Seltener Vogel Waldrapp „Enrico“ auf Stippvisite im Drömling
Einen seltenen Vogel haben jüngst Naturexperten bei Neuferchau gesichtet. Ein Waldrapp - ein Felsbrüter und Zugvogel, der im Drömling eine Rast einlegte.

Drömling. - Lange Zeit galt der Waldrapp, der zuletzt im 16. Jahrhundert in Deutschland brütete, als ausgestorben. Obwohl Artenschutz nicht erst seit kurzem diskutiert wird, erlosch die letzte Waldrappkolonie in der Türkei Ende der 1990er Jahre. Seit einigen Jahren gibt es Schutzprojekte, um den heute sehr seltenen Vogel, der nur noch in kleinen Kolonien in Marokko und Syrien brütet, wieder in den Alpen anzusiedeln.
Flugzeuge als Lockvögel
Waldrappen sind Felsbrüter und Zugvögel. In Wiederansiedlungsprojekten werden Jungvögel in Wildparks und zoologischen Gärten aufgezogen. Im Herbst werden sie mit Ultraleichtflugzeugen, die als Lockvögel dienen, über die Alpen in ihre Überwinterungsgebiete bis in die Toskana gebracht. Inzwischen gibt es aus den ersten Auswilderungen kleine freilebende Kolonien von Waldrappen, die den Zug in die Winterquartiere selbstständig antreten. Dabei nehmen sie zum Teil auch die diesjährigen Jungvögel aus den Zuchtprogrammen mit.
Bei neueren Zugversuchen fliegen Ultraleichtflugzeuge mit kleinen Trupps von Waldrappen bis nach Andalusien in Südspanien. Klimatische Veränderungen verzögern immer wieder die Überflüge über die Alpen. Deshalb wird eine neue Zugroute nach Südspanien erprobt. Auf diese Weise sind die Waldrappe nicht mehr gezwungen, die hohen Berge der Alpen zu überfliegen.
Vor etwa drei Wochen sind 32 junge Waldrappen aus diesem Jahr nicht nach Süden, sondern nach Norden gezogen. Einige Vögel haben Sender und können jederzeit geortet werden. Trotzdem ist der Zugweg lang, manchmal beschwerlich und vor allem gefährlich.
App zeigt die Zugrouten
Das Max-Planck-Institut stellt im Rahmen eines Citizen-Science-Projektes (Bürger schaffen Wissen) die App Animal Tracking kostenlos zur Verfügung. Sehr viele Menschen beobachten damit derzeit interessiert die Zugrouten der Waldrappe und auch anderer Vögel.
Fundmeldungen können in die App eingegeben werden. Besenderte Vögel können sehr gut verfolgt werden. Aber erst vor Ort, wenn ein solcher Vogel gefunden wird, können weitere Informationen gesammelt werden. Für die Eltern des Waldrapp-Projektes ist es sicher immer interessant zu erfahren, wie es ihren Schützlingen geht, ob sie genügend Nahrung finden, wie der Lebensraum aussieht, in dem sie sich gerade aufhalten und ob sie alleine oder zu mehreren vor Ort sind. Am 18. November traf ein Waldrapp aus diesem Trupp hier im Drömling ein. Er war zuvor bis nach Dänemark geflogen und hatte auf seinem Zug nach Norden bereits bei Diesdorf in der Altmark gerastet. Der Waldrapp hat an jedem Bein einen blauen Ring mit der Nummer 664 und heißt Enrico. In den letzten Tagen wurde er am Ortsrand von Neuferchau auf einer Pferdeweide bei der Nahrungssuche beobachtet. Er mag Insekten, Würmer, Schnecken und Eidechsen, aber auch pflanzliche Kost wie Beeren und Wurzeln.
Alle Zugvögel brauchen an ihren Rastplätzen Ruhe, um genügend Nahrung für den Weiterflug aufnehmen zu können. Werden sie gestört, benötigen sie umso mehr Nahrung. Wer also Zugvögel beobachtet, sollte daher darauf achten, sie nicht zu beunruhigen, und eine ausreichende Distanz einhalten. Auch hier gilt: Immer auf dem Weg bleiben!
Weitere Informationen zum Wiederansiedlungsprojekt gibt es unter www.waldrapp.eu und Informationen zum Waldrapp auf den Internetseiten der Umweltverbände WWF, NABU und BUND.