1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Oschersleben
  6. >
  7. Überraschendes Urteil nach Dusch-Fotos

Gericht Überraschendes Urteil nach Dusch-Fotos

Im Landgericht Magdeburg endete am Mittwoch der Prozess gegen einen Mann aus Oschersleben. Er hat von einer Frau Nacktfotos gemacht.

Von Bernd Kaufholz 08.07.2020, 15:49

Magdeburg/Oschersleben l Mit einer überraschenden Entscheidung endete der Berufungsprozess gegen einen 33 Jahre alten Angeklagten aus Oschersleben. Die 6. Kleine Strafkammer am Landgericht Magdeburg stellte das Verfahren aufgrund von Geringfügigkeit ein.

Die Staatsanwaltschaft hatte Steven H. vorgeworfen, in der Silvesternacht 2017/2018 auf einer Party in Oschersleben von einer Frau ohne deren Erlaubnis Fotos gemacht zu haben, als diese unbekleidet unter der Dusche stand. Damit sei der Paragraf 201a des Strafgesetzbuchs "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches" erfüllt, der durch die 2015 europäischen Vorgaben zum Sexualstrafrecht umgesetzt wurde.

Die Staatsanwaltschaft hatte einen Strafbefehl ausgesprochen. Dagegen hatte sich H. juristisch gewehrt, sodass es zum Prozess kam. In erster Instanz war der Angeklagte vom Amtsgericht Oschersleben am 30. Juli 2019 freigesprochen worden. Dagegen hatte die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt.

Der gelernte Gartenbaufachwerker hatte bereits im ersten Prozess eingeräumt, Fotos gemacht zu haben. Allerdings sei der Grund dafür gewesen, der stark betrunkenen Frau am nächsten Tag zu zeigen, in welchem Zustand sie war. Andere Partygäste hatten die Frau, die sich übergeben hatte, ausgezogen und unter die Dusche gestellt. Als H. fotografiert habe, habe sie sinngemäß geäußert: "Mach doch!".

Knackpunkt des Berufungsprozesses war die Tatsache, dass eine Zeugin, die beim Amtsgericht nicht gehört wurde, nicht aussagen konnte. Die Frau, die bei Stress zu Anfällen neigt, hatte ein ärztliches Gutachten an das Gericht geschickt. Der Vorsitzende Richter Michael Koch hatte daraufhin den Vorschlag gemacht, die Frau an ihrem Wohnort zu befragen.

Nach einer kurzen Unterbrechung und Beratung mit seinem Strafverteidiger Ingo Dittrich, sagte der Angeklagte, dass er das Verfahren nach zweieinhalb Jahren zu Ende bringen wolle. Auch sein Anwalt verwies darauf, dass durch eine Vorort- Befragung und danach ein weiterer Termin am Landgericht der Fall noch mehr in die Länge gezogen würde. Er gab zu bedenken, dass das "Opfer" erst nach vier Wochen Anzeige erstattet hatte und wohl "mehr von ihren Bekannten dazu getrieben" worden sei.

Mit Zustimmung von Staatsanwältin Sylvia Lerch entschied der Vorsitzende Richter das Verfahren einzustellen. Wie er meinte: "ein angemessenes Ergebnis nach jetzigem Stand".