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Bundestagsabgeordneter löst Geburtstagsversprechen zum Oschersleber Chorjubiläum ein "Jeder Tag ein Sonnentag" erklingt in Reichstagskuppel

Von Carina Bosse 19.07.2011, 06:35

Zwei anstrengende, aber auch aufregende Tage liegen hinter den Mitgliedern des Oschersleber Chores St. Cäcilia. Auf Einladung des CDU-Bundestagesabgeordneten Manfred Behrens aus Ebendorf weilten die Sängerinnen und Sänger in Berlin, wo sie zugleich ein politisches und ein kulturelles Programm erwartete.

Oschersleben/Berlin.Nur kurz Zeit blieb dem Oschersleber Chor St. Cäcilia in der Landesvertretung von Sachsen-Anhalt, der "Möwe", in der Luisenstraße, um sich umzuschauen, denn der Bus traf aufgrund des Verkehrs, der in Berlin scheinbar nie abreißt, mit Verspätung in der Mitte der Bundeshauptstadt ein.

Wie sehr sich die größte Stadt Deutschlands in den vergangenen Jahren gemausert hatte, konnte in einer zweistündigen Stadtrundfahrt erkundet werden. Ein Höhepunkt des ersten Reisetages bildete der Besuch in der Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße, dem Stasi-Museum. Obwohl das Museum im Haus 1 des umfangreichen Gebäudekomplexes gerade eine Baustelle ist, erläuterte Andrea Holland-Moritz im Ausweichquartier direkt gegenüber, im so genannten "Feldherrenhügel" (Kantine des Führungsstabes des einstigen Ministeriums für Staatssicherheit, MfS), die Arbeitsweise der Staatssicherheit der DDR. Sie schilderte beeindruckende Bilder von einer Diktatur, die mit allen Mitteln und unglaublichen Methoden ihre Macht durchsetzte. Ob Junge Pioniere, FDJler oder die Zivilverteidigung - über die Kinder- und Jugendarbeit lässt sich der typische DDR-Alltag heute noch am besten nachvollziehen und das systematisch errichtete Machtgebäude der DDR erläutern. Doch wehe dem, der nicht systemkonform war. Methoden der psychologischen Kriegsführung und des Abhörens konnte Andrea Holland-Moritz zur Genüge aufführen.

Auf Erich Mielke, den letzten Chef des MfS, wird besonders eingegangen, da er wegen seiner langen Amtszeit die Arbeit des Ministeriums entscheidend prägte. Seine Arbeitszimmereinrichtung zog für die Dauer der Sanierungsarbeiten mit um und ist original zu sehen.

Holland-Moritz ging aber auch auf den 15. Januar 1990 ein, jenen denkwürdigen Tag, als die Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg erstürmt und erobert wurde. Das Bürgerkomitee begann mit der Auflösung des MfS, der im Sommer 1990 gegründete Verein Anti-stalinistische Aktion Berlin-Normannenstraße (ASTAK) übernahm den Aufbau und die Betreuung der Forschungs- und Gedenkstätte.

Der Abend führte den Chor auf die Spree. Gemeinsam mit Manfred Behrens und Enkelin Lili wurde die Bootstour am Berliner Dom gestartet. Vom Schiff aus lässt sich Berlin von einer ganz anderen, nicht weniger charmanten Seite erkunden, besonders dann, wenn man Manfred Behrens mit an Bord hat. Der zeigte sich dann auch von der spontanen Sangesfreudigkeit seiner Passagiere mehr als erfreut. Der Bundestagsabgeordnete hatte den Chor anlässlich seines 100-jährigen Bestehens vergangenes Jahr besucht und ihm als Geschenk eine Reise nach Berlin versprochen. Sein Versprechen wurde mit der Fahrt eingelöst.

Lied unter der Kuppel

Am nächsten Morgen führte der Weg zuerst zum Reichstag. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen seit den Terrorwarnungen vom Herbst vergangenen Jahres erschweren das Betreten des Gebäudes, ohne dessen Imposanz zu schmälern. Zunächst erläuterte Dr. Roland Wirth vom Besucherdienst im Schnelldurchlauf und in unterhaltsamer Art die Arbeitsweise des Parlaments. Dann ging es in den Fraktionsraum der CDU, wo Manfred Behrens über weitere Gepflogenheiten in der Abgeordnetenkammer berichtete. Er nutzte die Gelegenheit nicht nur, um zwei Geburtstagskindern aus den Reihen des Chores zu gratulieren, sondern auch, um Sophie Hinterdorf zu verabschieden. Die Oebisfelderin hatte auf seine Einladung hin ein zweiwöchiges Praktikum in Berlin absolviert, was ihr das MdB mit einer guten Beurteilung bescheinigte. Was dann folgte, dürfte dem Chor so schnell nicht aus der Erinnerung gehen. Denn unter der Kuppel des Reichstages stimmten sie das Lied "Jeder Tag einen Sonnentag" vor einem internationalen Publikum an. Nicht nur die Akustik, sondern vor allem auch der Applaus aus den verschiedenen Ebenen des Auf- und Abstiegs bis ganz hinauf dürfte bleibenden Eindruck bei allen hinterlassen haben. "Das war ein Erlebnis", schwärmte Peter Staufenbiel, der gemeinsam mit Ute Gröber den Chor leitet.

Nach dem Mittag war das Auswärtige Amt von Guido Westerwelle nächstes Ziel. Zum Ausklang der interessanten Bildungsreise stand die aktuelle Ausstellung "Wege, Irrwege, Umwege - Die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland" im Deutschen Dom auf dem Gendarmenmarkt im Besuchsplan. Auf mehreren Etagen zeigen Foto-, Film- und Textdokumente samt Kartenmaterial den Weg von den ersten Demokratieversuchen über zahlreiche Aufstände bis hin zum heutigen demokratischen Parlamentarismus auf. Der begleitende Ausstellungskatalog kommt einem modernen deutschen Geschichtsbuch gleich.