1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oebisfelde
  6. >
  7. Oebisfeldes hässliche Visitenkarte: schwieriges Zusammenspiel zwischen Kommune und Investor in Sachen Bahnhofssanierung

Gewerbeflächen Oebisfeldes hässliche Visitenkarte: schwieriges Zusammenspiel zwischen Kommune und Investor in Sachen Bahnhofssanierung

Der Bahnhof ist die Visitenkarte einer Stadt. In Oebisfelde ist diese jedoch kaum noch lesbar. Das alte Gebäude ist in keinem guten Zustand. Auch sonst liegt dort einiges im Argen. Ein Investor will das ändern. Was jedoch fehlt, sind Mieter für die etwa 720 Quadratmeter Gewerbefläche im Erdgeschoss.

Von Ines Jachmann Aktualisiert: 02.09.2021, 18:03
Der Oebisfelder Bahnhof steht seit geraumer Zeit komplett leer. Neben dem Haupteingang befand sich die frühere Mitropa-Gaststätte. Wenn sich nicht bald Mieter finden, könnte die Leere ein Dauerzustand werden.
Der Oebisfelder Bahnhof steht seit geraumer Zeit komplett leer. Neben dem Haupteingang befand sich die frühere Mitropa-Gaststätte. Wenn sich nicht bald Mieter finden, könnte die Leere ein Dauerzustand werden. Foto: Jens Pickert

Oebisfelde - Vor fünf Jahren hat die Bayerische Liegenschaften Portfolio OHG das Bahnhofsgebäude in Oebisfelde gekauft. Jetzt will das Unternehmen Flächen davon instandsetzen. Hauptsächlich die im unteren Bereich der Immobilie, die Gewerbeflächen. Doch es gibt ein Problem. Denn es fehlen Mietinteressenten. „Wir würden die Gewerbeflächen gern nach Mieterwunsch ausbauen“, erklärt Maximilian Neumayr, einer der drei Geschäftsleiter des Unternehmens im Gespräch mit der Volksstimme.

Gewerbesteuern sind für Kommunen wichtige Einnahmequellen. Doch sie werden immer weniger. Leere Geschäfte prägen die Innenstädte. Schilder mit „Laden zu vermieten“ oder „Büroflächen zu vermieten“ gehören zum Bild. Auch in der Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen. Um so schöner, wenn sich ein Investor für eine leerstehende Immobilie findet. Wie im Fall des Bahnhofsgebäudes. Entsprechend groß waren die Erwartungen an die Eigentümer, das geschichtsträchtige Gebäude aus dem Jahr 1880 wieder mit Leben zu füllen. Das ist fünf Jahre her. Passiert ist nichts.

Betreiber der Flächen müssen vor Ort sein

„Alle wollen immer chic und schön, verstehen aber nicht, dass wir für die Umsetzung auch eine gewisse Hilfe brauchen. Ich rede nicht von Geld. Wir brauchen Mieter“, erklärt Neumayr. Seiner Meinung tun viele Kommunen zu wenig, um das Ausbluten der Innenstädte zu verhindern. Dass es nicht leicht sei, Gewerbe anzusiedeln, weiß er. Doch in Bezug auf das Oebisfelder Bahnhofsgebäude ist er sich sicher, dass es bestimmt Interessenten dafür gebe, die sein Unternehmen aus 700 Kilometern Entfernung nicht kennt. „Wir sind gern bereit, richtig Geld in die Hand zu nehmen und zu investieren. Aber den Betreiber dieser Flächen brauche ich vor Ort.“

In großen Städten fänden sich schnell Global Player dafür. In den kleinen Gemeinden brauche es jedoch die lokalen Unternehmer. Die acht Wohnungen in der oberen Etage seien nicht das Problem. Die werden renoviert, instand gesetzt und neu vermietet. Für die 716 Quadratmeter Gewerbefläche brauche es Mieter. Ob Fitnessstudio, Restaurant, Imbiss – theoretisch sei fast alles machbar.

Viel Erfahrung mit alten Bahnhöfen

Erfahrungen mit alten Bahnhofsgebäuden hat das Unternehmen genug. „Wir haben ein Portfolio mit 107 Standorten übernommen. Alle in einem etwa vergleichbaren Zustand, wobei das Gebäude in Oebisfelde schon zu den größeren Gebäuden gehört.“ Auch die Kommunen seien von der Größe vergleichbar. Einziger Unterschied: „Die einen unterstützen uns, andere sagen: Wir hätten gern. Es funktioniert aber nur gemeinsam. Wir als Investor sanieren erst dann, wenn wir eine Idee dazu haben.“ Und letzteres sei genau der Punkt, denn den Bedarf für Oebisfelde kennen Neumayr und sein Team nicht.

Da seien Wirtschaftsförderer und Bürgermeister gefragt. Diese Zusammenarbeit ist wichtig, betont der Investor. „Wir haben viele Standorte, wo das Zusammenspiel funktioniert.“ Mancherorts seien sogar Verwaltungstracks und Büroflächen entstanden. Als sie vor fünf Jahren die Bahnimmobilien übernommen hatten, lag die Vermietung bei 40 Prozent. Mittlerweile liege der Wert bei 80 Prozent. Aktuell müssen noch acht Standorte saniert werden. Sollte Oebisfelde aus Mangel an Interessenten rausfallen, wäre es vorbei. „Wir sind als Unternehmen auch gewissen Finanziers verpflichtet.“ Im Klartext heißt das: Die Standorte, an denen nichts geht, fallen raus aus der Gesellschaft und werden ihrem Schicksal überlassen. Es sei denn, es findet sich ein Käufer. Da es sich jedoch um Abschreibungsobjekte handelt, dürfte der Preis dementsprechend hoch sein.

Kontakte hergestellt

So weit will es der Bürgermeister Hans-Werner Kraul nicht kommen lassen. „Wir als Kommune sind sofort bereit, die Verbindung aufrechtzuerhalten und gemeinsam etwas für das Bahnhofsgebäude auf den Weg zu bringen.“

Zuarbeit seitens der Stadt habe es in den vergangenen Jahren schon gegeben, bekräftigt Peter Schorlemmer, Wirtschaftsförderer der Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen. Kurz nachdem der Investor die Immobilie kaufte, habe man sich zu einem Gespräch in Oebisfelde getroffen. Zudem habe Schorlemmer einen Interessenten für ein Fitnessstudio und Fördermittel-Möglichkeiten zugesendet, allerdings keine Antwort darauf bekommen. Aktuell gebe es die Sozialgenossenschaft Tagespflege aktiv aus Wolfsburg, die die Gewerbefläche gern für Schulungsräume und einen Seniorentreff, ein BIT_Zentrum, nutzen möchte. Eventuell sei auch ein kleiner Kiosk geplant.

Schorlemmer habe den Kontakt hergestellt, betont er. Bisher sei es aber zu keiner Einigung gekommen. „Wir sind ja froh, wenn was passiert. Wenn man aus dem Zug aussteigt und sieht einen heruntergekommenen Bahnhof, wirft das ein schlechtes Bild auf die Stadt.“

Seit Jahren steht die Bahnhofshalle leer. Dabei bietet die unterer Etage perfekte Gewerbeflächen für Gastronomie, Büros oder auch Fitnesscenter.
Seit Jahren steht die Bahnhofshalle leer. Dabei bietet die unterer Etage perfekte Gewerbeflächen für Gastronomie, Büros oder auch Fitnesscenter.
Foto: Bayerische Liegenschaften Portfolio OHG