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Wiesen zerstört Wildschweine zerwühlen Stadtpark Magdeburg

Erneut sorgen die Wildschweine im Stadtpark Magdeburg für Diskussionen - auch im Stadtrat.

Von Katja Tessnow 25.01.2018, 00:01

Magdeburg l „Die Situation ist so nicht mehr tragbar“, schimpft der Magdeburger Stadtratsvorsitzende Andreas Schumann, als er zu Wochenbeginn in seiner Funktion als CDU-Ratsmitglied mit einem persönlichen Anliegen ans Mikrofon tritt. Worüber sich Schumann echauffiert, können Spaziergänger im Stadtpark Magdeburg täglich besichtigen. Für jene Ratskollegen, die länger nicht im Park waren, illustriert Schumann seine Anfrage an die Stadtverwaltung mit einer kleinen Fotoschau. Seine Aufnahmen von verschiedenen Standorten gleichen sämtlich jenem Bild über diesem Beitrag.

Hungrige Wildschwein-Rotten haben auf Nahrungssuche Wiesenfläche in beträchtlichem Ausmaß zerstört. Schumann fragt nach der Schadenshöhe, dem Gefährdungspotenzial für Menschen in der bevorstehenden Frischzeit (Geburt der Frischlinge) und vor allem, was die Stadt Magdeburg gegen Gefahren und Schäden tue. „Die Wildschweine müssen dringend dezimiert werden“, so Schumanns Forderung.

Für die Stadtverwaltung Magdeburg antwortet Feuerwehrchef Helge Langenhan in Vertretung des Beigeordneten für Ordnung und Umwelt. 20 Wildschweine seien im Jahr 2017 im Stadtpark und angrenzenden Anlagen gestreckt worden. Zwar ist der Park, wie fast das gesamte Stadtgebiet, ein befriedeter Bereich mit Jagdverbot. In einzelnen Teilbereichen hat die Stadt Magdeburg allerdings bereits 2013 eine Erlaubnis für die sogenannte Ansitzjagd erteilt – im Sinne der Gefahrenabwehr, womit auch die Gefahr von Schäden am Stadtgrün gemeint ist.

Die aktuelle Wildschweinpopulation im Stadtpark beliefe sich auf zwei Rotten mit zusammen rund 30 Tieren. Die Einstellung eines stadteigenen Jägers – auch danach hatte Schumann gefragt – sei nicht geplant, da die Stadt Magdeburg im Jagdbeirat und in der Projektgruppe Wildtiere über jagdlichen Sachverstand verfüge. Letzteres Team sei just dabei eine aktuelle Einschätzung zu Gefahren im Park für Mensch und Tier (Hunde) zu erarbeiten.

Für Erheiterung sorgte der Feuerwehrchef – in der Regel in Uniform unterwegs – mit einer kleinen und beruhigend gemeinten Anekdote aus seinem Arbeitswege-Alltag: „Ich fahre abends oft mit dem Fahrrad durch den Park und bin schon mehrfach auf Wildschweine getroffen. Nach kurzem Klingeln suchen sie sofort das Weite, zumindest bei mir. Noch.“

Zu dem Schäden an Grünflächen machte Langenhan keine Ausführungen. Die Volksstimme fragte beim städtischen Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe nach und erhielt über den Rathaussprecher Michael Reif folgende Auskünfte: „Die Flächen wurden noch nicht vollständig erfasst, da nahezu täglich welche dazukommen. Im Prinzip sind sämtliche Wiesenflächen im Stadtpark betroffen.“

Das geschätzte Ausmaß zerstörter Wiesen liege bei 40.000 bis 50.000 Quadratmeter (4 bis 5 Hektar), was einer Fläche von sieben Fußballfeldern entspricht. Insgesamt ist der Park rund 200 Hektar groß, was den Anteil zerstörten Grüns etwas relativieren mag. Allerdings beantworten die Stadtgärtner die Frage, ob sich die Lage aus ihrer Sicht verschärft habe, mit einem klaren Ja.

Allein für die Beseitigung der aktuellen Schäden seien 120.000 bis 150.000 Euro (3 Euro pro Quadratmeter) aufzuwenden. Wobei die Planierung mit schwerem Gerät und Aussaat aktuell wenig Sinn mache, weil davon auszugehen sei, „dass bei dem aktuellen Schwarzwildbestand neu angelegte Flächen ebenfalls wieder zerstört werden“, so Rathaussprecher Reif.

Kurz: Die Magdeburger Stadtgärtner sind offenbar etwas ratlos und so wenig wie der Ratschef erfreut über die Schweinerei im Park.

Etwas anders schätzen Kreisjägermeister Gerd Petzoldt und seine Kollegen die Situation ein. Erst am 23. Januar 2018 hat der Jagdbeirat zur Sache getagt; Petzoldt steht ihm vor. Auf Volksstimme-Nachfrage gibt er die aktuelle Einschätzung des Gremiums weiter. „Wir haben keine neuen Erkenntnisse über eine etwa verschärfte Situation.“ Die Population im Park sei mit zwischen 20 und 30 Tieren relativ stabil und die aktuell noch bis 30. April erlaubte Einzeljagd in Teilbereichen des Parkes durchaus erfolgreich.

Zur Erinnerung: 2012/13, als die Stadt Magdeburg nach einer umstrittenen und relativ erfolglosen Treibjagd im Park (eine Sau erlegt) die Einzeljagd erlaubte, wurden 60 bis 80 Wildschweine gezählt. Mit Blick auf die aktuelle Lage klingt der Kreisjägermeister alles andere als schießwütig: „Das ist eine Abwägungsfrage in einem sehr sensiblen Bereich.“ Er sähen aktuell keinen Handlungsbedarf über die Einzelbejagung hinaus.

Übrigens auch nicht aus Gründen der Afrikanischen Schweinepest. Petzoldt: „Sie ist noch 300, 400 Kilometer von uns entfernt und unsere Populationen noch nicht gefährdet. Wenn sie gefährlich nahe kommt, sind Wildschweine in der Tat erster Überträger und wir müssten radikal handeln.“