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Umwelt Warum zu viel Wasser im Großen Bruch für Ärger sorgt

Mit knapper Mehrheit hat der Kreistag des Landkreises Börde die Wiedervernässung des Großen Bruchs bei Gröningen beschlossen. Das sorgt bei Landwirten für Ärger.

Von Yvonne Heyer 16.01.2024, 14:59
Wolfgang Zahn (Mitte) traf sich mit den Landwirten Sascha Blaik (r.) und Bernd Röder im Großen Bruch bei Wulferstedt. Spaziergänger und Radfahrer stießen dazu.
Wolfgang Zahn (Mitte) traf sich mit den Landwirten Sascha Blaik (r.) und Bernd Röder im Großen Bruch bei Wulferstedt. Spaziergänger und Radfahrer stießen dazu. Foto: Christian Zahn

Gemeinde Am Großen Bruch. - Der Kreistag des Landkreises Börde hat in seiner Sitzung vom 6. Dezember 2023 beschlossen, im Rahmen eines Pilotprojektes das Naturschutzgebiet Großes Bruch wieder zu vernässen und somit wieder in ein Moor umzuwandeln.

„Auf der Kreistagssitzung sorgte die Beschlussvorlage für eine wahre Redeschlacht mit Argumenten im Für und Wider“, berichtet SPD-Kreistagsabgeordneter Wolfgang Zahn.

Ziel der Projektantragsteller ist die großflächige Bindung von CO2 und die Umwandlung des Gebietes, wie es sich vor etwa noch 600 Jahren darstellte. 750.000 Euro Fördermittel sollen dafür zur Verfügung gestellt werden.

„Kreisausschüsse und letztendlich der Kreistag hatten im Dezember über das Projekt zu befinden. Die plötzlich ab Mitte November auf dem Tisch liegende Beschlussvorlage sorgte bei zahlreichen Kreistagsmitgliedern, gerade die aus der Region um Oschersleben, für Verwunderung. Es gab vorab keine Information zu diesem Vorhaben. Auch das war der Auslöser für eine hitzige Debatte. Nach über einer Stunde wurde dann abgestimmt. Mit 18 Ja-Stimmen und 17 Nein-Stimmen wurde dem Vorhaben grünes Licht erteilt“, so Wolfgang Zahn. Er möchte das nicht so einfach stehenlassen.

Landwirte nicht einbezogen

Zu diesem Vorhaben sei weder mit den betroffenen Landwirten und Grundstücksbesitzern gesprochen worden, noch die betreffende Ortschafts- und Gemeinderäte informiert und einbezogen worden. Sie hätten ihre Bedenken nicht anmerken können. Man dürfe sich nicht wundern, wenn nun der Protest und der Widerstand immer lauter werden. Aus Wolfgang Zahns Sicht bestehe im Großen Bruch seit Jahren ein gut funktionierendes Ökosystem, was von zahlreichen Menschen als Freizeit-und Erholungsort genutzt wird. „Und für alle Grundstückseigentümer kommt dieses geplante Anstauen einer Enteignung gleich. Zudem werden gerade die Bewohner in Wulferstedt und auch teilweise in Oschersleben Probleme mit Wasser im Keller und auf ihrem Grundstück bekommen“, befürchtet Zahn.

Man wolle CO2 binden und vernichte die Sauerstoffproduktion. Ein Hektar Wiese produziere täglich für rund fünf Familienhaushalte den Sauerstoff und bindet jährlich über die Photosynthese 17 Tonen CO2. Von den geplanten 750.000 Euro Fördermittel fallen die meisten Kosten durch Personalleistungen an. „Der Bund hat gerade ein riesen Finanzierungsproblem, die Proteste sieht man täglich auf den Straßen, da sollte lieber Geld investiert werden, um CO2-Ausstoß zu minimieren. Die überwiegende Mehrheit der Menschen hier vor Ort wünscht das Pilotprojekt nicht“, so Zahn.

Er fordert, dass, ehe überhaupt etwas passiert, alle Betroffenen gehört werden und ihre Bedenken Berücksichtigung finden.

Die Landwirte Bernd Röder aus Wulferstedt und Sascha Blaik von der Agrargenossenschaft Hamersleben sind angesichts der Pläne stocksauer. Sie hegen und pflegen mit den extensiv bewirtschafteten Wiesenflächen seit Jahren das Gebiet.

Geld anderswo versenken

„Wenn das Realität wird, kann ich meinen ’Laden’ dichtmachen und die Kühe, die im Sommer auch für einen tollen Anblick sorgen, kann man sich nur noch auf Fotos anschauen. Das Bild vom überfluteten Bruch, was gerade zu sehen ist, wird dann ein Dauerzustand sein. Man kann gern wo anders für solche Projekte viel Geld versenken, aber bitte nicht hier“, erklärt Bernd Röder.

Für die Agrargenossenschaft Hamersleben, die vor ein paar Jahren rund drei Millionen Euro in einen hochmodernen Kuhstall investiert hat, fällt die gesamte Raufaserfutterstrecke weg. „Das stellt uns vor große Probleme“, so Geschäftsführer Sascha Blaik. „Wir sorgen hier für Arbeitsplätze, unterstützen unsere Gemeinden in vielen Belangen und jetzt wird uns die Wertschöpfung entzogen. Wenn wir die Kühe hier abschaffen, freuen sich andere EU-Länder, die dann die Milchproduktion hochfahren. Und klar dürfte dann auch sein, dass dann die Milch mit viel CO2 aus anderen Ländern zu uns in die Supermärkte kommt. Das kann doch keiner wollen“, so Blaik.

Wolfgang Zahn hat sich mit den beiden Landwirten am Rand des Großen Bruches bei Wulferstedt getroffen. Selbst Radfahrer und Spaziergänger, die während der Vorortbesichtigung dazu stießen, hätten sich klar und deutlich für den Erhalt des Ist-Zustandes ausgesprochen.