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Mobile Nahversorgung „Mona Lisa“: Frauenpower im Gemeinschaftsprojekt von Osterburg und Seehausen

Das Gemeinschaftsprojekt für eine mobile Nahversorgung auf den Dörfern („Mona Lisa“) von Osterburg und Seehausen nimmt Gestalt an. Das Personal wurde aufgestockt und 110 Bürger nahmen an der Umfrage zur Bedarfsanalyse teil. Das sei vergleichsweise viel und das Fazit wenig überraschend: Die Dörfer sind unterversorgt.

Von Karina Hoppe 22.06.2021, 09:06
Von „Mona Lisa“ begeistert (von links): Carola Thomsen (Osterburg) und Lisa Weigelt (Seehausen) tüfteln an der Nahversorgung 2.0.
Von „Mona Lisa“ begeistert (von links): Carola Thomsen (Osterburg) und Lisa Weigelt (Seehausen) tüfteln an der Nahversorgung 2.0. Foto: Karina Hoppe

Osterburg/Seehausen - Das Umfragefenster war nur einen Monat offen und nicht alle möglichen Informationskanäle konnten angesichts der Corona-Pandemie bespielt werden. „Dafür ist die Resonanz sehr gut“, sagte gestern Lisa Weigelt, Wirtschaftsförderin der Verbandsgemeinde Seehausen. „Unterm Strich steht, dass die Bürger sich auf ihrem Dorf unterversorgt fühlen“, fügte Carola Thomsen hinzu. Die 23-jährige verstärkt seit knapp einem Monat das Mona-Lisa-Team von Seiten Osterburgs, wo auch Doreen Weingart für das Projekt mit verantwortlich zeichnet. Auf Seehäuser Seite wurde der Arbeitsvertrag von Steffi Lucas-Flachsmeier für den Zweck um acht Stunden aufgestockt, teilt Lisa Weigelt mit. Vier Frauen schrauben also an der mobilen Nahversorgung der Zukunft. Und sie wird konkreter.

Hochschule Harz unterstützt bei Interviews

Nach den Bürgerumfragen führt das Team mit Hilfe der Hochschule Harz rund 30 Interviews mit potenziellen Händlern und Logistikern durch. Unter welchen Bedingungen könnten sie sich „Mona Lisa“ vorstellen? Zur Erinnerung: Osterburg und Seehausen wollen gemeinsam herausfinden, ob und wie sich eine mobile Nahversorgung auf dem Lande umsetzen lässt. Die Idee ist, dass der Bürger etwa aus Losse oder Blankensee über eine App Waren aus Osterburg oder Seehausen oder von den Dörfern bestellt. Ein Dienstleister aus der Privatwirtschaft stellt sie zusammen und vorhandene Logistiker (Bäckerwagen, Apothekenbringdienste etc...) holen sie zeitlich unabhängig etwa in Osterburg von einer gekühlten Packstation ab und laden sie zum Beispiel in Krevese in einer ebenfalls gekühlten kleinen Packstation wieder aus. Der Bürger erfährt dies per App und kann seine Ware abholen, die Bezahlung erfolgt über ein App-System. „Das muss natürlich alles einfach zu handhaben sein“, sagt Lisa Weigelt.

Fördergeld für externen Rat

Vielleicht finden sich in den Dörfern, die eine Packstation erhalten, Menschen, die anderen das System erklären. Wobei „Mona Lisa“ alle angehe, nicht „nur“ für Senioren gedacht ist. Viele attraktive Angebote etwa auch von Hofläden seien nur an Markttagen oder mit großen Anfahrtswegen zu bekommen, „das schafft nicht jeder Berufstätige“. Und auch in der Elternteilzeit oder in Zeiten von Homeoffice könne „Mona Lisa“ ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Lisas Weigelt und Carola Thomsen sind jedenfalls überzeugt davon, dass es klappen kann. „Ich bin noch neu in dem Projekt, staune aber über die viele und schon sehr konkrete Vorarbeit“, sagt Carola Thomsen. Nachdem die Interviews ausgewertet sind, gehe es in einem weiteren Schritt vor allem um die technische und logistische Konzeptentwicklung. Wie könnte „Mona Lisa“ praktisch umgesetzt werden? Auch hierbei könne das Team dank Fördergeld auf externes Knowhow zurückgreifen. Ganz wichtig: Ein eigener Logistiker soll nicht Teil der Lösung sein. Es gehe ja gerade darum, das schon bestehende Netzwerk zu nutzen. Es fahren so viele Autos mit leeren Kofferräumen teils mehrmals täglich übers Land. Sie sollen, wenn sie mögen, Teil eines Netzwerks werden.

Der Berufstätige spart sich ein paar Fahrten

„Das alles finanziert sich natürlich nicht durch Nächstenliebe“, sagt Lisa Weigelt. Wer den Service künftig nutzt, müsse sicher etwas draufzahlen. Aber er habe eben auch viel davon. Bei älteren Menschen gehe es ja auch darum, dass sie so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben können, die mobile Nahversorgung gebe ihnen ein Stück Selbstständigkeit zurück. Dem Berufstätigen soll „Mona Lisa“ Erleichterung verschaffen, ein paar Fahrten übers Land ersparen. Insgesamt werde der Blick für die lokalen Waren geschärft, wovon die hiesige Wirtschaft profitieren soll. Online bestellen heiße dann nicht mehr gleichzeitig „aus der Ferne“ bestellen.

Erfolg in eigener Sache

Das Projekt dauert erstmal ein Jahr. Und es könnte sich durchaus dabei herausstellen, dass es nicht umsetzbar ist. Das können sich aber zumindest Lisa Weigelt und Carola Thomsen nicht vorstellen. Die beiden haben Feuer für „Mona Lisa“ gefangen. Die moderne Nahversorgung könnte eine Vorreiterrolle bekommen. Gleich nach Bekanntwerden der Idee hätten etwa schon umliegende Kommunen ihr Interesse bekundet. „Wenn wir das hier hinkriegen, schaffen es alle anderen auch“, sagt Lisa Weigelt, die auch mitteilt, dass sich das Team Ideen aus ganz Deutschland mit anschaue. Mindestens einen positiven Effekt hat „Mona Lisa“ übrigens jetzt schon. Carola Thomsen, die im niederländischen Groningen „internationale Betriebswirtschaftslehre“ studiert, wollte eigentlich nach ihrem Studium (endet im Juli) nicht wieder in die Altmark zurück. Durch Corona studierte sie nun schon länger von Zuhause aus, dann ergab sich der Zehn-Stunden-Vertrag für „Mona Lisa“ und ab dem Sommer noch ein zweiter Arbeitsvertrag in der Wirtschaft. In ihrer alten Heimat.