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Workshop Diskussion zur Bildungslandschaft

Teils emotional ging es während eines Workshops in Altenweddingen zu. Thema war die Zukunft der Bildungslandschaft im Sülzetal.

Von Sebastian Pötzsch 28.10.2017, 01:01

Altenweddigen l Das Interesse am dritten und letzten Workshop zum Integrierten gemeindlichen Entwicklungskonzept (Igek) ist vergleichsweise riesig. Etwa 120 Einwohner wollen mitreden. Bei anderen Igek-Veranstaltungen dieser Art waren es gerade mal eine Handvoll.

Zunächst referiert Lars Appelt von der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt zur Ist-Situation in Sachen Kita und Schule im Sülzetal. So verfüge die Gemeinde aktuell über rund 400 Kitaplätze verteilt auf acht Einrichtungen. Bis zum Jahr 2020 sei eine hohe Auslastung gewährleistet – das zumindest sagen die Prognosen voraus. Allerdings wurden die meisten Einrichtungen vor rund 50 Jahren gebaut. „Viele Dinge waren damals noch nicht so wichtig“, erklärt der Diplomingenieur. So seien die Nutzflächen, teils sogar die Gruppenräume, nach aktuellen Maßstäben zu klein, es fehle an Bewegungsräumen, an Personal-Toiletten, an geeigneten Büroräumen.

Er spricht von undichten Fenstern, aufsteigender Feuchtigkeit und desolaten Treppen. Unter diesen Gesichtspunkten empfiehlt Appelt Kita-Neubauten in Langenweddingen sowie in Osterweddingen. Weitere Kindergärten sollten erhalten bleiben. Eine gute Chance für eine wirtschaftliche sowie qualitativ hochwertige Betreuung sieht er jedoch in der mittelfristigen Zusammenführung der Einrichtungen Stemmern und Schwaneberg am Standort Osterweddingen und langfristig, also bis ins Jahr 2030, in der Schließung von Sülldorf und Dodendorf. Daher empfiehlt er, die möglichen Veränderungen jetzt zu diskutieren und frühzeitig die Erzieher mit einzubeziehen.

Dann spricht Lars Appelt über jene Erfahrungen, die er und seine Kollegen über die drei Grundschulen im Sülzetal sammeln konnten. Er stellt klar, dass im vergangenen Schuljahr keine der Einrichtungen zu 100 Prozent ausgelastet war, die Grundschule Langenweddingen mit 70 Schülern gar nur zu 47 Prozent. Ferner besteht in allen Einrichtungen ein erheblicher Sanierungsstau in Höhe von rund zwei Millionen Euro. Mehrere Varianten der Abhilfe stünden zu Wahl. Variante 1 beschreibt den Erhalt aller drei Grundschulen auf dem jetzigen Niveau bei einem Renovierungsaufwand von 1,9 Millionen Euro. Variante 2 geht von zwei modernen Grundschulen aus, nämlich einem Neubau in Osterweddingen und der Sanierung der ehemaligen Sekundarschule in Altenweddingen. Das würde der Gemeinde rund neun Millionen Euro kosten. 6,4 Millionen Euro müsste für die Variante 3 aufgewendet werden. Im Unterschied zur Variante 2 würde die Grundschule Osterweddingen nur saniert und nicht neu gebaut wird. Variante 4 sieht nur einen Grundschulstandort im Sülzetal vor. Die veranschlagten Kosten lägen zwischen 7,6 und 8,4 Millionen Euro.

Anschließend legte der Ingenieur dar, dass künftig kein Kind länger als 15 Minuten bis zur Schule benötige, egal an welchem Standort im Sülzetal. Auf dieser Grundlage, der prognostizierten Schülerzahlen für die kommenden Jahre sowie der Wirtschaftlichkeit empfahl der Ingenieur am Ende seiner Ausführungen künftig nur zwei Grundschulstandorte. Die Einrichtung in Langenweddingen müsste dann schließen.

Das ruft die Elterninitiative der Langenweddinger Grundschule auf den Plan. In einer Rede stellte Christiane Hoffmann klar, dass sie und ihre Mitstreiter für den Erhalt aller drei Grundschulen kämpfen. Stolz seien die Einwohner auf den gesamten Bildungsweg, der mit Kita, Grundschule und Sekundarschule in Langenweddingen zurückgelegt werden könne. Und für das kommende Jahr seien bereits zehn Erstklässler mehr gemeldet worden als für dieses Jahr. In der Einrichtung vereine sich Qualität und Luxus. „Wir brauchen die Schule, auch um die Attraktivität des Ortes für Familien zu erhalten“, sagt Hoffmann und schließt: „Die Schule ist das Herz des Ortes, bitte reißen sie es nicht heraus.“

Gemeinderatsmitglied Andreas Ristau (SPD/FDP) lobt den Einsatz der Eltern als tolle Initiative. „Aber, was wir hier gehört haben, sind nicht alle Aspekte“, sagt der Bildungsexperte. Er verweist auf einen Berechnungsschlüssel von 88 Schülern pro Grundschule, mit dem unter anderem die Zuweisung von Lehrern geregelt werde. In Anbetracht des allgemeinen Lehrermangels würden kleine Schulen weniger Lehrer zugewiesen bekommen. Das Sülzetal wäre besonders betroffen.

Die Leiterin der Grundschule Osterweddingen wandte sich direkt an die Elterninitiative. So modern wie dargestellt sei die Langenweddinger Einrichtung nicht. Das wisse sie aus ihrer einjährigen Tätigkeit an der Schule. Alle Grundschulen seien in marodem Zustand. Marco Falkenberg (CDU) erinnerte daran, dass Eltern viel Geld und Zeit investierten, um die Grundschulen für ihre Kinder aufzuhübschen. „Gerade deshalb muss die Gemeinde sagen, wo investiert werden soll, damit eben nicht alles bei den Eltern hängen bleibt“, hob das Gemeinderatsmitglied hervor.

Bürgermeister Jörg Methner (SPD) ergriff als einer der Letzten des Abends das Wort. Er dankte den Eltern für ihren bisherigen Einsatz: „Jeder hat in diesen maroden Einrichtungen das Beste getan. Wenn Sie nicht wären, würden die Schulen noch schlimmer aussehen.“ Doch ein „Weiter so“ dürfe es nicht geben. Er warb um Verständnis im künftigen Entscheidungsverfahren der Gemeinderäte. „Wir haben die Pflicht, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen. Nur dann ist es möglich, in die Zukunft zu investieren“, sagte der Rathauschef. Er habe für jeden Verständnis, der kämpft. „Aber der Stillstand muss ein Ende haben. Viele Entscheidungen tun mir auch weh. Aber ich bin sicher, dass sich in einigen Jahren vieles zum positiven verändert hat“, versprach Methner. Nach zwei Stunden und etlichen Wortmeldungen war die Veranstaltung beendet.

Für Heike Winkelmann, Lars Appelt und Anne Erich von der Landgesellschaft geht die Arbeit weiter. Im Auftrag der Gemeinde arbeiten sie seit Monaten am Igek. Zwei Ziele verfolgt das Sülzetal: Einerseits sollen künftige Maßnahmen in einem Fahrplan zusammengetragen werden, der bis ins Jahr 2025 reicht. Andererseits soll das Igek künftig Fördermittelentscheidern als Handreichung dienen. „Wir wollen schauen, wie es sich aktuell in der Gemeinde lebt und was zur Verbesserung zu tun ist“, erklärt Appelt. Um so wichtiger seien die Meinungen und Ideen der Einwohner. Bis Dezember soll das Konzept stehen. Dieser Entwurf gilt jedoch nur als Handlungsempfehlung. Über die endgültige Version muss der Gemeinderat entscheiden.