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Mauerfall Vieles zum Guten gewendet

Im Rittersaal der Oebisfelder Burg wurde ein Festakt aus Anlass"30 Jahre Mauerfall" veranstaltet.

Von Harald Schulz 11.11.2019, 05:00

Oebisfelde l „Ich war und bin jeweils 30 Jahre ein Ossi und ein Wessi.“ Diese Aussage nahm der Bürgermeister der Einheitsgemeinde mit der offiziellen Bezeichnung Stadt Oebisfelde-Weferlingen, Hans-Werner Kraul (CDU), beim Festakt „30 Jahre Mauerfall“ zum Anlass, diese Zeit zu beleuchten. Er tat dies, indem er die Metapher „Haleufel“, also die Worteinkürzungen von Halleluja und Teufelswerk, vielfältig nutzte.

In diesem Vergleich sah Kraul es als geschichtlich herausragendes Weltereignis an, dass es die Kraft der DDR-Bürger ermöglicht hatte, dass die Staatspräsidenten der UdSSR und US-Amerikas auf die SED-Regierung einwirkten, sodass der 9. November 1989 als der Tag der friedlichen Revolution in der DDR in die Geschichtsbücher einging.

Diese Friedens- und Freiheitsbewegung im Osten Deutschlands hätte auch anders ausgehen können. Nämlich, wenn die sogenannten bewaffneten Organe tatsächlich versucht hätten, das Volksbegehren zu vereiteln. Das verdeutlichte Kraul am Massaker vom 4. Juni 1989 auf dem Platz des Friedens in Peking. 2600 Menschen fanden dort den Tod, 7000 wurden schwer verletzt, weil sie für Veränderungen am System friedlich eingetreten waren. „Umso mehr muss der rückblickende Dank vorwiegend den tapferen, aber auch den besonnenen Menschen in der ehemaligen DDR gelten“, urteilte Kraul.

Der Bürgermeister der Einheitsgemeinde erinnerte weiterhin daran, „dass bis heute keine Verfassung existiert, stattdessen lediglich ein sehr gutes Grundgesetz“. Für ihn ein bedeutendes Versäumnis.

In seinen Ausführungen versäumte Kraul es nicht, alltägliche Vorteile zu DDR-Zeiten mit den heutigen zu vergleichen. So gab es damals einen Triebwagen auf der Schiene, der Städte und Dörfer von Salzwedel bis Oebisfelde verband – ein echter öffentlicher Nahverkehr. Auch die Existenz von Polikliniken bedeuteten beste medizinische Versorgung, ohne Mitbewerberdruck. Und: Es existierten Altstoffsammlungen, die heute unter dem Begriff Recycling laufen, so Kraul. Doch das setzt für ihn voraus, dass der Abfall aufbereitet wird und nicht aus Hochbrennöfen verpufft.

Als „Haleufel“ sah Kraul auch das nicht Vorhandensein von Arbeitslosen in der DDR an. Dieses einerseits beglückende Merkmal war aber zugleich eine der Ursachen, weshalb die DDR-Volkswirtschaft zusammenbrach, so der Bürgermeister. „Ohne den Milliarden-Deal zwischen der DDR und dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß wäre der Staatsbankrott schon 1983 perfekt gewesen“, so Krauls Sichtweise.

Börde Landrat Martin Stichnoth (CDU) war am Tag des Mauerfalls gerade einmal zwölf Jahre jung. Westfernsehen war selbstverständlich geheime Familiensache. Nach Oebisfelde zu Verwandten fahren, war nicht beliebt, weil die Stadt in der Sperrzone lag, Passierscheine erforderlich waren.

„Dass alles ist heute schwer vorstellbar, doch die Erinnerung daran ist wichtig“, hieß es vom Landrat. „Der Landkreis Börde steht wirtschaftlich und am Arbeitsmarkt glänzend da. Es gilt aber noch weiterhin Dinge zu verbessern“, so Stichnoth. Beispielsweise nannte er das Vorhaben für eine Poliklinik.