Uwe Lenz, längjähriger Chef des Sozialtherapeutischen Zentrums Gut Priemern, geht morgen in den (Un-)Ruhestand "Soziale Einrichtung ist auch Wirtschaftsfaktor"
Der längjährige Geschäftsführer des Sozialtherapeutischen Zentrums Gut Priemern, Dr. Uwe Lenz, wird am Donnerstag in den Ruhestand verabschiedet. Der Meßdorfer ließ im Volksstimme-Gespräch sein außerordentlich aktives Arbeitsleben noch einmal Revue passieren.
Seehausen l Uwe Lenz wurde in Osterburg geboren und wuchs in Meßdorf auf. Nach Abschluss der 10. Klasse absolvierte er eine Berufsausbildung mit Abitur in Beetzendorf. Anschließend studierte der Altmärker in Leipzig Geschichte. Er schloss das Studium als Diplom-Historiker ab, erwarb zudem das Lehramt und promovierte schließlich über römisches Provinzialrecht.
1974 kehrte Lenz in die Altmark zurück und war über viele Jahre im Schuldienst in verschiedenen Bildungsstätten tätig - darunter auch an Sonderschulen. "Ich hatte schon immer ein besonderes Auge für Kinder und Jugendliche mit sozialen Auffälligkeiten", so Uwe Lenz, der verheiratet ist und drei erwachsene Kinder hat. Die letzte Lehramtsstelle hatte der Meßdorfer in der Wirtschafts- und Sprachenschule Magdeburg inne.
"Mitte der neunziger Jahre erfuhr ich von den Bemühungen des Landkreises Stendal, das Gut Priemern von der Treuhand zu erwerben, das bis zur Wendezeit zum VEG Bretsch-Priemern gehörte. Es fanden Gespräche unter anderem mit dem damaligen Landrat Gerhard Miesterfeldt, dem Sozialdezernenten Wolfgang Hedermann und der Jugendamtsleiterin Kathrin Müller statt. Die Verhandlungen mit der Treuhand waren außerordentlich schwierig. Ich selbst war im Dezember 1996 erstmals in Berlin mit dabei. Schließlich konnte der Landkreis das Objekt per Kreistagsbeschluss kaufen", erinnert sich Uwe Lenz.
Die Ausschreibung für das Gut erfolgte im Januar 1997. Die Bedingungen an einen künftigen Träger lauteten: Schaffung von 30 Plätzen in der Suchthilfe und acht in der Jugendhilfe. Es mussten 18 feste Arbeitsplätze entstehen, zwei Millionen Mark investiert werden und die Einrichtung sollte Träger für Beschäftigungsprojekte sein. Der Landesverband Sachsen-Anhalt des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes erhielt das Objekt schließlich. Die Übergabe erfolgte im April 1997.
Wie Lenz weiter ausführt, entschied sich der Paritätische, das Projekt Priemern als gemeinnützige GmbH auszugründen. Im November 1997 wurde die Firma Sozialtherapeutisches Zentrum Gut Priemern gGmbH gegründet und Uwe Lenz zum Geschäftsführer ernannt. "Ich habe eine Ausbildung zum Sozialmanager absolviert. Schließlich galt es nun, ein Unternehmen zu führen. Zeitgleich begann die therapeutische Arbeit und es liefen die Vorbereitungen zum Neubau des Suchthilfezentrums, das nach fünf Jahren harten Kampfes eingeweiht wurde."
In der Region, so Lenz weiter, habe es anfangs Vorbehalte gegenüber dem Projekt gegeben. "Aber wir haben in den nunmehr 15 Jahren gute Überzeugungsarbeit geleistet, denke ich. Die Menschen merkten, dass auch eine soziale Einrichtung ein Wirtschaftsfaktor sein kann." Anfangs befand sich auch der Jugendhilfebereich auf dem Gutsgelände in Priemern, was sich jedoch als nicht günstig erwies. "Wir haben uns also vor acht Jahren nach einem externen Standort umgesehen. Der fand sich in Walsleben. Im Haus ,Eichengrund\' entstand eine Wohneinrichtung für sozial- und deliktgefährdete männliche Jugendliche mit zwölf Regelplätzen und zwei Notaufnahmeplätzen. Dann haben die Jugendämter verstärkt nach ähnlichen Plätzen für Mädchen nachgefragt. So wurde das ehemalige Verwaltungsgebäude in Lückstedt zu diesem Zweck erworben und umgebaut. Es entstanden zwölf Plätze und ein Notaufnahmeplatz. Außerdem wurden eine Pflegegestation für ältere Suchtkranke mit elf Plätzen in Priemern und 2011 zwei Einrichtungen für betreutes Wohnen mit insgesamt 20 Plätzen gebaut. Damit im Zusammenhang steht auch die Begegnungsstätte Café Melange in Meßdorf", beschreibt Uwe Lenz den beachtlichen Werdegang des sozialtherapeutischen Zentrums. Damit nicht genug. 2011 eröffnete die Einrichtung ein Haus (fünf Plätze) für Kinder und Jugendliche mit seelischen Störungen. "Wir haben uns immer gefragt, was den Sozialmarkt in Zukunft erwartet. Das waren und sind vor allem Angebote der Jugendhilfe. Also entschieden wir uns in diesem Jahr, das Forsthaus bei Priemern zu erwerben und so fünf weitere Plätze für Kinder und Jugendliche mit seelischen Störungen zu schaffen. Ich freue mich, dass wir bereits morgen die Eröffnung feiern können."
Nicht ohne Stolz verweist Lenz darauf, dass nunmehr 90 Mitarbeiter im Sozialtherapeutischen Zentrum Gut Priemern beschäftigt sind. Die vielen Baumaßnahmen wurden ebenfalls mit Firmen aus der Region umgesetzt. Und auch sonst gehe Geld über die Einrichtung in den Wirtschaftskreislauf. Insgesamt seien im Laufe der Jahre rund fünf Millionen Euro investiert worden. "Es gab für mich auch schlaflose Nächte. Schließlich trug ich Verantwortung für viele Mitarbeiter und zu betreuende Menschen. Aber rückblickend kann ich sagen, dass unsere Entscheidungen richtig und zukunftsweisend waren. Unsere sehr engagierten Mitarbeiter haben einen wesentlichen Anteil an dem Erfolg." Seit Juli ist der Sohn von Uwe Lenz, Christian Lenz, gleichranginger Geschäftsführer. Er wird ab Donnerstag das Zepter allein in seine Hände nehmen.
Doch was macht Uwe Lenz nach dem Gang in den Ruhestand? "Das Abstandnehmen wird sicher nicht ganz leicht. Aber meine Frau wird mir dabei helfen", lächelt Lenz. "Und es wird gewiss kein Ruhestand für mich. Ich bin nach wie vor Ortsbürgermeister in Meßdorf. Und ich freue mich, mehr Zeit für die Familie zu haben. Schließlich habe ich fünf Enkel vor Ort. Und ich werde auch meine geschichtliche Forschungs- und Publikationstätigkeit wieder aufnehmen, die lange Zeit zu kurz gekommen ist", so Lenz abschließend.