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Wie es in der Gemeinde vor genau 100 Jahren aussah - Blick in zwei historische Dokumente Hötensleben fertigt Armaturen und brennt Schnaps

24.01.2012, 04:25

Der Hötensleber Heimatforscher Reinhardt Klar erinnert daran, wie es in der Gemeinde Hötensleben vor genau 100 Jahren aussah. Zwei historische Dokumente aus dieser Zeit vermitteln einige Informationen dazu.

Von Reinhard Klar

Hötensleben l Die folgenden Fakten über Hötensleben vor 100 Jahren sind dem "Gemeindehandbuch 1912/13" und "Meyers Orts- und Verkehrslexikon" (Berlin/Leipzig 1913) entnommen. Hötensleben hatte damals 5235 Einwohner, davon 3432 evangelische, 1800 katholische und drei jüdische. Der Ort umfasste ein Areal von 1000 Hektar. Das Vermögen der Gemeinde betrug 15071 Reichsmark (RM), die Schulden beliefen sich auf 64893 RM. Die Infrastruktur von 1912 wird in diesen Dokumenten folgendermaßen dargestellt: "Hötensleben ist Eisenbahnstation der Linie Oschersleben-Schöningen, hat ein Standesamt, eine Zuckersteuerstelle, ein Elektrizitätswerk, hält Schweinemärkte ab, fertigt Armaturen, Briketts, Zementplatten und Zucker, braut Bier, brennt Schnaps, hat weiterhin eine Molkerei sowie Mühlen- und Ziegeleibetriebe. In Hötensleben gibt es eine evangelische und eine katholische Kirche, eine Sparkasse, ein Krankenhaus (Leiter: Krankenkassenarzt Sanitätsrat Dr. Strube) und eine freiwillige Feuerwehr. Die Straßen werden elektrisch beleuchtet und sind durch Kopfsteine befestigt. Ihre Reinigung haben die Hausbesitzer zu besorgen (außer den Gossen, die die Gemeinde sauber hält). Weiter gehören zum Dorf Hötensleben: Die Ziegelei Goedecke, der Bahnhof Kauzleben, die Gruben Jakob, Louise und Viktoria und die Schamottefabrik. Das Vorwerk Neubau und die Brennerei dagegen rechnen zur Domäne."

Zur Verwaltungsstruktur von Hötensleben gibt es folgende Angaben: "Die Geschäfte der Gemeinde werden von Herrn Finke geleitet, der ein jährliches Gehalt von 2600 Reichsmark bezieht. Schöffe ist Landwirt Jacobs. Die 14 Mitglieder der Gemeindevertretung sind: Landwirt Jacobs, Buchhalter Albert Deicke, die Gutsbesitzer Adolf Kahmann, Willi Kahmann, Hosang und Stiemerling, Rentner Reinecke, Fabrikbesitzer Niemann, Gasthofbesitzer Schliestedt, Schumachermeister Deicke, Ziegeleibesitzer Goedecke, Lagerhalter Große und Geschäftsführer Rauch. Der Gemeindekasse steht Steuererheber Ellrodt vor." Zum Schluss wird mitgeteilt, dass es vor 100 Jahren "elf evangelische und sechs katholische Schulklassen sowie eine Fortbildungsschule gab und der Gesamtschulverband von Oberamtmann Lüdecke als Vorstand geleitet wurde." Als Leiter der Kirchenverwaltung werden Pastor Janssen und Pfarrer Symanski genannt.

Nicht enthalten in beiden Dokumenten ist die Tatsache, dass sich ab 1910 in Hötensleben Zeichen eines geschäftlichen Rückgangs bemerkbar machten. Die Tagebaue waren erschöpft, viele Bergarbeiter wanderten ab, es kam zu Wohnungsüberschuss und nachlassender Bautätigkeit. Politisch kündigten sich 1912 schon schwerwiegende Zeiten an.