Angerollt Mit Maske hinterm Steuer

In Fahrschulen in Oschersleben ist der Unterricht wieder angelaufen.

Von Uta Müller 20.05.2020, 02:00

Oschersleben l Maske tragen hinterm Pkw-Steuer – Corona macht das möglich. Das ungestrafte Ignorieren von Verkehrsregeln scheint plötzlich möglich zu sein. Dank Schutzmaske kann niemand den Fahrer identifizieren. Doch der Schein trügt. Auch wenn in Coronazeiten der eine oder andere Kraftfahrer mit einer Maske hinter dem Lenkrad sitzend zu sehen ist – erlaubt ist das nur wenigen Verkehrsteilnehmern.

So gehören Fahrschüler und Fahrlehrer zum Kreis der Kraftfahrer, denen das Tragen einer Schutzmaske beim Fahren erlaubt ist, allen anderen nicht. Hintergrund: Fahrschullehrer und Schüler können im Pkw den geforderten Sicherheitsabstand von 1,50 Meter nicht einhalten.

Mike Pierschalla von der Fahrschule Pierschalla in Oschersleben ist froh, dass er wieder loslegen kann. In den vergangenen Wochen war er vor allem damit beschäftigt, seine Fahrschüler am Telefon zu beruhigen, sie aufzuklären, ihnen Mut zuzusprechen und ihre Fragen zu beantworten.

Das Tragen der Mund-Nase-Masken ist Teil der Auflagen, unter denen Fahrschulen jetzt wieder öffnen dürfen. Fahrschüler und -lehrer müssen sie über den gesamten Zeitraum aufsetzen. Zudem darf sich im Auto – abgesehen vom Prüfer – auch keine weitere Person aufhalten.

„Gewöhnungsbedürftig, aber notwendig“, findet Fahrlehrer Mike Pierschalla die Maske. Aber ob die Fahrschüler auch Handschuhe tragen müssen, das könne jeder seiner Fahrlehrer individuell entscheiden. „Ich bin aber vor allem heilfroh, dass wir wieder arbeiten können“, sagt er. Inzwischen gebe es aber einen regelrechten „Fahrschüler-Stau“. Deshalb sei es für ihn höchste Zeit, dass der Betrieb wieder anlaufe.

Bei ihm standen zuletzt acht Autos und Motorräder still. Bei vielen seiner Kollegen in der Branche hatte sich das Gefühl breit gemacht, von der Politik kaum gehört zu werden - wo doch gleichzeitig die Ausbildung etwa von Lkw-Fahrern zur Belieferung von Supermärkten wichtig sei.

Auch die Ausbildung auf den Zweirädern bleibt von Regelungen zur Verlangsamung der Ausbreitung von Covid-19 nicht verschont. „Daher bitten wir darum, zu den Ausbildungsstunden in eigener Ausrüstung zu erscheinen“, sagt Pierschalla. Das beinhalte einen eigenen Helm, eigene Schuhe, Motorradjacke, sowie eigene Handschuhe.

Im Fahrschulunterricht selbst wie auch bei Prüfungen gelten nun zusätzliche Hygieneregeln. Diese sehen beispielsweise vor, dass bei der praktischen Prüfung die Vor- und Nachbesprechungen außerhalb des Fahrzeugs stattfinden sollen, auch technische Fragen sollen vorab geklärt werden. Und: Ohne Mund-Nasen-Schutz „findet keine Prüfung statt“, heißt es bei der Dekra. Die Fahrzeuge sollen regelmäßig belüftet werden, auch während der Prüffahrt.

Und bei der praktischen Motorradprüfung soll der Prüfer im Begleitfahrzeug nicht mehr neben dem Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz Platz nehmen, sondern wie bei der Prüfung für den Kfz-Führerschein auf der Rückbank „hinten rechts“. Aber eine Plexiglasscheibe einzuziehen zwischen Fahrschüler und -lehrer im Auto - das sei schon aus Sicherheitsgründen nicht denkbar, sagt auch Mike Pierschalla. „Im Notfall muss der Fahrlehrer rübergreifen können.“

Pierschalla hat in seiner Fahrschule einen großen Raum für den Theorieunterricht. Normalerweise sei der Raum für 52 Fahrschüler zugelassen. Jetzt dürfen maximal 17 Schüler gleichzeitig unterrichtet werden. „Wir haben ein Anmeldesystem auf unserer Internetseite“, sagt Pierschalla. „Wer auf einem Warteplatz ist, kommt am nächsten Tag gleich als erster auf die Liste“, so der 55-Jährige.

Bei den Theorieprüfungen der Dekra zum Beispiel würden die Prüfungsrechner sowie -tastaturen nun regelmäßig desinfiziert, auch würden weniger Schüler zugelassen, um in den Prüfungsräumen mehr Abstand zwischen den Prüflingen zu schaffen. Außerdem müssen die Jugendlichen entweder nach Halberstadt oder nach Magdeburg zur Prüfung. Vor der Corona-Krise kam 14-tägig ein Prüfer der Dekra nach Oschersleben, um die Theorieprüfung abzunehmen.

Mike Pierschalla, seit 2008 Fahrlehrer, sieht sich mit seinem Team für den praktischen sowie den theoretischen Unterricht gerüstet. Der Aufwand, der dafür in Kauf genommen wird, ist immens: „Acht Stunden Arbeit mit Maske, nach jeder Fahrstunde zehn Minuten Auto lüften und das Fahrzeug komplett desinfizieren – vor allem das Lenkrad sowie Schaltknüppel “ so Pierschalla. Den Fahrlehrern sei sehr bewusst, welche Verantwortung sie nicht nur für die eigene Gesundheit, sondern auch für die ihrer Fahrschüler haben.