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Landkreis Börde Mitarbeiter: Diktat im Rathaus

Die Kommunikation in der Stadtverwaltung Oebisfelde-Weferlingen steht in der Kritik. Bürgermeister Hans-Werner Kraul wehrt sich dagegen.

Von Harald Schulz 03.02.2021, 00:01

Oebisfelde l Vorausgeschickt muss werden, dass der Verfasser oder die Verfasserin dieses Schreibens nicht genannt werden will. Aufgrund der Darstellung in der E-Mail und bereits mehrmals durch Stadtratsmitglieder in Sitzungen angemahnter Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Rathäuser in Oebisfelde und Weferlingen erhält das Schreiben in der Aussage öffentliches Gewicht.

Der E-Mail ist zu entnehmen, dass in den Rathäusern der Stadt Oebisfelde-Weferlingen wegen Corona so viele Kontakte wie möglich einzuschränken sind, sogar verboten sein sollen. Auf das Berufsleben gesehen, gelten jedoch andere Regeln. In Unternehmen wird deshalb Homeoffice angeboten. Bei der Stadtverwaltung Oebisfelde-Weferlingen laufe das leider anders, wird in dem Schreiben bedauert.

Es wird mitgeteilt, dass bis zum Spätsommer 2020 in der Stadtverwaltung noch weiterhin in Doppelbüros gearbeitet wurde, es galt auch keine Maskenpflicht außerhalb des eigenen Büros. Als eine Mitarbeiterin auf eine Corona-Infektion positiv getestet wurde, habe es von der Chefetage dazu keinerlei Informationen gegeben. Das sei so hinzunehmen, lautet der Vorwurf. Das wird in dem Schreiben als „unter den Tisch gekehrt“ empfunden. Da die Corona-Lage immer schlimmer wurde und der nächste Lockdown vor der Tür stand, hatten die Mitarbeiter die Hoffnung, endlich im Homeoffice arbeiten zu können. Eingeräumt wird, dass das nicht in allen Bereichen machbar ist, aber auch hierfür Lösungen wie beispielsweise ein Wechselmodell existieren.

Statt aufmunternder, ermutigender Worte, habe es maßregelnde E-Mails von einer Amtsleiterin gegeben, wird kritisiert. Es folgten Hinweise, wie „man solle nicht in die Büros anderer Mitarbeiter gehen“, „lieber das Telefon oder E-Mail nutzen“ oder „nur in dringenden Fällen ist es erlaubt“. Widersetzt man sich diesen Hinweisen, habe es Konsequenzen gegeben, so die Angabe in der E-Mail.

Es werden die Fragen in diesem Zusammenhang aufgeworfen, weshalb die Sitzungen des Stadtrates und der Ortschaftsräte weiterhin in großer Runde stattfinden, warum die Amtsleiterrunde nicht über Skype oder Facetime abgehalten werden kann. Jeder in der Chefetage habe ein Tablet, womit es technisch möglich wäre. Stattdessen zeige man lieber mit belehrendem Finger auf die Belegschaft. Mit gutem Beispiel gehe man nicht voran.

Eingeräumt wird, dass man sich bewusst darüber ist, dass es an technischen Mitteln für solch eine Anzahl an Homeoffice-Arbeitsplätzen mangelt. Die Stadt wisse aber nicht erst seit gestern von der Pandemie. Es sei genügend Zeit gewesen, die nötige Technik zu beschaffen. Erst vor wenigen Tagen folgte dann eine, wie empfunden wird, sehr unter Druck setzende Homeoffice-Abfrage: Möchten Sie im Homeoffice arbeiten? Wenn ja, entfalle allerdings der Platz für die Notbetreuung ihrer Kinder. Und weiter: „Ein Homeoffice-Arbeitsplatz ist nur möglich, wenn man zu Hause einen abschließbaren Raum mit einem abschließbaren Container/Schrank, zur Verfügung hat.“

Solle damit zum Ausdruck kommen, so die Schlussfolgerung in der Mail, dass die Mütter, wenn sie denn im Homeoffice arbeiten, sich in diesem besagten Raum verbarrikadieren und die Kinder sich selbst überlassen werden? Kinderbetreuung und Homeoffice gleichzeitig – wie stelle sich die Verwaltung das vor?

Die Antworten von Bürgermeister und Verwaltungschef Hans-Werner Kraul: „Die Stadt Oebisfelde-Weferlingen hat einen Pandemieplan zum Schutz ihrer Mitarbeiter und die Verwaltung aufsuchende Bürger aufgestellt. Dem geforderten Pandemiezirkel gehören neben mir als Hauptverwaltungsbeamten ausnahmslos Beschäftigte der Stadt an, die für ihr Kollegium selbstverständlich fürsorglich tätig sind. Dieser Zirkel tagt jede Woche, bei Bedarf auch häufiger. Hier werden alle uns bekannten Probleme, Sorgen, Ängste und Befürchtungen thematisiert und einer praktikablen Lösung zugeführt.“

Bereits im Jahr 2020 wurde in der Verwaltung Homeoffice in dem möglichen Rahmen praktiziert, vorrangig wurden hierbei Risiko-Personen berücksichtigt. Bei der Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes müssen arbeitsrechtliche Vorgaben eingehalten werden. Auf dieser Grundlage wurde ein Fragenkatalog erstellt. Die Eindämmungsverordnung regelt, dass ein Anspruch auf Notbetreuung in einer Kita-Einrichtung für Eltern, die im Homeoffice arbeiten, nicht besteht.

Der Anteil von doppelt belegten Büros in der Verwaltung ist sehr gering. Hier wurden schon Trennungen und Entzerrungen in dem möglichen Rahmen realisiert. In den drei noch verbleibenden Doppelbüros wurden zur Einhaltung der Lüftungsvorgaben optische Raumluft-Kontrollanlagen installiert, so Kraul.

Informationen über eine Infektion von Beschäftigten unterliegen dem Datenschutz. Innerhalb des Pandemieplans ist der Handlungsablauf festgelegt. Hier verfolgt der Arbeitgeber analog zum Gesundheitsamt die Kontakte der letzten 48 Stunden zu weiteren Beschäftigten der Stadt und leitet die entsprechenden Schritte ein. Bei Nichteinhaltung der Pandemieregeln reagiert die Stadtverwaltung selbstverständlich zum Schutz aller Mitarbeiter mit einem regulierenden Hinweis. Aufmunternde und ermutigende Hinweise erfolgten und erfolgen situationsbezogen, heißt es von Kraul.

Die Sitzungen der Gremien finden nach der aktuellen Eindämmungsverordnung statt, die Beratungen auf Leitungsebene erfolgen unter Einhaltung sämtlicher Hygiene- und Sicherheitsregeln. „Auf Probleme, Sorgen, Ängste und Befürchtungen kann ich nur dann reagieren, wenn mir diese bekannt sind. Ich ermuntere alle Beschäftigten ausdrücklich, sich mit derartigen Fällen unverzüglich mit mir in Verbindung zu setzen, ein offenes Ohr wird meinerseits garantiert“, so die Zusage von Kraul.