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Prozessionsspinner Eichenspritzung nur noch mit Gutachten?

Nach einem erfolgreichen Jahr blickt Seehausens Verbandsgemeindebürgermeister besorgt auf die Schädlingsbekämpfung im Frühjahr 2021.

Von Ralf Franke 19.09.2020, 01:01

Seehausen l Nach ein paar im wahrsten Sinn des Wortes haarsträubenden Jahren ist es um den Eichenprozessions­spinner (EPS) seit der konzentrierten Bekämpfung im Frühling relativ ruhig geworden. Die großen Hilferufe aus der Bevölkerung und von den Kommunen blieben dieses Mal aus. Das bewog die Verbandsgemeinde Seehausen dazu, das Absaugen der Raupen und Nester samt der Brennhaare, die über einige Jahre ihr aller­genes Potenzial behalten, dreieinhalb Monate nach dem Spritzen zu Land und aus der Luft abzusagen. Darüber informierte Verbandsgemeindebürgermeister Rüdiger Kloth (Freie Wähler) in dieser Woche die Mitglieder der Fachausschüsse und machte kein Hehl daraus, dass das angesichts der angespannten Haushaltslage nur Recht sein könne. Denn die rund 100 000 Euro, die für den Kampf gegen den Falter und seine lästigen beziehungsweise gefährlichen Nachkommen eingeplant waren, sind nämlich aufgebraucht.

Was auch daran liegt, dass das Land Sachsen-Anhalt betroffenen Kommunen in diesem Jahr nur noch eine statt zwei Millionen Euro zusätzlich zweckgebunden zur Verfügung gestellt hat. Für Seehausen bedeutete das, dass die Zuschüsse von 80 auf fast 60 Prozent zurückgefahren wurden (wir berichteten). Und Kloth deutet die jüngsten Signale aus Magdeburg so, dass die Unterstützung weiter kräftig sinken könnte.

So froh der Verbandsgemeindebürgermeister über den zwischenzeitlichen Rückgang des EPS-Befalls vor allem an den öffentlichen Brennpunkten ist, so sehr warnt nicht nur er davor, in den Bemühungen womöglich zu früh und zu schnell nachzulassen. Zumal niemand weiß, ob es zu dieser Verschnaufpause gekommen ist, weil die Bekämpfung mit Blick auf das Wetter, den Entwicklungsstand von Raupen und Eichen oder die Sprühqualität einfach nur optimal gelaufen oder weil die EPS-Population kleiner geworden ist. Fest steht nur, dass das Biozid noch immer dasselbe ist, mit dem in anderen Jahren deutlich schlechtere Erfolge erzielt wurden und dass sich der Schädling zum Beispiel an Stellen, wo er weniger wahrgenommen und deshalb auch nicht bekämpft wird, weiter munter vermehrt.

Erschwerend für das nächste Jahr kommt hinzu, dass das Land laut Kloth für besonders geschützte sogenannte FFH-Gebiete (Flora, Fauna, Habitat) Gutachten zur Auswirkung des Spritzmittels auf andere Insekten verlangt. Wie genau das Prozedere laufen soll, wer dafür verantwortlich ist oder wer die Rechnungen zahlt, darüber scheint in den Kommunen noch keine Klarheit zu herrschen.

Dass die betreffenden Gutachten noch rechtzeitig zur nächsten Sprühaktion fertig werden, bezweifelt Kloth obendrein, weil die Untersuchungen im Dienst des Artenschutzes außerhalb der Vegetationszeit wenig Sinn machen, der Landkreis derzeit aber schon um Schadensmeldungen bittet, um federführend für die Gemeinden im Einzugsgebiet die Ausschreibung für das Frühjahr 2021 auf den Weg zu bringen.