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Photovoltaik Gemeinde will auf die Sonnenseite

Nachhaltige und umweltfreundliche Energiegewinnung mit der Kraft der Sonne soll der „Altmärkischen Wische“ aus ihrem finanziellen Dilemma helfen. Der Gemeinderat fasste in seiner jüngsten Sitzung einen Grundsatzbeschluss, der es einem potenziellen Investor ermöglicht, die Machbarkeit für einen großen Photovoltaik-Park zu prüfen.

Von Ralf Franke 15.07.2020, 01:01

Altmärkische Wische l Im Mittelalter fingen die Holländer an, die Wische mit ihren Deichbaufähigkeiten urbar zu machen. Der große Wohlstand blieb in der dünn besiedelten Region trotz fruchtbarer Böden aber bis heute aus. Die Gemeinde „Altmärkische Wische“ (Falkenberg, Lichterfelde, Neukirchen, Wendemark) ächzt mit einer Besiedlungsdichte von nur 13 Einwohnern je Quadratkilometer in der Verbandsgemeinde Seehausen seit vielen Jahren besonders unter den Folgen knapper Finanzausstattung und fehlender Einnahmen. Aus eigener Kraft ist die Konsolidierung des Haushaltes unter den derzeitigen Voraussetzungen kaum möglich. Wie auch, wenn die allgemeinen Zuweisungen schon lange nicht mehr dafür reichen, alle Umlagen zu bedienen, und Steuereinnahmen eher tröpfeln statt fließen.

Mit einem Photovoltaik-Park in der richtigen Größenordnung könnte sich die Einnahmenseite allerdings so bessern, dass Licht am Ende des Tunnels zu sehen und perspektivisch für ein Plus im Ergebnishaushalt gesorgt wäre. Ein Investor, der Erfahrungen mit solchen Großprojekten unter anderem in Schleswig-Holstein hat, scheint gefunden zu sein. In der jüngsten Gemeinderatssitzung fassten die Kommunalpolitiker um Wische-Bürgermeister Willi Hamann (parteilos) einen Grundsatzbeschluss, der es dem Interessenten ermöglicht, die Machbarkeit des Vorhabens gründlich zu prüfen. Wozu auch die Bereitschaft der Grundeigentümer gehört, Flächen zur Verfügung zu stellen.

Dabei weiß Hamann viele einheimische Landwirte hinter sich, die sich sonst schwer damit tun, wertvolles Ackerland für ähnliche Zwecke herzugeben. Womit das Gemeindeoberhaupt andeutet, dass die Pläne nicht nur Befürworter finden dürften. Hamann ist es deshalb ganz wichtig, offensiv mit dem Thema umzugehen. Aus dem Grund ist der Beschluss auch in einer öffentlichen Sitzung gefasst worden. Außerdem soll es rechtzeitig eine Einwohnerversammlung geben, bei der sowohl das Projekt als auch die finanzielle Lage der Kommune erläutert werden.

Der Eingriff in die weitläufige Kulturlandschaft wäre nicht unbeträchtlich. Im Gespräch sind rund 100 Hektar. Das ist umgerechnet ein Quadratkilometer und entspräche damit immerhin fast 1,5 Prozent der Gemeindefläche von 67,09 Quadratkilometern. Wobei die Solarpaneels auf zwei Standorte aufgeteilt werden könnten, und im Gegensatz zu Windrädern, die in der Wische unbeliebt sind, flach verbaut wären. Ein Grüngürtel soll für eine gewisse Unsichtbarkeit sorgen und Blendeffekte verhindern.

Dass der Landwirtschaft Flächen entzogen werden, spielt offenbar eine untergeordnete Rolle. Wenn auf dem betreffenden Areal zum Beispiel Mais für Biogasanlagen angebaut würde, stünde es auch nicht für Feldfrüchte zur Verfügung, die direkt oder über Veredelung auf dem Teller landen, so Hamann. Der in dem Zusammenhang betont, dass Landwirte über die Flächenpacht für die Energieerzeugung über ein sicheres Einkommensstandbein verfügen würden. Letzteres gewinnt in Zeiten des Klimawandels mit Ertragseinbußen und des Preisverfalls für landwirtschaftliche Produkte zunehmend an Bedeutung. Zudem würden die Flächen nicht mit Beton versiegelt und könnten nach 25 oder 30 Jahren Pacht problemlos wieder in landwirtschaftliche Nutzung gehen. Wobei es sicher die Option auf eine Verlängerung für die Sonnenenergienutzung geben werde.

Dass der erzeugte Ökostrom im Landkreis Stendal den Verbrauch vor Ort schon jetzt um ein Mehrfaches übertrifft, ist für den Gemeinderat auch kein Argument, wenn es die Einspeisekapazität zulässt beziehungsweise für selbige gesorgt wird und solange es Abnehmer für den Wische-Strom gibt.

Überstürzt werde nichts – weder beim Bauprojekt, noch bei den Vertragsverhandlungen, erklärt der Bürgermeister die Schritt-für-Schritt-Taktik für einen Realisierungszeitraum von frühestens zwei oder drei Jahren. Das finanzielle Risiko trage der Investor. Aber es werde sicher auch die Möglichkeit geben, dass Bürger an dem Projekt teilhaben.