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Innovation für die Stoppelbearbeitung bei Mais und Raps / Christof Richter ist begeistert Wenn die Scheibenegge an die Kette kommt

Von Ralf Franke 08.08.2013, 03:10

Innovationen beim Ackerbau stehen meist für mehr Pferdestärken für eine höhere Leistung und für Elektronik, die dem Landwirt eine bessere Bedienung der Technik erlaubt.

Röthenberg l Mechanische Neuerungen stehen wesentlich seltener auf der Tagesordnung. Viele Erntemaschinen, Düngerstreuer, Pflüge und anderes mehr funktionieren noch nach denselben Prinzipien wie vor Jahrzehnten.

Auf einem abgeernteten Rapsschlag bei Röthenberg dreht dieser Tage ein 250-PS-Schlepper des Bretscher Lohnunternehmers Christof Richter mit einem Gerät zur Stoppelbearbeitung sein Runden, das so recht in kein bekanntes Schema passt: eine sogenannte Kettenscheibenegge.

Das heißt, an eine herkömmliche Scheibenegge erinnern noch die Teller, die allerdings deutlich kleiner, dafür viel massiver sowie stumpfer als bei der konventionellen Schwestermaschine sind. Jede Scheibe steht für ein Kettenglied, die ineinander verhakt und mit Bolzen gesichert sind, damit sie sich auf dem holprigen Acker nicht lösen können. Wie bei der Scheibenegge wird der Boden doppelt bearbeitet, heißt: erst auf die eine, dann auf die andere Seite geworfen.

Mit 9 Metern Breite bis zu 100 Hektar am Tag

Bei einer Anstellung von 45 Grad entgeht den Tellern aber kein Halm, und kein Stück Boden bleibt unbearbeitet. Die schweren Ketten sorgen durch Eigengewicht und Beweglichkeit dafür, dass sich das Gerät der Bodenstruktur anpasst. Die Arbeitsbreite von neun Metern ermöglicht Richter eine Tagesleistung von bis zu 100 Hektar. Es gibt die Geräte auch als Zwölf-Meter-Ausführung. Geringere Breiten haben sich in der Praxis offenbar nicht bewährt, weil die Kettenwirkung nicht so zur Geltung kommt.

Apropos bewährt: Neu ist die Technik vielleicht in Deutschland. Im trockenen Australien werden die Kettenscheibeneggen seit Jahren für die wasserschonende Minimalbodenbearbeitung eingesetzt, die auch in Deutschland immer mehr Anhänger findet. Aber auch das ist noch nicht das ganze "Geheimnis" der Egge. Ihre Stärken liegen nämlich in der Behandlung der Pflanzenreste, wo gefährliche Schädlinge zwischen Wurzel und Halmansatz lauern, bis es wieder wärmer wird. Beim Raps sind das zum Beispiel die Erreger der Wurzelhals- und Stängelfäule.

Fast noch wichtiger ist beim Mais die Bekämpfung des berüchtigten Maiszünslers, dem die Überwinterungsmöglichkeit genommen wird, wenn Wasser in den aufgefaserten Stängel eindringen kann. Bislang erreichen viele Landwirte diesen Effekt mit Schlegel- oder Sichelmulchern, die im Einsatz allerdings viel teurer sind, besonders bei unebenem Boden ihre Schwächen haben und ebenso wie die Scheibenegge viele Pflanzenreste erst gar nicht erfassen.

Gerät bewährt sich auch bei Unkrautbekämpfung

Das Scheibenketten-Prinzip funktioniert laut Richter auch bei Körnermais, obwohl das dem Landwirt wegen des gewöhnungsbedürftigen Bildes etwas Mut abverlangt, weil der Acker nicht schwarz wird, obwohl der beschriebene Effekt zur chemiesparenden Schädlingsbekämpfung derselbe bleibt. Dafür hilft die zurückbleibende Decke von Pflanzenresten vor allem auf leichten Standorten gegen die Bodenerosion.

Für die Getreidestoppel sieht Richter weniger Einsatzmöglichkeiten. Dafür bewährt sich das Gerät bei der Unkrautbekämpfung. Auf dem brachen Acker sowieso, aber auch bei der pfluglosen Bestellung vor dem Auflaufen der Kulturpflanzen. Denn die kleinen, schweren Teller reißen die meisten unerwünschten Pflanzen samt Wurzeln aus, ohne sie dank der flachen Arbeitstiefe wieder mit Boden zu bedecken und ohne die ungekeimte Saat zu beschädigen. Vorausgesetzt diese liegt tief genug - zum Beispiel Mais mit fünf bis sechs Zentimetern.

Nachteil der Kettenscheibenegge ist ohne Zweifel ihr Preis und bei aller Experimentierfreudigkeit Richters das begrenzte Einsatzspektrum, was die Anschaffung für einen einzelnen Betrieb eher unrentabel macht. Aber dafür gibt es ja andere Geschäftsmodelle.