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Corona-Impfungen von Kindern und Jugendlichen Kinderärztin Sabine Gummert aus Oschersleben hält Entscheidung des Gesundheitsministeriums für unverantwortlich

Dass die Landesregierung jetzt Impfungen von Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren in den Impfzentren ermöglicht, hält Kinderärztin Sabine Gummert für unverantwortlich. Uwe Milbradt vom MVZ Börde vertraut der Entscheidung des Gesundheitsministeriums.

Von Josephine Schlüer 06.08.2021, 17:15
Die 15-jährige Clara wird im Impfzentrum geimpft. Seit Ende Juli dürfen die Impfzentren in Sachsen-Anhalt Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren impfen.
Die 15-jährige Clara wird im Impfzentrum geimpft. Seit Ende Juli dürfen die Impfzentren in Sachsen-Anhalt Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren impfen. Foto: dpa

Oschersleben/Hadmersleben - Die Landesregierung ermöglicht den Impfzentren in Sachsen-Anhalt seit einer Woche, auch Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren zu impfen, entgegen der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Das Expertengremium spricht sich derzeit aufgrund der unzureichenden Datenlage ausschließlich für Impfungen bei Kinder und Jugendlichen aus, die an Vorerkrankungen leiden wie etwa Diabetes oder Adipositas.

Laut Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne hätten sich Familien vielfach ein solches Angebot gewünscht. Über die Entscheidung der Landesregierung zeigt sich die Oschersleber Kinderärztin Dr. Sabine Gummert erschüttert. Dass fast täglich unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema über die Medien verkündet würden, sorge für starke Verunsicherung bei Müttern, Vätern und Kindern beziehungsweise Jugendlichen. „Ich finde es sehr bedenklich, wenn die Politik sich gegen die Wissenschaft entscheidet“, sagt die Kinderärztin. Mit der Wissenschaft meint sie die Experten von der Stiko. Für sie ist klar: „Solange die Stiko die Impfungen für Kinder und Jugendliche nicht empfiehlt, werde ich auch auf den Wunsch von Eltern keine Kinder und Jugendlichen ab 12 Jahren ohne Vorerkrankungen impfen.“ Bisher sei für die Ärztin nicht geklärt, ob Kinder eine Infektion mit dem Coronavirus schlechter überstehen als eine Corona-Impfung. Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren mit Vorerkrankungen impft sie aber selbstverständlich. Die Nachfrage in der Arztpraxis von Sabine Gummert sei weiterhin gering. Erst wenn sie davon überzeugt ist, dass eine Impfung für Kinder und Jugendliche ungefährlich ist, werde sie mit den Impfungen beginnen.

Dr. Uwe Milbradt vom Medizinischen Versorgungszentrum Börde (MVZ Börde) gibt zu bedenken, dass es auch abweichende Meinungen außerhalb der Stiko-Empfehlung gebe, die durchaus für eine Impfung der Gruppe der 12- bis 17-Jährigen sprechen, so der Leiter des MVZ Börde. Die Nachfrage nach Impfungen aus der Bevölkerungsgruppe der 12- bis 17-Jährigen sei bisher allerdings eher gering. „Wir impfen diese Gruppe aber auf Wunsch“, sagt Uwe Milbradt. Er begrüße die Entscheidung des Gesundheitsministeriums: „Die großen Seuchen dieser Welt haben wir immer erst durch Impfungen in den Griff bekommen, wie etwa die Pocken oder die Masern“, sagt er. Solange größere Bevölkerungsgruppen ungeimpft bleiben, werde das Virus eine Mutante nach der nächsten hervorbringen und die Kurve der Infektionen werde nie dauerhaft abflachen, meint der Mediziner.

Im Haldensleber Impfzentrum wurde in der vergangenen Woche mit den Impfungen von Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren begonnen. Kapazitäten seien derzeit für bis zu 80 Kinder und Jugendlichen pro Woche vorhanden, sagt die medizinische Leiterin, Katrin Baier. „Wir haben erfahrene Kinder- und Fachärzte vor Ort, die sich mit den Impfungen von Kindern auskennen und ausführlich beraten.“ Darauf werde besonderes Augenmerk gelegt. Eine Nachfrage sei da, aber die Kapazitäten seien in der vergangenen Woche nicht ausgeschöpft worden. Genaue Zahlen liegen aktuell noch nicht vor. Ohne die Empfehlung der Stiko sind die Impfungen derzeit nur nach ärztlicher Aufklärung, individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz der Kinder, Jugendlichen beziehungsweise der Sorgeberechtigten möglich, heißt es auf der Internetseite des Gesundheitsministeriums.