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Landkreis Börde Kleingärten ermöglichen aktive Erholung

Das Kleingärtnern erlebt zur Zeit einen Boom. Das wissen auch die Menschen in Sülzetal (Landkreis Börde).

Von Udo Mechenich 08.08.2020, 23:55

Sülldorf l Spätestens aus der extremen Trockenheit im Jahr 2018 haben die Kleingärtner gelernt. „Damals ist viel beim Gemüse und beim Obst kaputt gegangen. In diesem Jahr geht es eigentlich. Die Regenwasserfässer sind durch alle möglichen Formen des Auffangens voll. In unseren Sprechstunden und unseren Medien bieten wir unseren Mitgliedern auch Tipps und Hilfen an, wie sie mit der Trockenheit fertig werden können“, berichtet Olaf Weber, Vorsitzender des Verbands der Kleingärtner der Region Börde/Ohre.

Der generelle Wassermangel betrifft das Gelände des Kleingartens „Bördegold“ in Sülldorf immens. Selbst bei Bohrungen bis in zwölf Meter Tiefe wurde dort kein Wasser gefunden. Es gibt zwar eine Pumpe außerhalb der Anlage, damit aber kommt man nur an das Oberflächenwasser, und das ist sehr schnell verbraucht.

„Viele Kleingärtner, die schon 20 und mehr Jahre Mitglied sind, haben sich große Tanks zugelegt, in denen sie das Regenwasser sammeln. Wer keinen Tank hat, bekommt sehr schnell ein Problem. Aber insgesamt funktioniert es. Sonst wären wir alle nicht schon so lange hier“, erklärt Frank Bukoswki, Vorsitzender des Kleingärtnervereins „Bördegold Sülldorf“.

Die Trockenheit sei insgesamt in den vergangenen Jahren immer schlimmer geworden, blickt Bukowski zurück. Aufgegeben habe deswegen aber noch keiner.

Seit sechs Jahren leitet Frank Bukoswki den Verein „Bördegold“, damals war er stellvertretender Vorsitzender. Als der erste Vorsitzende verstarb, übernahm er die Verantwortung für seinen Verein. „Solche Funktionen sind schwer zu besetzen, aber eben notwendig, damit es einen zentralen Ansprechpartner, der nicht zuletzt auch nach Außen hin den Verein vertritt.

„Wir müssen beim Gießen schon Prioritäten setzen. So bekommen die Blumen nicht unbedingt immer Wasser. Wichtiger sind Gemüse und Obst“, sagt das Magdeburger Ehepaar Karl-Heinz und Doris Kärgling. Schon seit 30 Jahren haben sie eine Parzelle beim Kleingartenverein „Bördegold“. „Der Garten ist unsere Freizeit, unser Hobby“, betonen sie beide.

Aktuelle Tipps von Weber für alle Kleingärtner und Bürger, die bei sich im Garten anbauen, sind Karotten, Inkagurken und neuseeländischer Spinat. Diese drei Sorten kämen mit nur sehr wenig Wasser aus, seien aber sehr schmackhaft.

„Eine andere Art ist das naturnahe Gärtnern. Mein Tipp sind hierbei Mischkulturen. So ist es gut, Tomaten und Bohnen zusammen anzupflanzen. Die Bohnen halten mit ihrem Laub die Feuchtigkeit im Boden. Die Tomaten nutzen das und spenden den Bohnen Schatten. Oder aber Stangengurken an Sonnenblumen ranken lassen. Das ist nicht nur praktisch, sondern sieht auch sehr gut aus“, empfiehlt Weber.

Ruhe, Freizeit, Draußensein, körperliche Arbeit – und als Belohnung frisches Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten: das macht für Bukowski das Kleingärtnern aus. „Man kann auch ins Fitnessstudio gehen. Aber da ist es drin, eng, warm und es gibt nichts Selbstangebautes. Bei manchen Dingen bin ich sogar, dank meines Kleingartens, kompletter Selbstversorger; bei Erbsen, Möhren, Gurken und Obst. Wir machen mit unseren Erdbeeren auch selbst Marmelade.“

Zum Verein Bördegold gehören aktuell 45 Mitglieder. Dieser Mitgliederstand ist schon seit Jahren so. „Da haben wir eine tolle Kontinuität. Wir hatten in den vergangenen Jahren schon einen großen Wechsel. Manche sind gegangen aus Altersgründen oder einfach auch nur weggezogen, dafür kamen aber immer neue Mitglieder. Es kommen viele junge Familien zu uns und mieten eine Parzelle an, meistens aus Magdeburg“, verrät Bukoswki.

Das sei ein unheimlich schönes Gefühl, dass auch gerade die jungen Familien den Wert des Kleingartens wieder zu schätzen wissen. „Viele von denen wollen einfach nur in ihrer Freizeit raus aus der Stadt, weg von den Plattenbauten. Gerade für die kleinen Kinder ist das doch sehr schön“, meint Kleingärtner Bukowski.

„In einigen Vereinen spüre ich momentan eine regelrechte Aufbruchstimmung. Das kommt nicht zuletzt auch durch die Einschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie. Manche Kleingärten sind tatsächlich zu 100 Prozent ausgelastet. Da ist keine Parzelle mehr frei“, bestätigt Weber diese Beschreibung.

Der Verband Börde/Ohre hat aktuell eine Auslastung von knapp 70 Prozent seiner Gärten. „Die aktive Erholung im Kleingarten gewinnt im Vergleich zum Urlaub oder zum Fitnesscenter an Bedeutung. Aktiv weil, ich alles, was ich im Fitnesscenter habe, hier auch habe, nur eben unter freiem Himmel. Wer richtig gärtnert, übt alle Bewegungsabläufe ab, die er durch das Besteigen der Geräte im Center hat, wofür er aber viel Geld bezahlen muss“, unterstreicht Weber, „nur hier haben Kleingärtner noch drei positive Effekte für lau dabei. Die Familie ist zusammen. Die Kinder lernen die Natur kennen. Immer wieder ernten wir frisches Obst und Gemüse aus dem eigenen Anbau.“

Wichtig ist, das sich die Kleingärtner auch tatsächlich kleingärtnerisch betätigen. Diese Nutzung muss eine Parzelle prägen. Nur das sichert den geringen Pachtpreis und die Schutzmechanismen des Bundeskleingartengesetzes. Wenn dieses Gesetz nicht mehr greift, ist die Pachtzinsbindung Geschichte. Dann kann der Eigentümer andere Pachtpreise verlangen, beispielsweise so wie in den von Städten verpachteten Gärten. Hier liegen die Preise bei bis zu 1,5 Euro pro Quadratmeter pro Jahr.

Die Pacht beträgt in Sülldorf beim Verein „Bördegold“ 0,4 Cent pro Quadratmeter pro Jahr. Eine Parzelle ist im Durchschnitt 600 Quadratmeter groß. Hinzu kommen noch die Beiträge zur Mitgliedschaft im Verein. Das sind pro Person 15 Euro, plus 15 Euro für den Verband, plus Steuern und andere Beträge, die auf die einzelnen Kleingärtner umgelegt werden müssen.

„Insgesamt kommt man so auf rund 100 Euro Kosten pro Jahr für 600 Quadratmeter Kleingarten“, rechnet Weber zusammen.