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Coronavirus Corona vom Camp fernhalten

Dank der in Bergfriede beheimateten Christin Mothsche ist ein Blick auf die Corona-Pandemie im weit entfernten Bangladesch möglich.

Von Harald Schulz 23.03.2020, 05:00

Oebisfelde l  Dort arbeitet sie für das Hilfswerk Caritas International in einem Camp mit zirka 20.000 Rohingya-Flüchtlingen aus Myanmar, das sich im Bereich der Stadt Cox´s Basar befindet. Bereits im August 2019 hatte Christin Mothsche über die humanitäre Caritas-Arbeit in dem Flüchtlingslager berichtet. Sie arbeitet für die Caritas dort als Projekt-Koordinatorin. Vor Wochen ahnte noch niemand, dass der Covid-19-Erreger auch in Cox´s Basar entdeckt wird. Mothsche berichtet nun, dass in Bangladesch bisher lediglich 17 bestätigte Corona Fälle amtlich festgestellt wurden. Mittlerweile hat es den ersten Todesfall durch die Infektion gegeben. Das große Aber dabei: Einige Hundert Menschen befinden sich in eigens auferlegter Quarantäne, da sie kürzlich aus anderen Staaten eingereist sind.

„In Cox’s Bazar und den Camps hatten wir glücklicherweise bisher keine Fälle. Die Gesundheit und das Wohlergehen der Camp-Bewohner hat unsere oberste Priorität. Obwohl es derzeit keine Verdachtsfälle von Covid-19 in den Lagern gibt, nehmen wir die Situation sehr ernst und beobachten sie genau“, heißt es von Mothsche. Wie sie erläutert, ergreift die humanitäre Gemeinschaft alle vorbeugenden Maßnahmen, um die Risiken einer Infektion zu minimieren. Im gleichen Atemzug sind solche Schutzmaßnahmen wichtig, um weiterhin die wesentlichen Aktivitäten so weit wie möglich fortsetzen zu können.

Die humanitäre Gemeinschaft in Cox´s Basar befolgt strikt die Empfehlungen der Regierung, betont Mothsche. Dazu gehört die Einschränkung von Reisen, die nicht unbedingt notwendig sind, und die Selbstquarantäne für 14 Tage für Passagiere, die aus von Corona betroffenen Ländern zurückkehren. Die Regierung hat alle Einreisen aus Europa, ausgenommen Großbritannien, untersagt und es werden keine Touristenvisa am Flughafen für die nächsten zwei Wochen ausgestellt. Viele Flugverbindungen sind komplett gestrichen. Bisher gibt es jedoch keine Ausgangssperren oder Einschränkungen wie in Deutschland, berichtet die Bergfriederin.

Zu den gemeinsamen Maßnahmen der Hilfsorganisationen vor Ort gibt Mothsche eine Übersicht: Für das Personal in Gesundheitseinrichtungen wurde eine Schulung zur Infektionsprävention und -kontrolle (IPC) durchgeführt, bei der Maßnahmen zur Kontrolle von Covid-19 erläutert wurden. Diese wurde in allen Kliniken und Einrichtungen, die die Rohingya-Lager versorgen, vorgenommen.

Mehr als 250 Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen wurden geschult. Darüber hinaus erhalten bis zu 250 klinische Ansprechpartner der Gesundheitseinrichtungen Auffrischungsschulungen zum Frühwarn- und Notfallsystem (EWARS), während Mitarbeiter und Partner der humanitären Hilfe an Informationsveranstaltungen zu Covid-19 teilnehmen, um Risiken zu verringern. Alle Partner im Gesundheits-, Wasser-, Sanitär- und Hygienebereich führen regelmäßig Hygieneförderungsmaßnahmen in den Lagern durch.

Mehr als 1400 Freiwillige aus dem Gesundheitsbereich der Flüchtlingsgemeinden arbeiten in den Lagern, um sicherzustellen, dass die Schlüsselbotschaften regelmäßig an die Flüchtlingsbevölkerung weitergegeben werden. Dazu gehören systematische Botschaften zur Gesundheitsprävention und -förderung. Mehr als 400 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus dem Bereich „Protection“ unterstützen auch die Informationsweitergabe.

Quarantäneeinrichtungen wurden von der Regierung außerhalb der Camps eingerichtet. Die Erfassung von Isolationseinrichtungen, Krankenwagen und Gesundheitseinrichtungen ist zudem angelaufen.

Auch alle weiteren Hilfsorganisationen sorgen dafür, dass Wasser und Seife leicht zugänglich sind. Zusätzliche Maßnahmen, darunter die Erhöhung der Zahl der Handwascheinrichtungen in den Verteilungszentren, Gesundheitsstationen, den Gemeindezentren und anderen Orten, an denen Dienstleistungen erbracht werden, sind im Gange.

Die Regierung hat einen nationalen Vorsorge- und Notfallplan erstellt, der als Richtlinie für alle Organisationen vor Ort gilt und ein sektorübergreifender Notfall- und Gesundheitsplan für die Camps wird derzeit von den Hilfsorganisationen erarbeitet.

Alle Mitarbeiter der Caritas wurden über Präventionsmaßnahmen aufgeklärt und entsprechende Maßnahmen in den Büros ergriffen, wie beispielsweise Sitzabstand, Bereitstellung von Desinfektionsmitteln, regelmäßige Reinigung des Büros und der Arbeitsplätze, Verhalten bei Infektion, generelle Hygienehinweise.

Die Kommunikation mit der Bevölkerung läuft über Radiospots, Videos und Mitteilungen, die von Imamen und anderen Gemeindeleitern und Freiwilligen weitergegeben werden, sowie über Lernzentren und alle gemeindebasierten Zentren, in denen erklärt wird, wie sich das Virus verbreitet, wie die Menschen sich und ihre Familien schützen können, welche Symptome auftreten und wie sie Hilfe bekommen.

Die Regierung hat mittlerweile alle Schulen im Land sowie Lerneinrichtungen in den Camps geschlossen. Viele reguläre Aktivitäten in den Kinder- und Frauenzentren sowie Lerneinrichtungen werden ausgesetzt. Aufklärungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen dürfen und sollen aber weiterhin durchgeführt werden, was die Caritas in ihren elf Kinder-, fünf Frauen- und neun Lernzentren bereits umsetzt.

In Bangladesch sind oder werden alle Schulen, Tagesstätten und sogenannte Drop-in-Center geschlossen. Größere Veranstaltungen, Seminare und Workshops wurden abgesagt. In allen Regional- und Projektbüros der Caritas wurden Komitees eingerichtet, die die Pandemie-Situation versuchen zu minimieren und weiterhin die Camp-Bewohner informieren. „Bisher ist noch nicht abzusehen, wann und in welchem Ausmaß wir andere Aktivitäten, wie den Bau von Unterkünften und Katastrophenpräventionsmaßnahmen zur Vorbereitung auf Zyklon- und Monsunsaison, einschränken müssen“, heißt es von Christin Mothsche.