Stadtentwicklung Studenten haben frische Ideen für Klosterkirche in Gröningen
Studenten entwickeln Visionen für die einstige Klosterkirche St. Vitus in Kloster Gröningen. Die Präsentation wurde von einem breiten Publikum mit großem Interesse verfolgt.

Kloster Gröningen. - Im wahrsten Sinne des Wortes haben Studierende der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen (HAWK) mit ihren frischen und jungen Ideen die „Klosterkirche St. Vitus neu gedacht“. Wie die einstige Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert künftig genutzt werden kann, präsentierten die angehenden Architekten in der Klosterkirche einem interessierten Publikum, viele Gröninger und Einwohner von Kloster Gröningen waren darunter.
Auf Initiative des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) Sachsen-Anhalt und mit Unterstützung des Kirchspiels Gröningen sowie der Verbandsgemeinde Westliche Börde haben sich in diesem Sommersemester 30 Studierende der Fachbereiche Denkmalpflege und Bauwerkserhaltung sowie Konservierungs- und Restaurierungswissenschaft im Rahmen ihrer Bachelor- und Masterausbildung zeitweise in Gröningen aufgehalten und sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln mit dem bedeutenden Baudenkmal auseinandergesetzt.
Was fehlt im Dorf?
Bei der Präsentation wird deutlich: Die jungen Frauen und Männer haben sich nicht nur Gedanken um die Zukunft von St. Vitus gemacht. Sie haben das Gottesdienst auch im Kontext mit dem kleinen Dorf Kloster Gröningen und seiner Bewohner sowie künftiger Besucher betrachtet. „Das 12. Jahrhundert trifft auf die Moderne“ – das war das Thema der Bachelorarbeit von Mathis Cohrs. Drei Gästehäuser möchte er auf dem ehemaligen Friedhofs errichten. Hier könnten beispielsweise Künstler arbeiten oder Touristen eine Herberge finden. Die Kirche solle umgestaltet werden, so würde er der Orgel einen neuen Platz geben. Die Krypta bliebe als Andachtsort erhalten. Infrarotteppiche sollen als Heizung dienen.
Zahraa Alhenno möchte der Kirche ein neues Konzept, das offen, lebendig und respektvoll ist, geben. Ein Mini-Kino, ein Café und eine unveränderte Krypta gehören dazu.
Yannick Schenk würde in der Kirche verschiedene Ebenen einbauen. Ein Coworking-Space und ein Supermarkt für Kleinigkeiten könnten so entstehen. Auf diese Idee sei er gekommen, weil es in Kloster Gröningen keinerlei Einkaufsmöglichkeiten gibt. Ein Café als sozialer Treffpunkt und zur Förderung des Gemeindelebens wären für ihn ebenso denkbar.

„Was fehlt hier? Mit dieser Frage habe ich das Dorf einer Analyse unterzogen“, erklärte Maximilian Sternbach. Eventflächen für Veranstaltungen im kleinen Raum, Flächen für eine Dauerausstellung über die Straße der Romanik sind in seinem Konzept verankert. In einem Neubau gäbe es Platz für dörfliche Aktivitäten, aber auch für Schlafräume. „Hochzeiten könnten in St. Vitus gefeiert werden, aber auch kirchliche Events können stattfinden. St. Vitus soll als Ort des Lebens gefestigt werden“, so der Student.
Otto Reichert, ein bekannter Maler, erblickte in Kloster Gröningen das Licht der Welt. In seinem Sinne schlägt Daban Sharif vor, in St. Vitus eine Kunst- und Bildungsstätte einschließlich einer Herberge für Künstler zu schaffen.
Caroline Böhme möchte auf dem einstigen Friedhof einen Klostergarten schaffen. Hier könnten verschiedene Generationen mit Pflanzen arbeiten, die auch verkauft werden könnten. Der Innenraum der Kirche bietet Platz für Workshopräume, für Feiern oder für Nachbarschaftstreffen.
Simon Ortner rückt in sein Konzept den Pilgergedanken in den Mittelpunkt und möchte unter anderem eine Herberge mit acht Schlafkapseln schaffen.
Demian Setola hat bei seiner Dorfanalyse festgestellt, dass es an kulturellen und kulinarischen Angeboten fehlt. So entstand die Idee, ein Kreativ-Café zu schaffen, im Hauptschiff könnte ein Romanik-Museum entstehen.
Die Begräbniskirche
In nur wenigen Stichworten wurde hier wiedergegeben, was sich die Studierenden für St. Vitus ausgedacht haben, um die Kirche aus dem Dornröschenschlaf zu holen.
Zwölf verschiedene Themen wurden analysiert und schließlich stellt sich die Frage: Was ist realisierbar? Darüber werden Gemeindekirchenrat, Kirchenkreis, die Stadt Gröningen und der Verein „KirchplatzVier“ entscheiden. Der zuständige Pfarrer Christian Plötner indes hat sich natürlich auch so seine Gedanken gemacht: „Ich könnte mir vorstellen in St. Vitus ein Kolombarium, also eine Begräbniskirche, zu schaffen. Im Kirchenschiff könnten Urnen beigesetzt werden. Die Namen der Verstorbenen blieben auch dann bewahrt, wenn die Urnen nach 25 Jahren entfernt werden würden. Das wäre für mich eine spannende Sache“, erzählte der Pfarrer am Rande der Präsentation. Christian Plötner sieht als besonders wichtig an, dass die Namen der Toten bewahrt werden.
Während des Sommersemesters haben die Studierenden auch konservatorische Fragestellungen entwickelt und verfolgt, naturwissenschaftliche Analysen durchgeführt. Immerhin handelt es sich bei St. Vitus um eine aus dem 12. Jahrhundert stammende Kirche mit einer reichen hochromanischen Bauplastik und Wandmalereien, die zu den ältesten in ganz Sachsen-Anhalt gehören. Damit wird St. Vitus als besonderes Kleinod an der Straße der Romanik angesehen.
Große Herausforderungen
Fabian Stankewitz, Verbandsgemeindebürgermeister, Vorsitzender des Vereins „KirchplatzVier“ Gröningen und Mitglied der Kirchengemeinde Gröningen, zu der auch die Klosterkirche St. Vitus in Kloster Gröningen gehört, sieht die Gemeinde vor großen Herausforderungen. Denn auch für St, Martini in Gröningen gibt es anspruchsvolle Pläne. Doch Fabian Stankewitz zeigt sich optimistisch: „Die Veranstaltung in Kloster Gröningen macht deutlich, dass es viele Menschen gibt, die sich für den Fortbestand der Baukultur der Klosterkirche interessieren und sich dafür engagieren. Wir stehen am Anfang und haben viele Herausforderungen vor uns. Durch die Vielfalt der Akteure im Ehrenamt, der Gemeinde, Kirche, im Land und Bund sehe ich es für realistisch an, dass wir die Visionen für beide Kirchen auch verwirklicht bekommen.“