1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Gemeinsam gegen die Corona-Krise

EIL

CoronavirusGemeinsam gegen die Corona-Krise

Die Aktion "Oschersleben - hilft sich" zieht immer weitere Kreise. Nun haben es die Initiatoren sogar ins Fernsehen geschafft.

Von André Ziegenmeyer 31.03.2020, 02:00

Oschersleben l „Es gibt Nachfragen aus Kliniken, Seniorenheimen und Apotheken. Natürlich verteilen wir unsere Behelfsmasken auch an Bürger“, berichtet Nicole Wendt-Herbst. Sie gehört zum Team der neuen Hilfsaktion. So ganz scheint sie die Dynamik des Projekts selbst noch nicht fassen zu können.

15 Näherinnen in Oschersleben und Umgebung sitzen vor ihren Maschinen und stellen Behelfsmasken her. Diese haben keine Filter. Trotzdem können sie ihren Beitrag leisten, um die weitere Verbreitung des Coronavirus' einzudämmen. Und sie werden kostenlos verteilt. Selbst medizinische Einrichtungen aus Magdeburg haben danach gefragt. „Es gibt ganz viele Bürger, die uns Stoff und Gummilitze spenden“, betont Nicole Wendt-Herbst. Andreas Horn, der ebenfalls zur Gruppe gehört, ergänzt, dass es große Sachspenden von Repo, Kaufland, Marktkauf, Bodeta, dem Blumenladen Scabiosa, SW Color und Ikea gab.

Im Kern der Aktion „Oschersleben – hilft sich“ steht die gleichnamige Facebook-Gruppe. Sie wurde von Ludwig Klamm ins Leben gerufen und hat mittlerweile rund 400 Mitglieder. „Ich möchte mich bei allen Oscherslebern bedanken, die sich einbringen und engagieren“, erklärt er.

Die Näherinnen sind über eine eigene Whatsapp-Gruppe verbunden, über die sie sich abstimmen. Eine von ihnen ist Nguyen Thi Le. Normalerweise betreibt sie in der Hornhäuser Straße ein Nagelstudio. Doch das muss wegen der Krise geschlossen bleiben. Wie Nguyen Thi Le sagt, sind Stoffmasken in ihrer Heimat Vietnam nichts Seltenes. Als das Coronavirus nach Deutschland kam, begann sie damit, Masken für Freunde und Verwandte zu nähen. Es hätten aber auch Kunden danach gefragt.

Dann nahm Nicole Wendt-Herbst Kontakt auf und fragte, ob Nguyen Thi Le auch für „Oschersleben – hilft sich“ nähen würde. „Am ersten Tag habe ich mit meiner Familie 65 Masken hergestellt, am zweiten 103 und am dritten 145. Gestern waren es 209. Das war bisher der beste Tag, aber ich hoffe, dass wir noch mehr schaffen.“ Für Nguyen Thi Le hat die Lage sogar etwas Positives: „In der Not zeigt man seinen wahren Charakter. Die Menschen hier unterstützen sich. Das ist toll. Die Freude und die Gesundheit der Leute, die die Masken bekommen, ist der schönste Lohn.“ Das sieht Karin Meseberg von „Oschersleben – hilft sich“ ähnlich: „Was wir an Solidarität erfahren, ist der Wahnsinn. Ich wünsche mir, dass das auch nach Corona so bleibt.“

Weitere Unterstützung gibt es von Nguyen Van Phien. Er gehört zum Vorstand des Deutsch-Vietnamesischen Freundschaftsvereins in Magdeburg. Über diesen konnte er 20 weitere Helferinnen für das Projekt gewinnen. Zum Teil handelt es sich um ehemalige berufliche Näherinnen.

Wie Nicole Wendt-Herbst sagt, wurden bis gestern knapp 1000 Behelfsmasken hergestellt. Für die weitere Produktion würden ständig Gummibänder gebraucht, Baumwollstoff, der bei 60 Grad waschbar ist, sowie Garn und Nähmaschinennadeln.

Oscherslebens Bürgermeister Benjamin Kanngießer hält großes Lob für die Aktion bereit. „Die Situation ist schon eine besondere. Ich bin froh, dass es so viele Menschen gibt, die unserem Aufruf Folge leisten und helfen“, hält er fest. „Das ist eine tolle Unterstützung für unsere Bürger und für unsere Stadt.“ Noch sei die Lage in Bezug auf Corona relativ entspannt. „Aber wir sind vorbereitet auf das, was noch kommt“, so der Bürgermeister. Bei der Stadtverwaltung würden ebenfalls Mails und Anrufe von Menschen eingehen, die anderen helfen wollen. Dies ist unter der Telefonnummer 03949/912 16 7 auch weiterhin möglich.

Wie Andreas Horn erklärt, bieten die Mitglieder von „Oschersleben – hilft sich“ auch weitere Unterstützung an. So würden sie beispielsweise für Menschen einkaufen gehen, die zur Corona-Risikogruppe zählen. In dieser Hinsicht sei die Nachfrage aber noch verhalten. Auch die Schausteller der Monster-Truck-Show, die derzeit auf dem Oschersleber Festplatz gestrandet sind, wurden mit Lebensmitteln und Gas zum Heizen versorgt.

Mitglieder der Fußballabteilung des Oscherslebener SC kauften gestern Lebensmittel im Wert von 450 Euro ein und spendeten diese der Tafel, damit auch dort die Arbeit weitergehen kann.

Neben seinem Engagement für „Oschersleben – hilft sich“ ist Andreas Horn Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins „M.a.De. for Kids – Metalheads aus Deutschland für Kinder“. Da eine Facebook-Gruppe Spenden nicht ordentlich abrechnen kann, hat der Verein sein Spendenkonto zur Verfügung gestellt. Ein weiterer Vorteil: „M.a.De. for Kids“ kann Spendenbescheinigungen ausstellen. Wer „Oschersleben – hilft sich“ finanziell unterstützen möchte, kann das also über den Verein tun.

Sogar ein Fernsehteam des Mitteldeutschen Rundfunks war gestern in Oschersleben, um einen Beitrag über das Hilfsprojekt zu drehen. Er wurde noch am gleichen Tag ausgestrahlt. Im Interview berichtete Nicole Wendt-Herbst von ihrem Wunsch, dass die Aktion länger dauern möge als die Corona-Krise. „Die Näherinnen wollen auch danach weitermachen. Dann stellen sie Kleidung für krebskranke Kinder und Frühchen her“, erklärte sie.

Wer sich selbst einbringen möchte, erreicht die Mitglieder von „Oschersleben - hilft sich“ auf Facebook oder unter den Nummern 0152/245 14 13 0, 0172/399 64 75 und 0175/910 01 12. Das Spendenkonto ist bei der Kreissparkasse Börde eingerichtet. Die IBAN lautet DE 81 8105 5000 0501 0249 21. Wichtig: Als Betreff sollte „Oschersleben hilft sich - Corona“ angegeben werden, damit das Geld nicht mit Spenden für den Verein durcheinander gerät.