Vortrag in der Osterburger Außenstelle der Kreisvolkshochschule beleuchtete das Leben des Fürsten Leopold I. Harald-Uwe Bossert erinnert an den "Alten Dessauer"
Friedrich der Große nannte ihn den "Kriegsmechanikus". Die Rede ist von Fürst Leopold I. von Anhalt-Dessau, der auch als "Der Alte Dessauer" in die Annalen der Geschichte Preußens und Sachsen-Anhalts eingegangen ist. Die Kreisvolkshochschule Stendal widmete ihm am Mittwochabend in der Osterburger Außenstelle einen Vortrag,
Von Frank Schmarsow
Osterburg l Kreisvolkshochschul-Leiterin Sabine Krüger begrüßte am Mittwoch Militärhistoriker Oberstleutnant a. D. Harald-Uwe Bossert in Osterburg. Der Havelberger, in Dessau geboren, gestand, dass das Leben des "Alten Dessauers" sein Lieblingsthema sei. Und dementsprechend ausführlich und locker hatte er es seinem Publikum vermittelt.
"Der Alte Dessauer war Preuße und Anhaltiner zugleich und muss, um gerecht beurteilt werden zu können, in seiner Zeit und in Preußen gesehen zu werden", führte Bossert seinen von Militärmärschen auszugsweise begleiteten Vortrag ein. "Dass Preußen von einem armen, rückständigen und zerrissenen Land im 18. Jahrhundert zur europäischen Großmacht aufstieg, ist zu einem nicht geringen Teil mit sein Verdienst. Er war nicht nur Kriegsmann und Heeresreformer, sondern auch ein Organisator der Verwaltung, Städtebauer und sogar Landwirt."
Der Knabe war am 3. Juli 1676 als Sohn von Johann Georg II. Fürst von Anhalt-Dessau im Dessauer Stadtschloss und Henriette Catharina von Oranien zur Welt gekommen. Seinen Namen erhielt er nach einem seiner Taufpaten Kaiser Leopold I. Er hatte neun Geschwister. 1688 ernannte der Kaiser den noch nicht ganz zwölfjährigen Erbprinzen zum Oberst und Chef des kaiserlichen Infanterieregiments Alt-Diepenthal. Damit war dessen militärische Laufbahn eingeleitet. Nach dem Tod des Vaters 1693 übernahm Leopold dessen Infanterie-Regiment Nummer drei und führte es 54 Jahre lang. Er nahm im Laufe seines Lebens an mehreren Kriegen teil - bekam in 22 Treffen beziehungsweise Schlachten und 27 Belagerungen nur einmal eine Schmarre ab -, wurde als 20-Jähriger Generalmajor, mit 36 Jahren Generalfeldmarschall und 1734 vom Kaiser zum Reichsmarschall ernannt.
Im Mai 1696 wurde Leopold Regent von Anhalt-Dessau und heiratete, trotz Widerstände in seinen Kreisen, im gleichen Jahr eine Bürgerliche, seine Jugendliebe, die Apothekerstochter Anna Luise Föhse; sie wurde kurzerhand zur Reichsgräfin gemacht.
Dem Paar wurden zehn Kinder geboren; drei Söhne wurden Generalfeldmarschälle und zwei Generäle. Ein illegitimer Sohn, Georg Heinrich von Behrenhorst, gilt als der bedeutendste deutsche Militärtheoretiker vor Clausewitz.
Zwischen 1715 und 1740 machte der Alte Dessauer unter Friedrich Wilhelm I., dem Soldatenkönig, die preußische Armee zum schlagkräftigsten Heer Europas. Er erfand beispielsweise eine neue Art der Truppenbewegung auf dem Schlachtfeld, durchdachte neu Angriff und Abwehr, ebenso die Belagerung und erfolgversprechende Erstürmung von Festungen. Seine oberste Maxime für das Heer: Gehorsam, Ordnung, Gleichmäßigkeit. Bossert ließ in seinem Vortrag Einzelheiten über das Regiment des Alten Dessauers und seinen Werdegang als Feldherr nicht unberücksichtigt.
Das im 30-jährigen Krieg unter Tilly zerstörte Magdeburg ist unter dem Alten Dessauer - der König hatte ihn 1701 zum Gouverneur der Stadt und "Veste" ernannt -, dem "besten Degen des preußischen Heeres" als "Barockstadt" wieder aufgebaut, dessen Festung als "größte und stärkste Preußens" wieder errichtet worden. Von 1722 bis 1727 waren fast 200 Häuser neu entstanden. Auf seinen Befehl hatten Festungsbauoffiziere wie Bosse, Preußer und Walrave ganze Straßenzüge für Magdeburg neu entworfen. Als Landesvater hatte Leopold I. Dessau zur Residenzstadt ausgebaut. 1711 wurde sie wesentlich vergrößert. Er ließ in diesem Zusammenhang einen Hafen anlegen, die Elbebrücke bei Roßlau wieder aufbauen, Elbedeiche aufschütten und in mehreren Dörfern Kirchen bauen.
Am 9. April 1747 starb Leo-pold I. in seinem Schloss in Dessau an den Folgen eines Schlaganfalls.
Trotz seiner zynischen Bemerkung "Der alter Dessauer ist verrecket" hatte Friedrich der Große ein Begräbnis mit allen militärischen Ehren angeordnet.