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Ausstellung Kunst einer Dorfschul-Lehrerin

Bilder der Künstlerin Renate Kolb können in Arneburg besichtigt werden.

Von Ingo Gutsche 12.06.2020, 19:00

Arneburg l Hans-Jürgen Kaschade erinnert sich gern an seine Praktikumszeit vor über 50 Jahren. Als junger Pädagogik-Student zog es ihn in das niedersächsische Idsingen, gelegen bei Walsrode im Heidekreis. Und damit zu Renate Kolb, Lehrerin und Leiterin der damals einklassigen Schule im Ort. Für ihn wirkte die Einrichtung auf dem Lande wie ein Traum. Der Kontakt zu Renate Kolb, die gern künstlerisch tätig war, riss nie ab. Die Stiftung vom Stendaler Kaschade organisiert eine Ausstellung in den Räumen der Arneburger Kunst- und Kulturscheune, die rund 40 Bilder der im Frühjahr im Alter von 97 Jahren verstorbenen Kolb zeigen.

Erstmals in diesem Jahr wird die hinter dem Rathaus gelegene Kunst- und Kulturscheune in der Elbestadt zu einem Ausstellungsort. Am Donnerstag schmückten Ottfried Schlangstedt und Hans-Jürgen Kaschade die dortigen Räume. Und Letzterer musste dabei auch an seine Praktikums-Wochen vor rund fünf Jahrzehnten denken. In der Idsinger Schule hatte Renate Kolb das Sagen. Sie sei nicht streng gewesen. „Aber konsequent.“ Eine Schule mitten auf dem Lande, umgeben von einem riesigen Garten - eine Art Landidylle. Die 1922 in Darzeppeln (heutiges Litauen) geborene Kolb unterrichtete Schüler der ersten bis achten Klasse in einem Haus. Kaschade, der für acht Wochen in Idsingen als Praktikant war, verglich sie aufgrund ihrer Stellung mit einer Königin, die ihre Schützlinge im Griff gehabt hätte. „Ihr Hund lag immer unter dem Schreibtisch“, erinnert er sich. In den Pausen gab es stets Kaffee. Soziale Probleme hätten bei null gelegen.

In dieser Landschule lernten die Kinder und Jugendliche „mehr als nur Lesen und Schreiben“, sagt Kaschade, der viele Jahre nach jener Zeit in Niedersachsen als Rektor der Fachhochschule in Stendal fungierte. Renate Kolb liebte die Natur, ging mit den Schülern beispielsweise Pilze sammeln. Und sie liebte das Malen und Zeichnen. „Am liebsten Blumen“, erzählt Kaschade, der auch einige Bilder von Renate Kolb besitzt. Ausgestellt hat sie recht selten. Aber noch zu ihren Lebzeiten fragte der Stendaler an, ob sie sich Ausstellungen in der Altmark vorstellen könne. Ja! Seit Freitag können ihre künstlerischen Arbeiten, größtenteils Aquarelle, in Arneburg in Augenschein genommen werden. Aufgrund der Coronakrise verzichtete Bürgermeister Lothar Riedinger auf eine offizielle Eröffnung. Wer Interesse an einer Besichtigung hat, meldet sich bitte im Tourismusbüro.

Die ausgestellten Bilder haben Schlangstedt und Kaschade in Rubriken eingeteilt: in ihre verwendeten Techniken, in ihre Werke nach dem Studium und in die Themenbereiche Bäume, Landschaften und Blumen. Die Kaschade-Stiftung wirkt nicht zum ersten Mal in Arneburg. Beispielsweise waren im Sommer des Vorjahres bedeutende deutsche Persönlichkeiten in einer Ausstellung in der Kunst- und Kulturscheune zu begutachten.

Einer, der gestern vor Ort war, ist Christian Kolb, der Ehemann der verstorbenen Künstlerin. Er wollte sich von den Ausstellungsräumen in Arneburg ein Bild machen. Christian Kolb und Hans-Jürgen Kaschade gründeten in den 90er Jahren das Literaturhilfswerks Stendal, waren gemeinsam auf Tour, unter anderem nach Kasachstan. Insgesamt wurden über 200 000 Bücher in 31 Ländern verschickt. 2014 zogen sie unter diesem Projekt einen Schlussstrich. Allerdings engagiert sich die Kaschade-Stiftung weiterhin in diesem Bereich und organisiert Bücherzellen: Die ausrangierten Telefonzellen mit Lese-Inhalt stehen in vielen Orten.