intel geht: Mit Jürgen Ude (Chef der neuen Stabsstelle für Großinvestitionen im Land – Anm. d. Red.) habe ich einen guten Kontakt, mit Sven Schulze (Wirtschaftsminister – Anm. d. Red.) hatte ich auch schon Gespräche, inwieweit man zusammenarbeitet. Man muss gut vorbereitet sein auf Gespräche, die Verwaltung muss mich da gut präparieren. Der Vorteil ist mitunter, dass man als Frau unterschätzt wird. Das sollte man auch nutzen.

Werden Sie die Stadtverwaltung umstrukturieren? Wird es neue Ämter, andere Dezernate geben? Neue Ämter wird es nicht geben, auch keine anderen Dezernate. Den Zuschnitt der Dezernate werde ich mir sicherlich anschauen. Es wird Veränderungen geben, weil sie brauchen als Oberbürgermeisterin einen vertrauten Personenkreis, mit dem sie Strategieentwicklung betreiben könne, die auch innovative Ideen haben und klug unterwegs sind. Gerade, was zum Beispiel Digitalisierung betrifft. Was der OB festgelegt hat, dass das Amt 12 (Amt für Statistik, Wahlen und Digitalisierung – Anm. d. Red.) bei ihm angesiedelt ist, werde ich so beibehalten. Vielleicht noch etwas stringenter. Und auch noch einige andere dazu, die die Stadtentwicklung in eine bestimmte Richtung mit beeinflussen können.

 
Das ganze Interview mit Simone Borris. Video - Kamera: Rainer Schweingel & Ivar Lüthe, Schnitt: Samantha Günther