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Bewos Bahnhof Oschersleben versprüht alten Charme

Das altehrwürdige Bahnhofsgebäude von Oschersleben (Landkreis Börde) bekommt seinen alten Charme zurück.

Von Yvonne Heyer 28.12.2020, 00:01

Oschersleben l Das Oschersleber Bahnhofsgebäude, zwischen 1842 und 1843 errichtet, gehört zu den ältesten Bahnhofsgebäuden Deutschlands. Mehrfach ist in den Jahrzehnten am Gebäude gewerkelt worden, hat sich innen wie außen das Antlitz verändert. Nach der Wende, seit die Deutsche Bahn das Bahnhofgebäude 2005 aufgab, gammelte das Haus vor sich hin. Verkam zum Schandfleck neben einer neu gebauten modernen Schnittstelle. Das wäre wohl noch heute so, hätte nicht 2012 die Bewos den Oschersleber Bahnhof gekauft. Planungen wurden erstellt, wieder verworfen, Fördermittel beantragt. Erste Sanierungsarbeiten begannen. 2014 erfolgte die Sanierung des Hauptdaches, 2017 wurde das schon einmal vorhandene Glasdach wieder eingebaut. Schließlich startete die umfassende Sanierung des historischen Bahnhofsgebäudes offiziell am 23. Mai 2019 mit dem Ziel, den Verwaltungssitz der Bewos in das erste Obergeschoss des Gebäudes zu verlagern und im Erdgeschoss Einheiten zur Vermietung zu schaffen.

Und die Räume im Erdgeschoss sind mit Ausnahme des Bistros bereits komplett vermietet. Hier wird eine Allgemeinmedizinerin ihre neue Praxis eröffnen. Zudem ziehen ein Physiotherapeut und eine Podologin ein. Die Stadtwerke Haldensleben werden ebenso im ehemaligen Bahnhofsgebäude ein Büro eröffnen. Schon für April 2021 haben die ersten Mieter ihre Verträge unterzeichnet. „Die künftigen Mieter wurden in die Planungen einbezogen, die Gestaltung der Räumlichkeiten geschah ganz nach ihren Wünschen. Im Bistro oder Imbiss ist die Küche vorinstalliert, der Pächter könnte mit einer offenen oder geschlossenen Küche arbeiten. Beides ist vorbereitet“, erklärt Thomas Haborth. Der Imbiss kann 40 Gästen im Innern Platz bieten. Außen schließt sich eine 40 Quadratmeter große Terrasse mit Blick auf die Bahnanlagen und die neue Schwimmhalle an. Im Bereich des Imbiss, auf der Ostseite des Gebäudes, wird deutlich, dass hier einmal der eigentliche Haupteingang des Gebäudes war.

Schon heute ist äußerlich sichtbar: Das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude hat seinen alten Charme zurück. Mit viel Liebe zum Detail wurde die Fassade so saniert, dass der Bahnhofscharakter nicht verloren ging. So ist auf der Seite, die zum Parkplatz zeigt, noch das Schleppdach vorhanden. Von hier aus können Besucher in das Gebäude gelangen, über eine Treppe, aber auch über eine Rampe für Menschen mit Behinderungen. Überhaupt wird das Bahnhofsgebäude behindertengerecht saniert, gibt es im Erdgeschoss einen Fahrstuhl, der die Mieter in die Verwaltung der Bewos bringt. Der Aufzug kann im Übrigen bereits genutzt werden.

„Das Gebäude ist äußerlich weitestgehend wie 1843 wieder hergestellt“, sagen Bewos-Geschäftsführer Thomas Harborth und Projektleiterin Simone Siermann. Eine sehr gute Firma habe den Stuck rekonstruieren können. Der Putz sieht aus, als wäre hier mit Sandstein gearbeitet worden.

Wie sehr der Charakter des einstigen Bahnhofsgebäudes erhalten blieb, wird bei Betreten des Foyers deutlich. Die himmelblauen Kacheln versprühen noch immer den Charme der 1960er Jahre. Wer seinen Blick über die Wände schweifen lässt, bleibt gezwungenermaßen an den „Fenstern“ hängen. Als Betrachter möchte man meinen, hier könnten noch immer die Fahrpläne studiert werden, gäbe es Auskunft darüber, wann ein Zug ankommt oder abfährt. „Diese Rahmen wurden mit viel Liebe zum Detail aufgearbeitet. Es handelt sich tatsächlich um die einstigen Schaukästen für die Fahrpläne“, erklärte Simone Siermann. Sie und auch Thomas Harboth verweisen an etlichen anderen Punkten dieser besonderen Baustelle, bei der es auf die denkmalgerechte Sanierung ankommt, auf die geleistete hohe Handwerkskunst. Diese wird beispielsweise bei der Herstellung der Innentüren nach altem Muster, der Fensterbretter oder der Aufarbeitung der originalen Holzdielen in den Büro der Bewos sichtbar. Hauptsächlich Firmen aus der näheren Umgebung konnten sich die Aufträge sichern. Aktuell seien zehn Gewerke auf der Baustelle anzutreffen.

Das Foyer, in dem Menschen über viele Jahrzehnte auf ihre Züge warteten oder in Oschersleben ankamen, könne weiterhin als Wartefläche, aber auch für Veranstaltungen genutzt werden.

Da der Bahnhof ursprünglich einmal wie ein U gebaut war, ist in der künftigen Bewos-Etage ein umlaufender Flur vorhanden. Ein Musterbüro ist bereits fertig.

Heizkörper wird man vergeblich in den verschiedenen Zimmern suchen. Das gesamte Gebäude ist voll klimatisiert, da eine Verschattung der Fenster aus Gründen des Denkmalschutzes nicht erlaubt ist. „Die gesamte Klimatechnik ist in den Zwischendecken versteckt“, erklärt Thomas Harborth. Er weiß aber auch zu berichten, dass es auch im alten Bahnhofsgebäude nie Heizkörper gab.

Der Umbau des Bahnhofs war ursprünglich mit 3,8 Millionen Euro geplant. Inzwischen sind die Kosten bei 4,5 Millionen Euro angekommen. Insgesamt 2,7 Millionen Euro Fördermittel aus dem Programm „Stadtumbau Ost“ helfen bei der Realisierung des anspruchsvollen Vorhabens.