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Schwimmbad Eine ganze Stadt packt mit an

Dietmar Schwarz hat vor mehr als 50 Jahren als gelernter Maurer beim Bau des Oschersleber Freibades mitgeholfen.

Von Yvonne Heyer 13.07.2019, 01:01

Oschersleben l Das Oschersleber Freibad feiert am 16. August Geburtstag – den 50. Um die Entstehung ranken sich viele Geschichten, denn das Bad ist ein echter Initiativbau, wie es zu DDR-Zeiten genannt wurde. Viele Frauen und Männer haben mit angepackt, damit diese Freizeiteinrichtung überhaupt entstehen konnte. Zu ihnen gehört auch Dietmar Schwarz.

Der gebürtige Hordorfer war gerade 20 Jahre alt, ganz frisch im November 1968 mit dem Grundwehrdienst fertig, als der gelernte Maurer in seinen Betrieb, das damalige Landbaukombinat, zurückgekehrt. Da das Freibad ein Initiativbau war, beteiligten sich alle Betriebe, Institutionen, Schulen, einfach alle. Und so wurde er mit anderen Kollegen seines Betriebes, die eine Jugendbrigade bildeten, auf die Baustelle geschickt. Auch an den Wochenenden wirbelten sie, um das Freibad mit aufzubauen.

„Ab der Anton-Harbort-Straße war nur Acker. Niemand konnte sich vorstellen, dass hier einmal eine Sportstätte, ein Schwimmbad entstehen sollte. Aber genau hier war meine erste Baustelle, habe ich meinen ersten Stein für das Schwimmbad für ein Trafohaus für die Energieversorgung vermauert,“ erinnert sich Dietmar Schwarz.

Wasser und Strom, die für das Bauen nötig waren, wurde von den Anwohnern, wie die Familien Köster und Mehring, kostenlos zur Verfügung gestellt. Dann wurde bis Höhe des heutigen Wirtschaftstraktes eine Bautrasse geschoben. „Ich erinnere mich genau an die Planierraupen, an das platte Feld und an drei Bauwagen“, so Schwarz. Auch nach Feierabend wurde weitergearbeitet. Dafür gab es fünf Mark pro Stunde.

„Meine zweite ‚Baustelle‘ auf dem Schwimmbadgelände war der Sozialtrakt, den wir im Rohbau fertig stellten. Auch an der Klärgrube habe ich mitgearbeitet“, weiß Dietmar Schwarz es noch wie heute. Er erinnert sich auch daran, dass es doch eine ganz schöne Knochenarbeit war. So manches Mal blieben die Schubkarren im Dreck strecken, konnten nur von zwei Mann bewegt werden. Einer schob vorn, der andere zog hinten. Der Schlamm schwabbte so manches Mal bis in die Gummistiefel.

Vom damaligen Volksgut wurden große Bagger zur Verfügung gestellt, um das Schwimmerbecken und Nichtschwimmerbecken auszuheben. Es wurde tatsächlich um einige Zentimeter beim Schwimmerbecken getrickst. Hätten sich die Erbauer an die Din-Vorschriften gehalten, wäre das Freibad als Trainingszentrum vom Sportclub Magdeburg beschlagnahmt worden und die Bevölkerung hätte das Nachsehen gehabt. „Der Fünf-Meter-Sprungturm wurde von der damaligen Liwo gebaut und im wahrsten Sinne mit Pauken und Trompeten zum Freibad transportiert. Viele Oschersleber säumten die Straße, um den Tross zu begleiten“, weiß Dietmar Schwarz zu berichten.

Auf der Baustelle traf er zum ersten Mal mit Strafgefangenen zusammen. „Noch mit Fußketten kletterten sie aus dem Fahrzeug und haben schließlich unter strenger Bewachung bei Wind und Wetter die Gräben für die Abwasserversorgung geschachtet.

Die Versorgung der Bauarbeiter gewährleistete den ganzen Tag eine Frau Aulebach, anfangs in einer kleinen Holzhütte. Das Essen war in großen Kübeln. Der Initiativbau hatten einen strengen Zeitplan, das Schwimmbad musste fertig werden, allen Widrigkeiten zum Trotz. Die Erbauer schlugen sich mit Materialproblemen, Hitze und Kälte herum.

Die schönsten Erinnerungen an seine Freibadzeit verbindet Dietmar Schwarz mit der großen Mauer zwischen Schwimmer- und Nichtschwimmerbecken. Hier traf sich die Jugend, war man auf Freiersfüßen unterwegs. Wer dort einen Platz ergattert hatte, war der King. „Aber gerade der Aufbau dieser Mauer war eine große Quälerei, darin steckt viel Schweiß, Arbeit und auch Herzblut. Die Granitsteine waren sehr schwer und durften nicht kaputt gehen“, so Dietmar Schwarz. „Darum hat es mir auch so weh getan, als die Mauer nun weg gerissen wurde.“

Klar war Dietmar Schwarz zur Eröffnung dabei. Und selbstverständlich trug er einen weißen Maureranzug, wie es einst Tradition für diese Zunft war. Auch sportlich konnte das Oschersleber Schwimmbad viel bieten. Es fanden Betriebssportfeste statt, es wurde Volleyball gespielt. Dietmar Schwarz, der Handballspieler bei Lok Oschersleben war, erinnert sich an Trainingscamp am Freibad, denn hier gab es auch ein Kleinfeld.

Als Dietmar Schwarz genau an der Anton-Harbort-Straße begann, am Aufbau des Schwimmbades zu helfen, hat er sich oft gedacht, hier einmal in den kleinen Häusern zu wohnen. 1975 wurde sein Traum Wirklichkeit. Die Familie, Frau und Töchter, machten gemeinsam mit dem Vater ein Schmuckstück daraus. Und was das Beste ist: Das Haus liegt in Sichtweite des Freibades.

Oft ist die Familie aus der Hintertür des Gartens im Bademantel am Ackerrand in Richtung Freibad gezogen, ist ein paar Bahnen geschwommen und dann geht es wieder zurück. „Wenn unsere Kinder heute mit den Enkelkindern aus Hamburg oder Berlin kommen, dann genießen sie noch immer dieses schöne Oschersleber Freibad, das so herrlich viel Platz bietet, wo niemand Decke an Decke liegen muss“, erzählt Dietmar Schwarz.