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Wie lebhaft ist unser Boden? Teebeutel verbuddelt: Gymnasiasten aus Osterburg nehmen an bundesweitem Forschungsprojekt teil

Teebeutel verbuddeln? Klingt komisch, kann aber sinnvoll sein. Zum Beispiel, wenn die Aktion in die erste bundesweite „Citizen-Sciene-Aktion“ zur Bodenforschung eingebettet ist. Acht Neuntklässler vom Gymnasium Osterburg griffen jedenfalls gestern in Düsedau zur Schippe.

Von Karina Hoppe 05.07.2021, 16:48
Was steckt in der Erde? Würmer? Feinwurzeln? Schülerinnen und Constanze Thomsen,  Inhaberin des Düsedauer Landwirtschaftsbetriebs, bei der Basis-Untersuchung.
Was steckt in der Erde? Würmer? Feinwurzeln? Schülerinnen und Constanze Thomsen, Inhaberin des Düsedauer Landwirtschaftsbetriebs, bei der Basis-Untersuchung. Foto: Karina Hoppe
Konstantin Seidel mit einem der jetzt verbuddelten Teebeutel.
Konstantin Seidel mit einem der jetzt verbuddelten Teebeutel.
Foto: Karina Hoppe

Düsedau - Es handelt sich um Grüntee und Rotbuschtee. Vielleicht hätten Julia Dähnrich, Friederike Krüger und die anderen sechs Neuntklässler des Gymnasiums Osterburg ihn auch gerne getrunken, aber das stand so nicht in der Anleitung. Unter den Fittichen von Biologielehrer Michael Müller nehmen die Schüler nämlich an der ersten bundesweiten sogenannten „Citizen-Science-Aktion“ zur Bodenforschung teil. „Ab sofort erforschen tausende Bürger unsere Böden mithilfe von Teebeuteln“, heißt es aus dem Redaktionsbüro des „Wissenschaftsjahrs 2020/21-Bioökonomie“. Kurzum, die Aktion ist hoch angebunden.

Suche nach Tieren und Feinwurzeln

Die Schüler aber mussten sich gestern erstmal bücken. Auf einem Ackerstreifen des Düsedauer Landwirtschaftsbetriebs Thomsen nahmen sie zunächst einen Spaten zur Hand, um die Erde unter die Lupe zu nehmen. Sie suchten nach Tieren und Feinwurzeln, ein Regenwurm war auf jeden Fall dabei. Und dann schloss sich auch schon das Herzstück der Aktion an, die Vorbereitungen für die sogenannte Tea-Bag-Index-Methode: Die Schüler verbuddelten im Umfeld des Spatenaushubs Teebeutel in vorgeschriebener Tiefe und markierten sie. Sechs Teebeutel auf dem Kürbisacker und weitere sechs hiernach auf einer Blühwiese der Thomsens. „Auf den Unterschied zwischen den Böden bin ich selbst sehr gespannt“, sagte Betriebsinhaberin Constanze Thomsen. Die Schule war an sie herangetreten, ob sie mitmachen würde. „Aber ja, für so etwas sind wir immer zu haben. Die Schüler lernen so viel in der Praxis, die Landwirtschaft bietet alles“, sagte sie. Und Lehrer Müller erklärte, was es nun mit den Teebeuteln auf sich hat: Sie bleiben drei Monate in der Erde und werden dann wieder ausgebuddelt. Der Beutel selbst besteht aus anorganischem Material, kann also nicht verrotten. Die Frage sei nun , „wie gut die Müllabfuhr in den Böden funktioniert“. Sprich, wie viel Tee in den drei Monaten von den Bodenorganismen zersetzt wird. Aus dem Gewichtsunterschied zwischen Start- und Endgewicht der Teebeutel lasse sich dann der Tea-Bag-Index (TBI) berechnen. Falls nötig, wird der Beutel dafür vorm zweiten Wiegen noch getrocknet. Der TBI ist ein Indikator für die biologische Vielfalt im Boden. Die Schüler sind jetzt jedenfalls gespannt. „Wir behandeln gerade Ökologie im Unterricht, es passt also bestens“, sagt Lehrer Müller.

Prof. Dr. Hans-Jörg Vogel vom Helmholtz-Institut kann der Aktion auch nur Positives abgewinnen. „Wir bringen dadurch eine ganze Menge Menschen näher an das faszinierende System Boden und bekommen dabei aus den zahlreichen lokalen Einblicken einen guten Überblick über den Zustand der Böden in Deutschland.“

In drei Monaten fahren die Schüler - dann Zehntklässler - wieder raus auf den Acker. Mal sehen, was nach Abklopfen der Erde noch an Unverdautem in den Beuteln steckt.

Gebuddelt wird an 9000 Standorten

Hintergrund: Bürgerforschende aus allen Bundesländern sowie über 300 Schulen nehmen an der „Expedition Erdreich“ teil. Bis September erheben sie Bodendaten an bis zu 9000 Standorten. Es ist das erste derart umfassende Bürgerforschungsprojekt in der Bodenforschung in Deutschland. Mithilfe von genormten Teebeuteln, die für drei Monate im Boden vergraben werden, sowie weiteren Bodenuntersuchungen erforschen die Teilnehmenden den Bodenzustand. Die erhobenen Daten fließen in nationale und internationale Forschungsprojekte zur nachhaltigen Bodennutzung ein. Ein Teil der Ergebnisse wird für die Klimamodellierung zur Verfügung gestellt. Die Aktion findet im Wissenschaftsjahr 2020/21 – Bioökonomie, einer Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, statt. „Expedition Erdreich“ wird wissenschaftlich vom BonaRes-Zentrum für Bodenforschung und vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung begleitet. Diese Osterburger Gymnasiasten nehmen Teil: Konstantin Seidel, Julia Dähnrich, Leah Bajohr, Friederike Krüger, Francis Moldenhauer, Leonie Bittner, Anne Bobes und Chantal Schulze

Rings um Standort 1 auf dem Kürbisacker versteckten die Schüler die ersten sechs Teebeutel, weitere sechs an Standort 2 auf der Blühwiese.
Rings um Standort 1 auf dem Kürbisacker versteckten die Schüler die ersten sechs Teebeutel, weitere sechs an Standort 2 auf der Blühwiese.
Foto: Karina Hoppe