1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Verkauf will gut durchdacht sein

Abschied Verkauf will gut durchdacht sein

In Ampfurth pfeifen es längst die Spatzen von den Dächern: Christian Wahnschaffe möchte den Gutshof verkaufen.

Von Yvonne Heyer 27.07.2020, 01:01

Ampfurth l Das kleine Dorf wird von der Burg geprägt. Diese fand nach der Wende mit Christian Wahnschaffe einen neuen Besitzer. Jetzt möchte er den Gutshof wieder verkaufen.

Christian Wahnschaffes Großvater war bis 1945 Eigentümer des ehemaligen Rittergutes mit 935 Hektar Land. Die landwirtschaftliche Tradition der Familie geht bis auf den Drost Georg Wilhelm Wahnschaffe in Üplingen zurück, der Stammvater vieler Gutsbesitzer Wahnschaffe in der Magdeburger Börde war.

Nach Kriegsende kam die Enteignung im Zuge der Bodenreform. Großvater Wahnschaffe musste mit seiner Familie die sowjetische Besatzungszone verlassen.

Christian Wahnschaffe kannte bis zur politischen Wende das Bördedorf nur aus Erzählungen und von Fotos. Sein Vater und sein Großvater waren bereits verstorben, als sich die Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten öffnete. Christian Wahnschaffe erkundete den Ort seiner Vorfahren und entschloss sich, zumindest Teile des ehemaligen Familienbesitzes zurück zu erwerben. Ab 1996 kaufte der Bankkaufmann aus Laer von verschiedenen Eigentümern die Burganlage, das Gutshaus, den Speicher mit Schmiede und die Halle in der Mitte des Gutshofes. „ Es war wohl auch ein Stück Nostalgie dabei“, meint er heute 24 Jahre später.

 

Er war damals Anfang 40, also im besten Alter. „Aber“, so sagt er heute: „Nachdem klar war, dass eine Rückübertragung der enteigneten landwirtschaftlichen Flächen nicht mehr erfolgt, stand für die Familie fest, dass wir unseren Lebensmittelpunkt nicht nach Ampfurth verlegen werden.“

„Neuer Schlossherr will mit kleinen Schritten viel erreichen“ - so stand es 1997 in der Volksstimme. Genau so hat es Christian Wahnschaffe getan. „ Es war ja alles ziemlich baufällig. Der Turm war gesperrt, nicht zugänglich. Der weitere Verfall der Gebäude musste aufgehalten werden. Ein erster dringender Schritt war die Sanierung des Portals am Eingang zum Burghof. Auch Mietwohnungen wurden saniert“, erinnert sich der Burgherr. So möchte er ganz sicher nicht genannt werden. So trat er auch nie auf. Die Ampfurther haben schnell festgestellt: Hier ist jemand aus dem Westen gekommen, der nicht das schnelle Geld machen möchte. „Ich bin hier sehr gut aufgenommen worden. Gemeinsam, mit dem Förderverein Schloss Ampfurth, dem Ortschaftsrat, eigentlichen allen Ampfurthern und hier insbesondere mit Achim Röttger, haben wir viel erreicht,“ sagt Christian Wahnschaffe heute.

So ist mit der Sanierung der Kita „Burggeister“, die sich in dem ehemaligen Gutshaus befindet, die Zukunft der Kindereinrichtung vor Ort gesichert. Auch eine Erweiterung wäre heute problemlos möglich. Mithilfe von Leader-Fördermitteln konnte der Burgturm saniert werden und ist heute wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Er hat bereits viele Besucher aus nah und fern angelockt, denn im Turm befand sich einst die Telegrafenstation Nummer 16 der Optischen Telegrafenlinie, die von Berlin bis Koblenz reichte.

Und damit die Besucher des Turms, aber auch bei Veranstaltungen im Stierstall oder während des Burgfestes ein stilles Örtchen aufsuchen können, wurden auf dem Burghof Toiletten geschaffen. Das war das jüngste Projekt, was gemeinsam mit dem Förderverein und Fördermitteln umgesetzt werden konnte.

Es gäbe noch viele Möglichkeiten, leer stehende Gebäudeteile wieder mit Leben zu füllen. In der Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde wünscht sich Wahnschaffe mehr Sinn für praktikable Problemlösungen, für Beratung und Hilfe, anstatt zunächst nur zu sagen, was nicht geht.

Mit den Ampfurthern sei das keine Einbahnstraße gewesen. Beide Seiten wissen, was sie voneinander haben. Von der Dorfgemeinschaft, vom Zusammenhalt ist er sehr beeindruckt.

„Ein bisschen Herzblut sollte er schon mitbringen.“ Das wünscht sich Christian Wahnschaffe vom Käufer. Der Stierstall sollte weiterhin für die Bevölkerung nutzbar sein, ebenso wie der Turm für die Öffentlichkeit.

„Ich habe keine Eile zu verkaufen, die Burg, die Ampfurther liegen mir schon am Herzen. Aber ich bin eben auch in die Jahre gekommen, die Gesundheit spielt nicht mehr mit. Wir haben Familienrat gehalten. Unsere beiden Töchter sind mit ihren Familien hier im Münsterland fest verwurzelt und würden nicht nach Ampfurth ziehen,“ erklärt Christian Wahnschaffe die Beweggründe für den Verkauf. Damit beschäftigt sich jetzt ein Makler, mit Interessenten hat er sich bereits getroffen und viele Gespräche geführt. Doch er möchte nichts überstürzen. Christian Wahnschaffe sieht im Verkauf eine große Verantwortung.

„Ich möchte weiterhin mit einem guten Gewissen nach Ampfurth kommen dürfen.“